Audi räumt AMG ab: Kontroverse bei GTWC-Sprint-Titelentscheidung
Lorenzo Patrese schießt Timur Boguslawski beim GTWC-Finale in Zandvoort aus dem Rennen und macht Mattia Drudi und Ricardo Feller zum Meister
Keine zwölf Stunden nach der umstrittenen Titelentscheidung beim Petit Le Mans der IMSA SportsCar Championship fiel in Zandvoort beim Finale des Sprint-Cups der GT-World-Challenge (GTWC) Europe die nächste kontroverse Entscheidung in einer bedeutenden Sportwagen-Meisterschaft.
Die Audi-Piloten Mattia Drudi und Ricardo Feller krönten sich mit zwei Siegen in den letzten beiden Rennen zum Meister. Während es an der Leistung des Attempto-Duos nichts auszusetzen gab, stand ein Unfall im Mittelpunkt, bei dem das Schwesterauto von Feller/Drudi die Meisterschaftskontrahenten - den ASP-Mercedes von Timur Boguslawski und Raffaele Marciello - aus dem Rennen kegelte.
Boguslawski und Drudi starteten direkt hintereinander von den Plätzen acht und neun in das entscheidende Rennen am Sonntagnachmittag. Nachdem Drudi/Feller das Rennen am Samstag gewonnen hatten, führte der Attempto-Audi #40 die Meisterschaft mit zweieinhalb Punkten Vorsprung auf den ASP-Mercedes #88 an. Dahinter stand Patrese im Attempto-Audi #99 auf Startplatz zehn.
Ausgerechnet im Audi-S eskalierte die Situation: Drudi attackierte Boguslawski auf der Außenbahn, doch der AMG-Pilot wehrte den Angriff innen ab, als er plötzlich von noch weiter innen torpediert wurde. Patrese hatte mehrere Fahrzeuglängen Rückstand, bremste viel zu spät und zog über die gesamte Fahrbahn nach innen, wo er Boguslawski in die Seite krachte.
Der ASP-Mercedes drehte sich und wurde noch von zwei weiteren Fahrzeugen getroffen, womit das Rennen für Boguslawski und Marciello beendet war. Drudi und Feller gewannen das von einem Regenschauer nach 20 Minuten geprägte Rennen und krönten sich damit zum Meister im Sprint-Cup.
Zufall oder nicht?
Boguslawski und Marciello verpassten damit den möglichen "Clean Sweep" in der GTWC Europe 2023, nachdem sie bereits in Barcelona gemeinsam mit Jules Gounon die Titel im Endurance-Cup und in der kombinierten Wertung aus Sprint- und Endurance-Cup gewonnen hatten.
Mit dem Titel im Sprint-Cup hätten sie das Kunststück von Marco Mapelli und Andrea Caldarelli aus dem Jahr 2019 wiederholt. Der Titelgewinn der beiden Lamborghini-Piloten von FFF Racing bleibt jedoch vorerst einmalig. Bemerkenswert ist allerdings, dass ASP beide Meisterschaften mit einem Piloten mit dem FIA-Rating Silber (Boguslawski) gewann.
Raffaele Marciello reagierte sofort auf Instagram: "Es ist schade, dass uns das Schwesterauto des Teams, gegen das wir in der Meisterschaft kämpfen, aus dem Rennen kickt. Aber ich bin mir sicher, dass es nur ein Zufall war". Wer die markigen Sprüche von "Lello" kennt, weiß, wie er das meint.
Gegenüber Motorsport-Total.com ergänzt er: "Es ist schade, wenn man nicht zum Fahren kommt. Timur ist ein gutes Qualifying gefahren und wir standen vor dem Audi. Schade, dass das Rennen so ausgegangen ist, aber wir können stolz auf unsere beiden Titel sein."
Dass es Absicht war, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn Patrese und Alex Aka waren selbst noch im Titelkampf um den Silver Cup. Durch die fällige 15-Sekunden-Strafe und einen weiteren Dreher des Sohnes von Ex-Formel-1-Pilot Riccardo Patrese verpassten sie diesen Titel. Er ging an Jordan Love im HRT-Mercedes #77 (Bird/Love; 6.).
Valentino Rossi noch einmal auf dem Podium
Das Rennen wäre auch ohne die Kollision dramatisch genug gewesen. Zunächst sah alles nach dem zweiten Saisonsieg für Maxime Martin und Valentino Rossi im WRT-BMW #46 aus, doch bei einsetzendem Regen rutschte der Belgier von der Strecke. Das gleiche Schicksal ereilte Frank Bird aus dem Silver Cup, der sich stark präsentierte, aber ebenfalls durch einen Ausritt die Führung verlor.
Nach dem Restart - das gesamte Boxenstoppfenster wurde wegen des Regens unter Full-Course-Yellow absolviert - lagen alle drei WRT-BMWs in Führung. An der Spitze fuhr sensationell Niklas Krütten im WRT-BMW #30 (Williams/Krütten; 3.) aus dem Gold Cup, gefolgt von Rossi und Dries Vanthoor im WRT-BMW #32 (Vanthoor/Weerts; 2.).
Nach dem Stopp legte Valentino Rossi mit dem WRT-BMW einen weiteren Ausflug ins Kiesbett hin, wodurch die #46 auf P7 zurückfiel. Damit blieb der MotoGP-Legende der zweite Podiumsplatz des Wochenendes verwehrt, nachdem er am Vortag mit Martin den dritten Platz belegt hatte.
Die beiden anderen BMW M4 GT3 hatten keine Chance gegen den heranstürmenden Feller, der innerhalb kürzester Zeit alle drei M4 kassierte. Krütten handelte anschließend teamdienlich und ließ Vanthoor passieren, damit dieser die Jagd auf den Führenden Feller aufnehmen konnte. In Schlagdistanz kam er aber nicht mehr.
Krütten und Calan Williams wurden Dritte und holten sich damit den Sieg und den Titel im Gold Cup, auf die Plätze vier und fünf kamen der VSR-Lamborghini #60 (Mapelli/Caldarelli) und der Emil-Frey-Ferrari #14 (Lappalainen/Altoe).
Titelträger GTWC Europe Sprint-Cup 2023:
- Pro Cup: Ricardo Feller/Mattia Drudi (Attempto-Audi)
- Gold Cup: Calan Williams/Niklas Krütten (WRT-BMW)
- Silver Cup: Jordan Love (HRT-Mercedes)
- Bronze Cup: Alex Malichin (Pure-Rxcing-Porsche)
Mit Bildmaterial von SRO/Patrick Hecq Photography.
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