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"Kann man nicht machen": Warum Mercedes Bottas den Sieg verweigerte

Valtteri Bottas hoffte auf einen (abgemachten) Rücktausch der Positionen, doch Mercedes ließ Rationalität walten: Unangenehme Fragen für Teamchef Toto Wolff

Second place Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1

Second place Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1

Sam Bloxham / Motorsport Images

Obwohl er Lewis Hamilton im Laufe des Sotschi-Rennens passieren lassen musste, hoffte Valtteri Bottas auch gegen Ende des Grand Prix noch, dass Mercedes den Tausch wieder rückgängig machen würde und er seinen ersten Formel-1-Sieg 2018 feiern dürfte. "Wie werden wir das Rennen zu Ende fahren?", fragte er seinen Renningenieur Tony Ross kurz vor Schluss.

Doch dessen Antwort war für Bottas ernüchternd: "Die Positionen bleiben, wie sie sind", stellte Ross klar. Warum Bottas nachfragte, wurde nach dem Rennen schnell klar: Mercedes hatte vor dem Rennen eigentlich gesagt, dass der Finne gewinnen darf, sollte er in Führung liegen. Allerdings wurde auch schnell klar, warum die Silberpfeile diese Ansage wieder revidiert hatten.

"Das kann man nicht machen. Das sind sieben Punkte Unterschied für die Meisterschaft", erklärt Motorsportchef Toto Wolff. Lewis Hamilton hat so bereits 50 Punkte - und damit zwei Rennsiege - Vorsprung auf Sebastian Vettel. Hätte Bottas seinen Sieg nach Hause bringen dürfen, wären es "nur" 43 gewesen. "Man kann die sieben Punkte in dieser Situation nicht herschenken. Jeder, der mal in so einer Situation war, versteht das", sagt der Österreicher.

Wolff: Bottas wurde Sieg von Mercedes genommen

Auch Bottas selbst kann diese Überlegung nachvollziehen, auch wenn sein Gesicht deutlich macht, dass er kein Freund von ihr ist. "Ich habe das schon erwartet. Lewis kämpft um die Meisterschaft und ich nicht", hat er die Entwicklung kommen sehen, obwohl die Ansage eigentlich anders gelautet hat. Doch über eine solche schweigt er: "Ich möchte nicht darüber reden, was wir vor dem Rennen besprochen haben", wiegelt er ab.

Mercedes hat für die Meisterschaft eine rationale Entscheidung getroffen und damit auch einen Zwiespalt in Toto Wolff ausgelöst. Eigentlich würde der Racer in ihm lieber sehen, dass der schnellste Mann gewinnt - und das war heute nicht Hamilton. "Wir sollten eigentlich glücklich sein - und das sind wir im Grunde auch -, aber wir fühlen auch, dass es gegen Valtteri lief", meint er und unterstreicht: "Er hätte gewonnen, und wir haben das geändert."

Wie schwer Wolff diese Entscheidung gegen Bottas fiel, zeigt sich an der Tatsache, dass er sich nach dem Rennen mit geknickter Stimme beim Finnen am Funk meldete und hörbar kleinlaut sagte, dass man ihm das nach dem Rennen erklären werde.

Hamilton: "So möchte ich nicht gewinnen"

Lewis Hamilton selbst hatte die Ansage seines Teams ebenfalls im Kopf und war darauf eingestellt, Bottas am Rennende möglicherweise wieder vorbeizulassen. "In den letzten zwölf Runden habe ich darüber nachgedacht, dass es sich so seltsam anfühlt, in Führung zu sein", erklärt er. Der Brite habe selbst nie um einen Platztausch gebeten und dem Team sogar angewiesen, Bottas zu sagen, er solle einfach schneller fahren.

Race winner Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1, second place Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1, on the podium

Race winner Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1, second place Valtteri Bottas, Mercedes AMG F1, on the podium

Foto: Sam Bloxham / LAT Images

Doch Mercedes hatte Bottas schon befohlen, Hamilton in Kurve 13 passieren zu lassen. "Das fühlte sich nicht gut an", sagt der viermalige Weltmeister und wartete anschließend auf weitere Ansagen. "Aber ich wusste, dass das Team wollte, dass es so endet." Hamilton selbst habe das nicht gewollt: "So möchte ich nicht gewinnen", sagt er nach dem Rennen und betont, dass Sotschi 2018 zu den Siegen gehört, auf die er am wenigsten stolz sei.

Auch die Situation in Budapest 2017 kam ihm in den Sinn. Damals ließ Bottas Hamilton passieren, damit dieser einen Angriff auf Kimi Räikkönen wagen konnte. Doch weil das nicht klappte, ließ Hamilton seinen Stallgefährten in der letzten Kurve des Rennens wieder vorbei. "Ich habe die ganze Stunde darüber nachgedacht, genau wie in Budapest", sagt Toto Wolff.

Wolff: Lieber der Böse als der Idiot

Auch damals ging es eigentlich um die Meisterschaft, weil Hamilton und Vettel damals nah beieinanderlagen - und trotzdem durfte Bottas seine dritte Position zurückbekommen. Warum aber diesmal nicht? "Das war mitten in der Saison, und jetzt sind wir am Ende", beteuert Wolff. "Man muss die Meisterschaft im Hinterkopf haben. Und wenn dir am Ende fünf oder drei Punkte fehlen, dann bist du der größte Idiot auf der Welt, weil du ein Rennergebnis von Valtteri über die Meisterschaft gestellt hast."

"Irgendjemand muss manchmal der Böse sein, und das bin heute ich", meint Wolff weiter. "Du musst abwägen: Willst du am Sonntag aus vielen richtigen Gründen der Böse sein oder am Ende der Saison in Abu Dhabi der Idiot? Dann bin ich lieber heute der Böse und nicht am Ende des Jahres der Idiot."

Und obwohl Mercedes für viele wohl aus nachvollziehbaren Gründen gehandelt hat, sieht sich der Rennstall - und insbesondere Toto Wolff - nach dem Rennen vielen unangenehmen Fragen auseinandergesetzt. Mit einem Journalisten gerät der Motorsportchef sogar in ein echtes kleines Streitgespräch. Irgendwann fragt Wolff den Kollegen, ob er die Positionen in seiner Position am Ende wieder getauscht hätte.

Wie viel Leid kann ein Fahrer tragen?

Der Journalist vergleicht die Situation mit Hockenheim 2010, als Felipe Massa seinen Sieg für Fernando Alonso aufgeben musste und anschließend nie wieder zu einem Sieg kommen sollte. "Das hat seinen Kopf komplett durcheinandergebracht. Ein Fahrer kann nur begrenzt mit sowas umgehen", argumentiert er.

Toto Wolff, Mercedes AMG F1 Director of Motorsport talks with the media

Toto Wolff, Mercedes AMG F1 Director of Motorsport talks with the media

Foto: Mark Sutton / Sutton Images

Dem stimmt Wolff zu und sagt, dass es heute mehr als eine Umarmung und viel Alkohol braucht. "Wir brauchen eine transparente und offene Diskussion", so Wolff. Als Wolff noch einmal fragt, ob er die Positionen getauscht hätte, bejaht der Journalist. Wolffs Kommentar: "Du bist so ein Lügner." "Ein Sportsmann", entgegnet der Journalist.

Doch der Mercedes-Motorsportchef bleibt bei seinem Standpunkt, dass er am heutigen Tag richtig gehandelt habe. Auch Lewis Hamilton kann die Argumentation nachvollziehen: "Wenn das Auto kaputtgeht und wir am Ende um ein oder drei Punkte verlieren, dann werden wir auf den Tag zurückblicken und denken, dass wir nicht als Team gearbeitet haben", sagt der Brite.

Revanchiert sich Hamilton später?

Trotzdem hat der Sieg für ihn einen schlechten Beigeschmack: "Niemals in meinem ganzen Leben wollte ich auf diese Art ein Rennen gewinnen", betont er und lobt Bottas für seine Leistung und seine Unterstützung. "Es gibt nicht viele Teamkollegen, die so etwas tun würden."

Und wer weiß: Vielleicht ergibt sich für Hamilton und Mercedes ja noch die Chance zur Revanche, wenn der Titel in trockenen Tüchern ist. "Damit habe ich keine Probleme", unterstreicht Hamilton, glaubt aber nicht, dass das nötig sein wird. "Ich denke, er hat die Möglichkeit, noch ganz viele Rennen aus eigener Kraft zu gewinnen."

Das wäre Bottas ohnehin am liebsten: "Es macht mehr Spaß, wenn wir darum fahren", sagt er.

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