Audis Kundensport-Chef warnt: "GT3 droht Opfer ihres Erfolges zu werden"
Wie Audis Kundensport-Chef Chris Reinke die GT3-Neuordnung des ADAC in Deutschland sieht und ob er die Kritik an der DTM Endurance nachvollziehen kann
Die ADAC-Neuaufstellung der Serien DTM und ADAC GT Masters hat in der GT3-Szene viel Staub aufgewirbelt: Viele Teams fürchten, dass das ADAC GT Masters als Rahmenserie der DTM auch für Sponsoren an Attraktivität verliert, während die schwierig zu finanzierende DTM mit Profis und einem Fahrer pro Auto die klare Nummer 1 ist.
Audis Kundensport-Chef Chris Reinke ist der Meinung, dass diese Verschiebung eine Gefahr darstellt. "Die GT3-Szene erfreut sich enormer Beliebtheit, was auf soliden Kundensportmodellen basiert. Zugleich droht die Kategorie Opfer ihres eigenen Erfolges zu werden", warnt Reinke im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.
Die DTM spiele dabei ebenfalls eine Rolle. "Das hat sich abgezeichnet, seit Profi-Rennserien im GT3-Bereich initiiert wurden. Auch die Umstellung der DTM auf das GT3-Modell hat dazu beigetragen, diesen Geist aus der Flasche zu entlassen."
"Entfernen uns von der Grundidee des Kundensports"
Auch die GT3-Neuordnung des ADAC gehe in diese Richtung. "Somit entfernen wir uns auch mit der aktuellen Weiterentwicklung von der Grundidee des Kundensports - aber die Entwicklungen der Zeit sind nicht aufzuhalten", meint Reinke.
Zur Erklärung: Während im Werkssport der Hersteller die Kosten trägt, verdienen die Hersteller mit Kundensport, also dem Verkauf von Autos an Kundenteams, im besten Fall sogar Geld. So wurde 2006 auch die GT3-Klasse geboren. Die Teams finanzieren ihre Einsätze in der Regel über Sponsoren und Amateurpiloten, die Geld mitbringen. Ein Modell, dass so in der DTM durch den Profianspruch nicht funktioniert.
Reinke schließt aber nicht aus, dass sich durch die aktuellen Entwicklungen auch Möglichkeiten ergeben könnten. "Zyklisch wiederkehrende Amplituden im weltweiten GT-Sport der letzten Dekaden bestätigen, dass eine solche Logik auch Raum für Weiterentwicklungen und Neupositionierungen zulassen, die wir durchaus auch als Chance sehen. Wir sind mit unserem breitaufgefächerten Produktangebot gut dafür aufgestellt", sagt er. Audi verfügt zum Beispiel auch über eine GT2-Version des R8 LMS.
DTM als schwieriger Spagat für den ADAC
Aber wie steht Reinke dazu, dass der ADAC am DTM-Konzept mit einem Fahrer pro Auto festhält? "Aus meiner Sicht wären rund um die Marke DTM viele Einsatzformeln möglich gewesen", so Reinke, für den in der Traditionsserie langfristige Stabilität im Vordergrund steht.
"Es muss zum einen ein begreifbares Format für die Akzeptanz beim Publikum geben, zum anderen muss das kommerzielle Potenzial für die Finanzierbarkeit des Sports langfristig abgesichert werden. Diese bereits in der Vergangenheit nicht immer einfach zu erzielende Balance muss in der Zukunft ein Schwerpunkt sein", ist ihm bewusst, dass der ADAC bei der DTM mit einem schwierigen Spagat konfrontiert ist.
Dass der breit aufgestellte ADAC mit seiner Erfahrung und Struktur mit der DTM die "die stärkste Marke im deutschen Automobilsport" übernimmt, begrüße man bei Audi aber "sehr", stellt Reinke klar.
Reinke: "DTM-Endurance-Vorschlag hat mich überrascht"
Wie Audis Kundensport-Chef die vom ADAC präsentierte, aber möglicherweise nicht endgültige Lösung sieht, das ADAC GT Masters in der DTM Endurance mit den LMP3-Prototypen aus dem Prototype-Cup Germany zusammenzulegen?
Chris Reinke im Gespräch mit Motorsport-Total.com-Reporter Sven Haidinger Foto: Motorsport Images
Die Kritik und Unzufriedenheit der Audi-Teams Land und Car Collection am Format könne er aber teilweise nachvollziehen. "Letztendlich respektiere ich jede Meinung unserer Kunden, denn sie betreiben den Sport. Und in den allermeisten Fällen kann ich deren Standpunkt auch nachvollziehen, auch wenn ich sie nicht in Gänze zu jedem Zeitpunkt teile", so Reinke.
"Es ist eine enorme Anforderung, so spät im Jahr langjährige Geschäftsmodelle etablierter Teams in Frage zu stellen. Gemeinsam hoffen wir, dass eine Einsatzformel erschaffen wird, die für unsere Kunden, Kooperationspartner und für uns als OEM langfristig eine erfolgreiche Zukunft sichert. Kurzfristig stehen wir also vor schwierigen Aufgaben, um langfristig eine bessere Zukunft für alle zu schaffen."
Mit Bildmaterial von ITR.
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