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Stimmung in der NLS am Siedepunkt: Druck auf Rennleitung wächst

Nach dem 12-Stunden-Rennen platzt es aus mehreren Mündern heraus: Michael Bork steht scharf in der Kritik - Team verkündet öffentlich den NLS-Rückzug

Stimmung in der NLS am Siedepunkt: Druck auf Rennleiter wächst

Die VLN spricht von einem durchschlagenden Erfolg, doch unter der Decke brodelt es nach dem 12-Stunden-Rennen auf der Nordschleife. Die Stimmung im Fahrerlager der Nürburgring-Langstrecken-Serie (NLS) hat einen Tiefpunkt erreicht. Mehrere Fahrer und Teams lassen nach dem Rennen Dampf ab.

Es herrscht große Unzufriedenheit vor allem über Michael Bork (offiziell: Renndirektor) und Frank Taller (offiziell: Rennleiter). Beide zusammen werden im Fahrerlager gerne als "Rennleitung" bezeichnet. Zahlreiche Fahrer und Teammitglieder haben sich gegenüber 'Motorsport-Total.com' über Entscheidungen beschwert.

Allen voran Günter Aberer, Teamchef des Rennstalls Schnitzelalm Racing. "Wir sind jetzt einen Punkt gekommen, an dem ich sagen muss, dass es so nicht mehr weitergeht", sagt er.

Was ist passiert? Bei Schnitzelalm Racing hat sich schon nach dem 6-Stunden-Rennen viel Frust aufgestaut. Der Mercedes-AMG GT3 gehörte zu den drei führenden Fahrzeugen, die im Adenauer Forst auf der Ölspur ausgerutscht sind.

"Die Ölspur war schon vorher da und es wird gelb geschaltet, dann aber wieder grün, unser Fahrer kommt an und das Auto ist platt. 80.000 Euro Schaden, wir bleiben drauf sitzen und keiner reagiert. Wir haben bis heute keine richtige Entschuldigung von der Rennleitung bekommen."

Im Vorfeld des 12-Stunden-Rennens, so heißt es, sei es zu einer weiteren Situation rund um die Starterlaubnis eines der sechs Fahrzeuge des Teams gekommen. Letztlich konnten aber alle Fahrzeuge des Teams das Rennen aufnehmen.

Kollision im Kesselchen: "Ist das Racing oder Autoscooter?"

Was das Fass dann für Aberer zum Überlaufen brachte, war eine Kollision am Samstag noch relativ in der Anfangsphase, die sich direkt vor einem seiner Fahrzeuge abspielte. Marek Böckmann lag mit Kim-Luis Schramm im Phoenix-Audi #16 im Zweikampf, als dieser zur Überrundung des Toyota GT86 der AMC St. Vith im Bereich Bergwerk/Kesselchen auflief.

In der etwas schärferen Linkskurve auf "halber Höhe" in den langem langen Vollgasabschnitt biegt der Phoenix Audi nach links auf die Wiese ab, wird von einem Randstein ausgehebelt und fliegt in den Toyota hinein. Dieser wird auf der Stelle eliminiert, während der Audi mit leichten Blessuren weiterfahren kann.

"Für mich hört hier das Rennfahren auf", so Aberer. "Wir haben das bei der Rennleitung gemeldet, aber konnten keinen Videobeweis machen, weil wir ja Parc Ferme hatten. Am Sonntag um 14 Uhr hat uns ein Sportkommissar gefragt, ob man das Video haben kann. Fast 24 Stunden später. Wir haben das Video der Rennleitung und den Sportkommissaren zur Verfügung gestellt. Es ist nichts passiert. Es wurde als Rennunfall gewertet."

Schramm zeigte sich bei der Rennleitung einsichtig, sprach von einem Versehen und entging deshalb einer Strafe. Schramm solle sich vor dem nächsten Rennen mit dem Fahrer des Toyotas kurzschließen und die Sache aus der Welt räumen.

Für Aberer ein Skandal: "Ich frage mich bei sowas, ob erst wieder einer halbtot auf der Strecke liegen muss, damit etwas passiert. Wir wurden beim 24-Stunden-Rennen mit 260 km/h von Nico Menzel abgeschossen. Auch da wurde nichts gemacht. Ich frage mich: Wo führt das hin?"

"Ich kann die kleinen Teams, die auf die GT3 schimpfen, gut nachvollziehen. Aber man sollte nicht auf die GT3, sondern die Fahrer einhauen. Und wenn ein Fahrer einen solchen Fehler macht, gehört er nicht in eine solche Rennserie. So ein GT3-Auto ist eine Waffe. Und mit einer Waffe muss man anständig umgehen."

Schnitzelalm Racing lud das Video anschließend auf Youtube mit dem Titel "Ist das Racing oder Autoscooter?" hoch, wo es zu erbosten Reaktionen von teils noch aktiven Fahrern kam.

Ralph-Gerald Schlüter und Michael Bork

In der Kritik: Michael Bork (rechts, hier mit NLS-Chef Ralph-Gerald Schlüter)

Foto: VLN

Für weitere Diskussionen sorgte auch eine Situation um Frank Stippler beim Überrunden, als zwischen diesem und zwei weiteren Fahrzeugen in einem Three-Wide im Bereich Hatzenbach zur Berührung kam.

Das Video wurde vom Nürburgring in den sozialen Medien veröffentlicht und zog wütende Reaktionen auf sich. Darunter auch Kritik, dass nicht bestraft wurde. Die Szene wurde so bewertet, dass es erst durch das Einlenken des BMWs zur Kollision gekommen ist.

Ein weiterer Fall ist eine Kollision in der AMG-Arena. Der Spitzenreiter der Klasse SP3, X85 Racing, wurde von einem GT4-Aston-Martin aus dem Rennen gerissen. Gerrit Holthaus, Marc Wylach und Michael Bohrer führten mit mehr als zwei Runden Vorsprung, als es zum Unfall in Kurve 1 kam. Der Clio fuhr durch die Wucht des Aufpralls sogar ein Stück auf zwei Rädern.

"Unser Fahrer lenkt weit nach dem normalen Einlenkpunkt ein und lässt ihm die Tür ganz weit offen", sagt Holthaus. Teamchef Oliver Reyle ging anschließend mit Wylach zur Rennleitung und reichte das Video ein. "Wir haben das Video vorgespielt, aber passiert ist bis heute nichts."

FK Performance verkündet NLS-Ausstieg

Einen Schritt weiter geht das Team FK Performance. Das Team wird seine drei Autos nach der Saison 2022 aus der NLS zurückziehen. "Die Ereignisse am 12h-Rennen haben das Fass leider zum Überlaufen gebracht. In Abstimmung mit unseren Fahrern werden wir nach aktuellem Stand davon absehen, nach dem Saisonende weiter an der NLS teilzunehmen", sagt Fabian Finck, das "F" in FK Performance.

Sein Gegenstück Martin Kaemena ergänzt: "Wir als Team fühlen uns in vielen Dingen von der Rennleitung in unseren Leistungen beeinträchtigt. Die Bevorteilung einzelner Teams und auch Fahrern durch nicht geahndete Vergehen an, sowie neben der Strecke und die absolute Minderleistung der Rennleitung in Bezug auf die Vergabe von Strafen, die Auslegung der Ausschreibung und das Rundstreckenreglements, ermöglichen leider keinen fairen Wettbewerb mehr."

FK Performance lobt ausdrücklich die Vermarktung der Serie durch die VLN VV, kritisiert allerdings die sportliche Seite, die sich "auf dem Ruf der schönsten Rennstrecke der Welt" ausruhe.

"Die internen Strukturen scheinen nicht gleichmäßig zu wachsen und eine Anpassung an die Neuzeit ist leider auch noch nicht realisiert worden. Leider war das 12-Stunden-Rennen in der Hinsicht von Fehlentscheidungen und Ungerechtigkeit geprägt", heißt es in einer Presseaussendung des Teams. Man wolle "diese Form von Willkür nicht weiter unterstützen".

Streitpunkt war hier eine Reparatur an einem Fahrzeug im Bereich Pflanzgarten. Ein Relais an der Benzinpumpe wurde getauscht. Da dies außerhalb der Box geschah, wurde auf Inanspruchnahme fremder Hilfe entschieden. Das wurde mit zwei Runden Abzug geahndet.

Einer der FK-Fahrer, Thorsten Wolter, fügt via Facebook hinzu: "Aus aktuellem Anlass, sprich aufgrund der jüngsten Verfehlungen der Rennleitung am vergangenem NLS Rennwochenende, möchte beziehungsweise muss ich nach zwölf Jahren Anhängigkeit dieser doch eigentlich so schönen Langstrecken-Serie am Nürburgring 'Ade' sagen."

"Leider haben die vielen Missachtungen und Nichtahndungen von Regelverstößen sowie eine willkürliche Regelkorrektur der Allmächtigen einem schon mal die gute Laune verhagelt, aber ganz obendrauf noch mit einer für uns in der Sache völlig unverhältnismäßig hohen Bestrafung einen bitteren Einfluss auf den möglichen Sieg in der Klasse Cup3, sprich auf die Meisterschaft 2022 in der Porsche-Cayman-Trophy genommen."

Die Situation kann für die VLN durchaus problematisch werden, weil die Starterzahlen in diesem Jahr alles andere als gut aussehen. Die letzten Folgen der COVID-19-Pandemie (die Budgets für 2022 wurden bei potenziellen Sponsoren im Herbst 2021 festgelegt) treffen auf die aktuellen Lieferkettenprobleme, den Ukraine-Krieg und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Turbulenzen.

In dieser Gemengelage sind die Starterzahlen bereits stark zurückgegangen. Das 12-Stunden-Rennen, den neuen großen Höhepunkt im NLS-Kalender, nahmen gerade einmal 115 Fahrzeuge auf. Gewiss an einem ungünstigen Termin mit DTM, 24h Series, GT Open und Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) am selben Wochenende.

Starterzahlen VLN/NLS1-6 seit 2017: 2022 rot markiert, bei den anderen Jahren zählt: Je dunkler der Grauton, umso älter das Jahr

Starterzahlen VLN/NLS1-6 seit 2017: 2022 rot markiert, bei den anderen Jahren zählt: Je dunkler der Grauton, umso älter das Jahr

Foto: smg/Stritzke

Trotzdem, ein weiterer Teilnehmerverlust trifft die Organisatoren schwerer als zu Zeiten mit 150 bis 180 Autos. Und FK Performance ist bei weitem nicht das erste Team, das öffentlich seinen Rückzug aus der NLS verkündet hat. So hat es in den vergangenen Wintern immer wieder Teams gegeben, die sich frustriert zurückgezogen haben.

Zeitgutschriften weiter in der Kritik

Weiterhin für Diskussionen sorgt die Zeitgutschrift für verschiedene Fahrzeuge am Sonntag, nachdem sie nach einem frühen Boxenstopp von Regenreifen auf Slicks an der Boxenampel festgehalten worden sind.

Aberer kritisiert: "Da muss doch auf der Seite 7 [Rennleitungsmeldungen auf dem Zeitenmonitor] sofort stehen, dass es Zeitgutschriften geben wird. Einige Teams fuhren als Sieger über die Ziellinie und wussten gar nichts davon. Es stand ja nirgends etwas." Nach dem Rennen wurde ein Klassensieger interviewt, der daraufhin zurückgestuft wurde.

Betroffen war unter anderem das Team KKrämer Racing in der Klasse Cup2, das durch die Zeitgutschrift für andere Fahrzeuge vom ersten auf den dritten Platz im Ergebnis zurückrutschte. Von einer "eklatanten Fehlentscheidung des Rennleiters" spricht Florian Naumann, einer der Fahrer auf dem KKrämer-Porsche.

Die Sportkommissare hätten erst nach der Zieldurchfahrt die Entscheidung Borks revidiert Zeitgutschrift verkündet. So habe keine Zeit mehr bestanden, auf die neue Situation zu reagieren.

FK Performance wird sich nach der Saison 2022 von der Nordschleife zurückziehen

FK Performance wird sich nach der Saison 2022 von der Nordschleife zurückziehen

Foto: Jan Brucke/VLN

Sein Vater Oliver Naumann legt in einer Antwort in den sozialen Medien auf unseren Artikel nach: Es handele sich um den "größte[n] Anfängerfehler, den eine Organisation machen kann." Schließlich sei es in der Eifel bekannt, dass es vorkommen könne, dass man nach der ersten Runde zum Boxenstopp kommen muss.

Christoph Esser, Teamchef von Prosport Racing, beklagt, dass es zwischen der Organisation und den Teilnehmern "ein Gegeneinander und kein Miteinander" sei. "Wenn die Organisatoren einmal das Startgeld kassiert haben, sehen sie einen nicht einmal mehr als Kunden an. Du bist nicht einmal mehr zahlender Kunde, du bist einfach nur Zahlender."

Das gelte jedoch für zahlreiche Meisterschaften, in der er seine GT4-Fahrzeuge fahren lässt. Eine positive Ausnahme in dieser Hinsicht sei das ADAC GT Masters.

Ist Bork das Problem oder die Struktur?

Doch Esser sieht auch, dass man nicht alles auf Bork/Taller schieben kann: "Die Flut von Informationen mit all den Onboard-Kameras ist viel größer als früher. Das ist der Grund, warum wir nach dem Rennen häufig noch stundenlang zusammensitzen." Aberer pflichtet bei: "Früher stand bei sowas immer Aussage gegen Aussage, da gab es diese Videos nicht."

Deshalb muss die Frage gestellt werden, ob man es aktuell überhaupt besser als die momentane Rennleitung machen kann. Oder, konkret gefragt: Handelt es sich um ein Bork-Problem oder ein Strukturproblem? Die Antworten fallen darauf unterschiedlich aus.

Zahlreiche Teilnehmer halten die aktuelle Rennleitung für beratungsresistent. Ein Vorschlag aus dem Fahrerlager lautet daher: Die Position des Rennleiters (also offiziell des Renndirektors) sollte nicht von einem VLN-Offiziellen (Bork ist als Sportleiter stark in die NLS-Strukturen einbezogen), sondern extern vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) gestellt werden, um die Serienausrichter zu entlasten.

Andere wiederum sehen eher Verbesserungspotenzial in festgefahrenen Strukturen, die noch aus Zeiten stammt, in denen es keine Sicherheitskameras gab und allgemein weniger Fälle zur Debatte standen. Die Rennleitung müsse dementsprechend aufgestockt werden, denn bei über 100 Autos gebe es zwangsläufig mehr Vorfälle zu untersuchen als in einem Feld mit 20 bis 30 Autos.

Motorsport-Total.com hat die VLN um Stellungnahme gebeten, allerdings möchte diese sich nicht äußern.

Mit Bildmaterial von Jan Brucke/VLN.

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