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Ellis wehrt sich gegen Abts Teamorder-Vorwurf: "Hatte Problem mit Bremse"

Winward-Mercedes-Pilot Philip Ellis verteidigt sich gegen den Vorwurf, die Abt-Piloten auf AMG-Befehl gebremst zu haben, und bezeichnet diesen als "Schauspielerei"

Wurden die Abt-Audi-Piloten Kelvin van der Linde und Mike Rockenfeller vor eineinhalb Wochen in Zolder Opfer einer Mercedes-AMG-Teamorder? In Kempten ist man davon fest überzeugt. "Schade, dass schon so früh in der Saison Spielchen beginnen, wie wir sie aus der DTM von früher kennen", ortete Abt-Sportdirektor Thomas Biermaier nach dem Sonntagsrennen ein Boliden-Schachspiel wie in den Zeiten der DTM als Herstellerserie.

Doch jetzt meldet sich mit Winward-Mercedes-Pilot Philip Ellis die Schlüsselperson selbst zu Wort und nimmt zu den Vorwürfen aus dem Audi-Lager Stellung. Der Schweizer stellt im Gespräch mit 'Motorsport.com' klar: "Es gab keine vorgegebene Teamorder von AMG, auch wenn Abt und van der Linde sich das jetzt so schönreden."

Dabei wurde Ellis in Zolder noch von den Kollegen von 'Motorsport aktuell" zitiert, dass "Mercedes-AMG ein großes Team" sei. "Wenn man sieht, dass man den Audis ein paar Punkte wegnehmen kann, macht man das natürlich."

"Hätte Kelvin doch mal richtig Druck gemacht"

Ist also doch etwas dran an den Vorwürfen? "Ich habe es genauso gesagt und auch so gemeint", steht Ellis weiterhin zu seiner Aussage vom vergangenen Wochenende. "Dadurch ist es aber noch immer keine Teamorder. Wir haben gerade mal das dritte Rennwochenende. Und mir wäre es neu, dass Kelvin einen Freifahrtschein nach vorne hat", geht der 28-Jährige in die Gegenoffensive.

"Wenn er nach vorne will, muss er an mir vorbeifahren, so wie es andere dieses Jahr auch schon geschafft haben, zum Beispiel Esteban (Muth; Anm. d. Red.) im ersten Rennen", richtet Ellis van der Linde aus. "Wenn es so wichtig gewesen wäre, dann hätte er doch mal richtig Druck gemacht. Das hat er aber nicht. Einmal war er kurz neben mir, aber das war es dann auch. Deswegen verstehe ich die ganze Aufregung nicht."

In den 15 Runden, in denen Ellis nach van der Lindes Stopp vor dem Abt-Audi lag und seinen eigenen Reifenwechsel weiter hinauszögerte, habe er laut eigenen Angaben "nicht wirklich hart dagegenhalten müssen", sagt er.

Ellis hält Abt-Reaktion für "Schauspielerei"

Dennoch ließ sich van der Linde nach dem Rennen auf Instagram zum Kommentar hinreißen, Ellis sei "nicht ganz normal, oder?", auch wenn er diesen mit einem Tränen-Smiley abschwächte. Und Mike Rockenfeller meinte: "Was Philip da auf der Strecke gemacht hat, war aus meiner Sicht nicht sehr sportlich. Aber man sieht sich immer zweimal im Leben. Und wenn ich nochmal die Chance habe, werde ich ihm das zurückgeben."

Ellis hält die Abt-Kritik nach dem Rennen für übertrieben: "Das ist für mich ein bisschen Schauspielerei. Und ein Drama, wo kein Drama ist." Zumal er davon überzeugt ist, dass sich auch Kelvin van der Linde ähnlich verhalten hätte.

 

Philip Ellis

Philip Ellis zeigt sich in Anbetracht der Vorwürfe des Abt-Teams verwundert

Foto: DTM

"Wir kämpfen natürlich alle gegeneinander", sagt er. "Wenn es jetzt das letzte Rennen wäre - und man hat wirklich gar keine Chance mehr, in der Meisterschaft vorne mitzukämpfen -, dann wäre das ein anderes Szenario, aber es ist noch alles offen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er den Blinker gesetzt hätte und mich durchgewunken hätte, wenn es umgekehrt gewesen wäre."

Warum war Ellis zwischen den Runden 19 und 24 langsam?

Aber fuhr Ellis bewusst langsamer, um Kelvin van der Lindes Rennen zu zerstören, wie es ihm der Südafrikaner nach dem Rennen vorgeworfen hat? Oder gar um seinem Teamkollegen Lucas Auer zu helfen, der auf Platz zwei lag und mit einer Fünf-Sekunden-Strafe konfrontiert war?

"Nein, ganz im Gegenteil", antwortet Ellis. "Ich wusste von Luggis Strafe gar nichts bis nach dem Rennen und war am Ende überrascht, dass sein Auto nicht bei den Top 3 steht." Dass seine Zeiten von Runde 19 bis Runde 24 von niedrigen 1:28er-Zeiten auf über 1:29 anstiegen, argumentiert er mit Bremsproblemen.

"Ich hatte einen kleinen Einbruch für drei, vier Runden, weil wir Probleme mit der Vorderbremse hatten. Die ist mir beim sogenannten Trail-Braking immer wieder zugegangen. Das hat mich extrem Performance gekostet." Er habe aber keineswegs die Abt-Piloten einbremsen wollen: "Damit hätte ich ja absichtlich mein eigenes Rennen kaputtgemacht und mir extrem selbst geschadet."

Verzweifelte Hoffnung auf ein Safety-Car

Aber hat Ellis sein Rennen nicht auch durch die Strategie kaputtgemacht, erst gegen Rennende an die Box zu kommen und frische Reifen zu holen? Der Winward-Mercedes-Pilot, der nur von Startplatz 18 ins Rennen gegangen war und für die Startkollision mit HRT-Mercedes-Pilot Vincent Abril eine Durchfahrtsstrafe erhielt, argumentiert, dass er auf ein Safety-Car gehofft hatte.

"Der Plan war, die Durchfahrtsstrafe zu machen, dadurch nach den Stopps in eine gute Track-Position zu kommen, sich da zu halten und dann auf ein Safety-Car zu hoffen", erklärt Ellis. "Dann wären wir am Ende mit frischen Reifen wieder am Feld dran gewesen. Es kam aber kein Safety-Car." Dann habe man sich den frischen Reifen für den Nürburgring aufgespart und am Ende auf einen gebrauchten Reifensatz umgesteckt.

Der Gedanke, seine Rivalen vorbeizulassen, sei ihm davor nie in den Sinn gekommen. "Wenn du anfängst, in einem Sprintrennen die Leute durchzuwinken, dann wirst du wirklich nach hinten durchgereicht", erklärt er. "Dazu gab es keinen Grund - und wir sind ja um die Position gefahren."

Ellis und der Titelkampf: "Klar nimmt man gerne Punkte weg"

Dass es ihm am Ende nicht unrecht war, den Abt-Audi-Piloten Punkte weggenommen zu haben, nachdem er selbst als 16. punktelos blieb, gibt Ellis offen zu. "Klar nimmt man ihnen gerne Punkte weg, wo man kann, gerade jetzt, wo Kelvin so weit vorne ist", verweist der Winward-Mercedes-Pilot, der am Lausitzring sein erstes DTM-Rennen gewann, auf den Stand in der Meisterschaft.

Da liegt Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde 21 Punkte vor AF-Corse-Ferrari-Pilot Liam Lawson in Führung. Ellis ist als zweitbester Mercedes-AMG-Pilot Sechster - und hat 49 Punkte Rückstand.

"Das kannst du an einem Wochenende gutmachen", rechnet er mit Blick auf das bevorstehende Nürburgring-Wochenende. "Wenn er zwei Nuller hat und du hast ein richtig gutes Wochenende, dann bist du plötzlich wieder mit im Spiel. Wenn du jetzt aber den Anschluss komplett verpasst und auch noch wenige Punkte holst, dann wird es hart", verteidigt er seine Abwehrschlacht.

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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