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Interview

Extreme E: Alejandro Agag sagt, die Welt ist jetzt bereit zuzuhören

In der neuesten Ausgabe unserer Interviewreihe #ThinkingForward blickt Extreme-E-Gründer Alejandro Agag auf den Start der neuen Elektro-SUV-Rennserie zurück

Alejandro Agag wird als Pionier des nachhaltigen Motorsports gefeiert. Denn er hat nicht nur eine, sondern gleich zwei Elektro-Rennserien praktisch aus dem Nichts erschaffen. Anfang des Monats fand das erste Extreme-E-Event statt, während die Formel E schon ihre siebte Saison fährt.

Für das neueste #ThinkingForward-Interview mit den führenden Köpfen des Motorsports fragen wir Agag, wie er die Entwicklung von Extreme E sieht und ob er glaubt, dass der Motorsport die Chance der Coronavirus-Krise erfolgreich genutzt hat, um sich für die Zukunft neu aufzustellen?

Alejandro Agag ging mit Extreme E einige große Risiken ein. Es gab eine gewisse Skepsis gegenüber der Idee, Elektro-SUV an abgelegenen Orten zu fahren, die vom Klimawandel bedroht werden. Trotz einiger Anlaufschwierigkeiten mit Staub, Unfällen und kurzfristig veränderten Rennformaten verlief die erste Veranstaltung in Saudi-Arabien gut

Eine beeindruckende Liste von Fahrern und Teambesitzern nimmt an der Serie teil, darunter viele Top-Namen und Champions aus dem gesamten Spektrum des Motorsports. Die Serie blickt nun mit Zuversicht auf die zweite Runde Ende Mai in Dakar.

"Ich bin erleichtert, denn es gab viele Herausforderungen und viele Risiken, und vieles hätte schiefgehen können. Und wir haben es geschafft, das meiste davon zu überwinden", sagt Agag. "Es gab eine Menge Erwartungen, aber die Reaktionen war fantastisch. Ich denke, wir haben unsere Erwartungen übertroffen. Wir wollen es verbessern, es gibt Lektionen, die wir aus dem ersten Rennen lernen müssen; der Staub, das Rennformat. Es gibt viele Elemente, die wir optimieren werden, aber ich denke, der Kern ist fantastisch."

"Der Schlüssel war auch, dass wir all diese großartigen Stars dabei haben, großartige Fahrer, weibliche und männliche. Für mich war es eine große Genugtuung, das Lächeln auf ihren Gesichtern zu sehen, als sie Saudi-Arabien verließen. So große Namen, Weltmeister in vielen verschiedenen Disziplinen."

Fahrerinnen haben die Atmosphäre verändert

"Sie waren der eigentliche Test und sie waren so glücklich, als sie abreisten. Leute wie Lewis Hamilton oder Nico Rosberg sind mit ihrer Teilnahme an der Extreme E auch ein Risiko eingegangen. Nun haben sie aber das Gefühl, dass es etwas Großes sein wird", so Agag.

Mikaela Ahlin-Kottulinsky, Jenson Button

In der Extreme E besteht jedes Team aus einer Frau und einem Mann

Foto: Motorsport Images

Eine der bahnbrechenden Neuerungen in der Extreme E ist die Vorschrift, dass die Fahrerbesetzung jedes Teams aus einer Frau und einem Mann bestehen muss. Damit wird die im Motorsport seltene Möglichkeit genutzt, Männer und Frauen im Wettbewerb gleichberechtigt gegeneinander antreten zu lassen. Und das scheint zu einer anderen Atmosphäre sowohl im Fahrerlager als auch im Wettbewerb zu sorgen.

"Es war eine großartige Stimmung. Die männlichen Stars kannten wir, aber die weiblichen Stars sind weniger bekannt, sodass dies eine großartige Plattform für sie ist, um neben den großen männlichen Stars zu glänzen und selbst noch größere Stars zu werden", sagt er. "Es war großartig zu sehen, wie sie alle fantastisch performten. Molly Taylor hat das Rennen gewonnen; die Siegerin, die die Linie überquerte, war also eine Frau - das war wirklich aufregend.

"Die Fahrerinnen haben am gesamten Wochenende für gute Stimmung gesorgt. Es war eine Atmosphäre, die ich im Motorsport so noch nie erlebt hatte, weil es dieses Format vorher nicht gab. Ich denke also, dass wir mit dem Format und dem gemischten Männer/Frauen-Teams wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen haben."

"Wir müssen sie allerdings noch mehr untereinander mischen. Es war sehr aufregend, Rennen mit Männern und Frauen gegeneinander zu haben. Es kommt nicht auf die reine Geschwindigkeit an, weil man als Team fährt. Was zählt, ist die Dynamik des gesamten Rennens."

Agag war schon immer ein Pionier und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Skeptiker zum Schweigen zu bringen. Erst mit der Formel E und jetzt mit Extreme E. Die Welt hat sich in den zehn Jahren, seit FIA-Präsident Jean Todt die Schaffung einer elektrischen Rennserie ankündigte und Agag die Ausschreibung für die Formel E als Promoter gewann, stark verändert. Die Welt ist jetzt eher bereit, ein Konzept wie Extreme E anzunehmen, wenn man bedenkt, wie sich die Debatte um den Klimawandel entwickelt hat - auch vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie.

"Die Extreme E kommt in eine Welt, die viel offener für Initiativen wie unsere ist. Und die Pandemie hat das nur noch beschleunigt", sagt Agag. "Die Welt hat eine große Erschütterung erlebt, ein großes Trauma mit dieser Pandemie. Das ist aber nichts im Vergleich zu den gravierenden Auswirkungen des Klimawandels, die wir erleben werden. Wir spüren schon jetzt einiges, aber die Auswirkungen werden etwas später kommen und sie werden viel größer sein."

"Extreme E hat diese Philosophie des inklusiven Klimaschutzes, wir wollen niemanden außen vor lassen. Wir glauben, dass niemand das Recht hat, zu sagen, wer Klimaschutz betreiben kann und wer nicht. Wenn eine Ölfirma mitmachen möchte, die klimaneutral werden oder Technologien wie die Kohlenstoffabscheidung vorantreiben will, dann wäre sie herzlich willkommen. Jeder ist bei der Klimaaktion willkommen und niemand sollte außen vor bleiben. Extreme E will eine inklusive Plattform sein und auch eine Plattform, um Wissenschaftlern eine Stimme zu geben."

"All die Wissenschaftler, mit denen wir arbeiten, haben uns gesagt: 'Wenn wir einen Artikel schreiben, lesen ihn vielleicht 1.000 Leute. Jetzt sind wir zu Extreme E gekommen und haben noch nie so viele Interviews gegeben, wurden in Zeitungen auf der ganzen Welt zitiert. Extreme E hat der Wissenschaft in der Klimapolitik eine Stimme gegeben. '

Agag gibt zu: Saisonauftakt war nicht perfekt

"Ich denke, die Welt hört zu, die Welt ist jetzt bereit zuzuhören. Aber sie ist auch bereit, Sport zu sehen. Es heißt, 24 der 25 meistgesehenen Fernsehsendungen aller Zeiten waren Sportübertragungen. Wenn wir also den Sport nutzen, um der Klimawissenschaft eine Plattform zu geben, werden mehr Menschen die Botschaft hören."

Catie Munnings, Timmy Hansen, Oliver Bennett, Mikaela Ahlin-Kottulinsky, Jenson Button

Die Staubentwicklung war in Al-Ula ein großes Problem

Foto: Motorsport Images

"Wir bringen eine Botschaft zu Menschen, die nicht auf diese Botschaft warten. Das ist das Schöne daran. Sie predigen nicht zu den Bekehrten, Sie gehen zu neuen Öffentlichkeiten, um ihnen die Botschaft über Klimahandeln zu erzählen. Und das ist der Grund, warum wir alle einbeziehen wollen."

Das erste Rennen in Saudi-Arabien war nicht perfekt. Ein besonderes Problem war der Staub, der die Autos, die dem Führenden folgten, für Zuschauer und andere Teilnehmer einhüllte. Agag gibt zu: Das hätten wir vorhersehen müssen, allerdings sei man am Rennwochenende von anderen Bedingungen als beim Test überrascht worden.

"Den Staub kann man nicht kontrollieren, denn es ist Offroad, also hat man den immer", sagt er. "Wir werden in Dakar nicht so viel Staub haben wie in Saudi-Arabien. Als wir im Januar die Strecke in Saudi getestet haben, gab es viel weniger Staub. Wir hätten daran denken sollen, dass der Sand im Januar feuchter war. Jetzt war es trockener, und der Staub war viel, viel schlimmer."

"Aber die Fahrer müssen sich anpassen. Ich habe den Anfang dieser Rennen wirklich genossen, mit dem Start und den Kämpfen der Fahrer. Danach mussten sie natürlich langsamer werden. Wir denken darüber nach, einen Angriffssektor am Ende der Runde einzuführen."

"Wenn man also langsamer werden muss, wird man das tun, aber dann kann man am Ende der Runde angreifen. So kann man immer noch einige Zeit gutmachen. Wir werden daran arbeiten, wir werden das Format optimieren. Es war das erste Mal, wir haben manchmal mit den Kamerawinkeln einige Aktionen verpasst, das werden wir verbessern."

"Ich denke, dass sich Extreme E langfristig in verschiedene Richtungen entwickeln wird. Ich denke, dass der Einfluss, den wir an den Rennorten haben können, wichtig ist. Wir brauchen verschiedene Orte auf der ganzen Welt. Deshalb werden wir vielleicht nicht jedes Jahr, sondern alle zwei Jahre wiederkommen, um zu sehen, welchen Einfluss die Extrem E auf den jeweiligen Standort hat."

"Die Anzahl der Fahrer und Teams wird wachsen. Das Interesse ist nach dem ersten Event wirklich groß; von Autoherstellern, von anderen Teams, von Fahrern. Ich denke also, es wird sich in diese Richtung entwickeln. Schließlich werden wir auch die technologischen Seite weiterentwickeln, obwohl wir aus Budgetgründen die technologische Entwicklung begrenzen werden, wie wir es in der Formel E tun."

Agag glaubt: Motorsport hat Corona-Krise als Chance genutzt

Als wir vor einem Jahr, zu Beginn der COVID-19-Pandemie, das letzte Mal mit Agag für diese Serie sprachen, sagte er, dass es kriminell wäre, wenn der Motorsport die Krise nicht nutzen würde, um sich neu aufzustellen. Die Budgets müssten schrumpfen, der Sport relevanter werden. Die Formel 1 hat mit einem strikten Kostendeckel und vielen anderen Maßnahmen einige dramatische Veränderungen vorgenommen und scheint für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Hat er das Gefühl, dass die breitere Motorsportwelt diese Chance genutzt hat?

Sergio Sette Camara, Maximilian Günther, Sam Bird

Alejandro Agag war auch "Gründervater" der Formel E

Foto: Motorsport Images

"Ich denke schon. Man kann in den letzten Monaten im Motorsport größere Entwicklungen sehen als in den vergangenen Jahren", sagt er. "Und ich denke, die Formel 1 hat definitiv einen guten Job gemacht. Und man kann tatsächlich sehen, dass die Formel 1 in ziemlich guter Verfassung ist. Ich denke, der neue CEO Stefano [Domenicali] ist großartig, aber auch Chase [Carey] hat einen großartigen Job gemacht."

"Die Formel 1 ist also in einem guten Zustand, aber auch generell hat der Motorsport die Gelegenheit gut genutzt, um die Budgets zu kürzen, um vernünftiger zu werden und um grüner zu werden. Ich denke, der Motorsport ist grüner denn je. Die Welle, die wir sieben Jahren mit der Formel E ausgelöst haben, ist in jeden Winkel des Motorsports geschwappt."

"Gerhard Berger [DTM-Chef] ist ein guter Freund von mir, aber sie hätten mal hören sollen, was er mir gesagt hat, als ich mit der Formel E angefangen habe. Und jetzt fährt man selbst dort [bei der DTM] elektrisch! Sie können sich vorstellen, wie viel Spaß mir das machen. Die Welle schwappt bald über den gesamten Motorsport, und das ist eine gute Sache."

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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