Mit Bummel-Restart Teamkollegen zum Sieg verholfen? Freispruch für Perera
Die Rennleitung verdächtigte Franck Perera, unerlaubte Schützenhilfe für SSR-Teamkollege Mirko Bortolotti geleistet zu haben: Warum es keine Strafe gab
Um 19:43 Uhr fiel die Entscheidung am Nürburgring: Freispruch für SSR-Performance und Franck Perera, was den Vorwurf des unsportlichen Verhaltens angeht. Der eine Runde zurückliegende Franzose fuhr beim Restart hinter seinem führenden SSR-Teamkollegen Mirko Bortolotti so langsam, dass Verfolger Thomas Preining bis zum Grünlicht bei der Startlinie bereits mehrere Sekunden Rückstand hatte, aber nicht überholen durfte.
Der Verdacht lag nahe, dass Perera absichtlich bummelte und somit den Teamkollegen zum Sieger machte, weshalb die Rennleitung den Fall genau untersuchte: Neben einer Anhörung mit Perera wertete man Telemetriedaten aus und untersuchte Funksprüche mit beiden SSR-Piloten und Inboard-Kameras. Am Ende lautete das Urteil aber "No further Action".
Aber warum kam Perera davon? Das lag daran, dass Perera zum Zeitpunkt des Restarts als einziger Pilot auf Regenreifen unterwegs war. Das wusste die Rennleitung nicht, als man entschied, den Fall zu untersuchen.
Wie Preining die Perera-Aktion beim Restart erlebte
Preining allerdings schon, der durch die Blockade nicht nur seiner Chancen beraubt wurde, Bortolotti zu attackieren, sondern auch von Winward-Mercedes-Pilot Lucas Auer überholt wurde und Dritter war. "Er war auf Regenreifen unterwegs, also kann man natürlich sagen, dass er weniger Grip hatte", schildert Preining auf Nachfrage von 'Motorsport.com' die Situation mit Perera.
"Aber es hat mich einfach viel Zeit und Speed bei der Anfahrt zu Kurve 1 gekostet, weil er auf der Geraden auch ziemlich langsam fuhr und ich deshalb nicht beschleunigen konnte, weil man bis zur Ziellinie nicht überholen darf. Also musste ich wieder vom Gas und dann waren sie natürlich auf der Geraden alle an mir dran, und ich konnte P2 einfach nicht halten."
Perera fuhr trotz langsamen Tempos "am Limit"
Die Inboard-Kamera Preinings zeigt aber, dass Perera bereits in der NGK-Schikane querstand, obwohl er im zweiten Gang war, um ein Durchdrehen der Räder zu verhindern, während die Piloten auf Slicks im ersten Gang waren. Allein dadurch beschleunigte Perera schlechter aus der Schikane. Aber auch in der Zielkurve hatte der Franzose Mühe, die Linie zu halten - und verlor Zeit.
In der Entscheidung der Rennleitung heißt es, dass es sichtbar war, dass "das Auto #94 am Limit durch die letzte Kurve fuhr".
Keine Auffälligkeiten bei SSR-Funksprüchen
Eine Untersuchung der Funksprüche des Teams an Perera und Bortolotti ergab keinerlei Auffälligkeiten oder Verstöße gegen das Teamorder-Verbot. Abgesehen davon hielt sich Perera an die Anweisung von Renndirektor Sven Stoppe an SSR Performance, er möge nach der Ziellinie den Blauen Flaggen Folge leisten und die Fahrzeuge hinter ihm vorbeizulassen. Die Tatsache, dass er etwas früher als vorgesehen auf der Geraden langsamer machte, wäre der einzige mögliche Grund für eine Strafe gewesen.
Bei Manthey EMA war man wegen des abgeschmetterten Protests von SSR Performance gegen den Gurt von Preining am Norisring ohnehin schon etwas verschnupft gewesen, Teamchef Nicki Raeder sah aber bei Perera kein Fehlverhalten.
"Man muss fair sein", sagt er im Gespräch mit 'Motorsport.com'. "Der Gap wäre bei jedem anderen wahrscheinlich genauso groß gewesen, weil Perera die Zeit einfach durch den Regenreifen verloren hat. Der Protest war das eine, aber hier kann man ihnen keine grobe Unsportlichkeit unterstellen."
Warum durfte sich Perera nicht zurückrunden?
Dennoch fragt sich Raeder, warum die Rennleitung nicht dafür sorgte, dass sich Perera zurückrunden oder das Feld an ihm vorbeigehen durfte. Die Erklärung: Ein Zurückrunden der Überrundeten kostet Zeit, wodurch der Restart weiter verzögert worden wäre.
Außerdem hatte Renndirektor Sven Stoppe zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Schirm, dass Perera mit Regenreifen unterwegs war und das Feld hinter ihm aufhalten würde.
Ohne Strafe kam Perera am Samstag dennoch nicht davon: Auch wenn er beim Restart freigesprochen wurde, erhielt er eine 15-Sekunden-Strafe wegen Unsafe-Release beim Boxenstopp, bei dem er mit Emil-Frey-Ferrari-Pilot Jack Aitken kollidierte. Dazu kam eine 30-Sekunden-Strafe, weil er die drei Penalty-Lap-Strafen nicht korrekt angetreten hatte.
Statt wie verlangt dreimal hintereinander durch die Penalty-Lap-Zone zu fahren, war Perera beim ersten Mal schneller als die vorgeschriebenen 50 km/h, weshalb die Aktion ungültig war. Auch danach durchfuhr er die Penalty-Zone nicht in aufeinanderfolgenden Runden. Die Strafen haben aber nur bedingt eine Wirkung, da er ohnehin als Letzter ins Ziel kam.
Mit Bildmaterial von ADAC Motorsport.
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