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Ricciardo über Hubert: "Befinden uns in keiner magischen Blase"

Daniel Ricciardo konnte seine Emotionen nach dem Unfalltod von Anthoine Hubert in Belgien eine Woche danach ordnen - Er stimmt Lewis Hamiltons Kritik zu

Das Lächeln war aus Daniel Ricciardos Gesicht verschwunden. Mit ernster Miene rang der Australier am Rennsonntag in Belgien um Fassung. Die Nachricht vom Unfalltod des erst 22-jährigen Renault-Nachwuchspiloten Anthoine Hubert ließ den Werksfahrer nur wenige Stunden vor dem Grand Prix an seiner Profession zweifeln, plötzlich erschien ein Rennergebnis nicht mehr so wichtig. Eine Woche später ist Ricciardo von der Unmittelbarkeit des Todes immer noch mitgenommen.

"Ich habe mich nach dem Rennen am Sonntagabend definitiv besser gefühlt." Die 44 Runden hätten viel Traurigkeit und Stress genommen, schildert der 30-Jährige. "Nach dem Rennen spürte ich, dass viel Last von meinen Schultern gefallen ist."

Denn noch in der Nacht vor dem Rennen stellte er sich einige essentielle Fragen. "Letztlich sind es immer noch Autos, die im Kreis fahren", meinte er nach dem Grand Prix. Er habe sich gefragt, ob es moralisch korrekt war, überhaupt das Rennen zu fahren.

"Ich war nicht sicher, ob ich fahren möchte"

"Ich bin ein paar Szenarien durchgegangen im Kopf und dachte, wenn ich ins Auto steige und es sich nicht richtig anfühlt oder ich Angst bekomme, dann sollte ich das Rennen in diesem mentalen Zustand wohl nicht fahren", spricht er seine Gedanken unmittelbar vor dem Rennen offen aus.

Ricciardo stieg schließlich - sichtlich fassungslos ob der tragischen Vorkommnisse im Formel-2-Rennen - in den R.S.19. Er beendete das Rennen auf Rang 14. "Als ich ins Auto einstieg, war ich nicht sicher, ob ich wirklich Rennen fahren möchte. Als es dann losging und wir die Runde zur Startaufstellung gefahren sind, fühlte es sich okay an."

Er habe dadurch herausgefunden, dass nicht Angst ihn plagte, sondern tiefe Trauer über das Ableben von Hubert. Wäre es tatsächlich eine Form von Angst gewesen, dann wäre er wieder aus dem Auto gestiegen, gibt er ebenso offen zu.

Nico Hülkenberg, Daniel Ricciardo, Anthoine Hubert

Die Renault-Mannschaft wurde besonders hart getroffen

Foto: LAT

Ricciardo schildert am Freitag in Monza, dass er mit ein paar anderen Piloten die Heimreise aus Belgien antrat. "Wir haben darüber gesprochen, das hat geholfen." Auch ein paar ruhigere Tage zu Hause in Monaco halfen dem Renault-Piloten, sich mental wieder zu erholen.

Ähnlich fühlte sich Ricciardo nach dem Grand Prix von Japan 2014. Nachdem Jules Bianchi mit dem Bergekran zusammenstoßen war, war den Fahrern ebenso sofort klar, das etwas Schlimmes passiert ist. "Auch damals waren wir Piloten gemeinsam essen am Abend und haben darüber gesprochen. Das hat geholfen."

Diese Art Gruppentherapie habe insofern einen positiven Effekt, da der einzelne Fahrer wisse, dass er mit seinen Gefühlen nicht allein sei, schildert Ricciardo. Nach dem Tod von Bianchi im Sommer 2015 habe er gedacht, dass der Sport immer sicherer wird und dass ein solches Drama nicht mehr passieren könne.

"Wenn es passiert, ist es ein großer Schock"

"Wenn es dann aber doch passiert, dann ist das leider ein großer Schock, weil man so schnell vergisst", versucht Ricciardo zu erklären. Als er den Formel-2-Unfall am Samstag gesehen habe, wusste er instinktiv, dass etwas Schlimmes passiert sei.

"Es bildet sich so ein Gefühl in der Magengrube. Du weißt, wann ein Unfall schlimm ist", kann er aus seiner Erfahrung sagen. Nicht einmal eine Woche nach dem tragischen Ausgang des Crashs geht die Show weiter. Die Fahrer hatten kaum Zeit, um zu realisieren, was passiert ist.

Dennoch beteuert Ricciardo: "Hier dieses Wochenende wieder zu fahren, ist okay für mich. Ich habe keine Bedenken. Ich versuche, wieder zurückzukehren zur Routine und langsam wieder weiterzumachen, wie wir das auch nach Jules getan haben", meint er, um sofort anzufügen: "aber natürlich werden wir uns immer an sie erinnern."

Die Rückkehr zur Normalität soll nicht als Respektlosigkeit erachtet werden, ist Ricciardo wichtig zu betonen. "Das ist das einzige, was wir wirklich machen können." Jedoch hat der Formel-2-Unfall sofort eine Sicherheitsdebatte im Motorsport ausgelöst.

Die FIA hat bereits am Samstag eine Untersuchung des Unfallhergangs eingeleitet, auch Diskussionen um eine mögliche Änderung der Rennstrecke in Spa sind entbrannt. "Es vergeht die Zeit und wenn nichts passiert, dann reden wir darüber, dass die Strecken viel zu sicher geworden sind", zeigt Ricciardo einen absurden Widerspruch auf.

"Dann wird darüber debattiert, ob die Mauern nicht ein wenig näher zur Strecke aufgestellt werden können, um es für die Fahrer ein wenig schwieriger zu machen. Aber das ist wirklich schwierig. Ich denke, dass die Streckensicherheit und jene der Fahrzeuge zwei Paar Schuhe sind", versucht der Australier zu unterscheiden.

Ricciardo stimmt Hamilton zu: "Seid wahre Fans!"

Während er die Bemühungen der FIA hinsichtlich der Verbesserung der Strecken ausdrücklich lobt, sei das Risiko im Boliden weiterhin gegeben. "Denn wenn wir mit 300 km/h fahren, dann wird es immer Situationen geben, die uns in eine gefährliche Lage bringen. So ist dieser Sport nun einmal."

Ohne sich den Formel-2-Unfall genau angesehen zu haben, ist Ricciardo sicher, dass die Rennwagen noch weiter verbessert werden können. Er gibt aber auch zu: "Ich glaube, dass die Kollision so heftig war, dass ich nicht wüsste, was da geholfen hätte."

Schließlich kam Juan Manuel Correa mit rund 250 km/h in Raidillon an und krachte mit voller Wucht in den seitlich stehenden Wagen von Hubert. "Auch wenn wir alles so sicher wie möglich machen, befinden wir uns bei diesen Geschwindigkeiten nicht in einer magischen Blase."

Ricciardo ist sich bewusst, dass er sich aufgrund seines Berufs zwangsweise gefährlichen Situationen aussetzt. Lewis Hamilton kritisierte nach dem Unfall vor allem die Fans, denen das oftmals nicht mehr bewusst sei, glaubt der WM-Leader. Denn als er im dritten Freien Training in Spa verunfallte, jubelte die Menge.

 

"Egal, ob du jemanden magst oder nicht, das ist es eine Unart, bei einem Unfall zu jubeln", hält der 30-Jährige fest. Er kann die Fans aber auch ein Stück weit verstehen, zumindest einige. "Denn sie glauben, dass es uns automatisch gut geht, wenn wir verunfallen. Aber so ist das nicht", versucht er klarzumachen.

Jedes Mal, wenn er sich in seinen Renault setzt und auf die Strecke fährt, setzt er sich einem gewissen Risiko aus. "Immer wenn du in eine Mauer einschlägst, ganz gleich ob es dir gut geht oder nicht, macht das etwas mit deinem Kopf." Er spricht von einer Art psychologischem Effekt.

Er stimmt demnach Hamiltons Aussagen zu. Obgleich er auch anmerkt: Die Fans erleben niemals ein Rennen aus der Sicht eines Piloten. "Wir alle schauen uns Boxkämpfe oder UFC-Fights an und fordern dies oder jenes, weil es ja nur ein wenig Blut ist."

Würde der Zuschauer jedoch in die Rolle des Teilnehmers schlüpfen, ob in einem Rennen oder Boxkampf, dann würde er ganz anders reagieren, ist Ricciardo überzeugt. "Das ist einfach die Natur eines Sportfans, der selbst nicht teilnimmt."

Er wünscht sich deshalb von allen Formel-1-Fans: "Sei ein wahrer Fan und respektiere, was wir machen." Nachsatz: "Nicht nur die Fähigkeiten, auch das Risiko."

Mit Bildmaterial von LAT.

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