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Nach BMW-Aus: Betriebsschließung bei Schnitzer, Suche nach Investor

Wieso die Schließung von Schnitzer Motorsport eingeleitet ist, welche Hoffnung es noch gibt und wie es soweit kommen konnte, dass das BMW-Kultteam am Ende ist

Die Entscheidung von BMW, sich von der legendären Schnitzer-Truppe als Werksteam zu trennen, sorgte in der Szene für großen Unmut. Und sie hat enorme Folgen, denn das Team aus Freilassing muss nun aller Voraussicht nach komplett zusperren. "Die Betriebsschließung ist bereits beschlossene Sache", bestätigt Teamchef Herbert Schnitzer jr. im Gespräch mit 'motorsport.com' die traurige Nachricht.

Die Abwicklung sei aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich, da ohne BMW ab Januar 2021 kein frisches Geld mehr in die Teamkasse gespült wird. "Wir kennen unsere monatlichen Kosten", erklärt Schnitzer. "Und ab dem nächsten Jahr haben wir keine Einnahmen mehr."

Aber ist damit das Ende unabwendbar? "Wenn man eine Betriebsschließung macht, muss man alles auflösen", antwortet der 39-Jährige, der 2019 die Teamführung von seinem legendären Onkel Charly Lamm übernommen hatte, um im nächsten Atemzug einen letzten Hilferuf zu starten.

Schnitzer gibt nicht auf: "Gibt noch eine Chance"

"Der letzte Strohhalm, an den ich mich noch klammere, ist, dass das jetzt durch die Medien geht", sagt er. "Und dass vielleicht doch noch ein Großsponsor in Form eines Investors auf uns aufmerksam wird, den wir vorher nicht auf dem Schirm hatten. Wenn jetzt jemand kommt, der unseren Betrieb kauft und damit die ganze Belegschaft übernimmt, dann gibt es meiner Meinung nach noch eine Chance."

Schnitzer musste im Zuge der Betriebsschließung zwar schweren Herzens 18 Mitarbeiter entlassen, doch die Infrastruktur, vom Standort Freilassing aus ein erfolgreiches Motorsportprojekt zu führen, ist derzeit noch vorhanden. Erst kürzlich war, damals noch in Partnerschaft mit BMW, eine Modernisierung durchgeführt worden.

Doch wie ist das hochdekorierte Schnitzer-Team, das vor acht Jahren in der BMW-Comeback-Saison in der DTM mit Bruno Spengler den Titel holte und 2018 mit Augusto Farfus den Klassiker in Macau gewann, überhaupt in diese missliche Lage gekommen?

Tatsächlich begann der Abstieg der BMW-Truppe damit, dass Motorsportdirektor Jens Marquardt Schnitzer Ende 2016 aus der DTM abzog. Danach musste man sich neu orientieren und versuchte, im Langstreckensport Fuß zu fassen. Im Gegensatz zu anderen BMW-Teams wie Rowe (von einem großen Mineralölhersteller gestützt) oder Walkenhorst (einer der größten BMW-Händler Deutschlands) war Schnitzer allerdings stets in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Auftraggeber BMW.

Zu hohe Kosten, Investor abgesprungen

Dazu kamen die hohen Kosten. "Wir sind schon seit über 30 Jahren Werksteam", erklärt Schnitzer. "Daher haben wir einen sehr hochwertigen Standort - mit den eigenen Werkstätten, Fertigungsstätten und sehr vielen hochqualifizierten, langjährigen Mitarbeitern." Während andere Teams an den Wochenenden auf Freelancer setzen, baute die Schnitzer-Truppe bis zur Einleitung der Betriebsschließung vor allem auf Festangestellte.

"Diese Mechaniker nehmen sich auch die Zeit, unter der Woche jedes kleine Detail am Auto zu checken und alles perfekt vorzubereiten, was einen qualitativen Unterschied macht. Aber jede Stunde kostet Geld", seufzt Schnitzer, der sich aus diesem Grund auch nicht in der Lage sieht, ein Jahresbudget über Paydriver aufzustellen: "Das kann man mit Eigenmitteln und bezahlenden Fahrern nicht einmal kostendeckend schaffen."

Herbert Schnitzer jun.

Herbert Schnitzer jun. hofft rund um Weihnachten noch auf ein Wunder

Foto: BMW

Auch BMW will das Geld nicht mehr ausgeben, zumal andere Teams im Gegensatz zu Schnitzer einen Teil des Budgets selbst stellen: "Das ist der Zeitgeist und das war absehbar", weiß Schnitzer. "Daher waren wir auch in Gesprächen - in der Hoffnung, dass wir auch einen starken Partner finden."

Ende 2019 sei ein potenzieller Partner "im letzten Moment" abgesprungen, erzählt er. Und jetzt sei es, auch wegen der Coronakrise, so gut wie unmöglich, jemanden zu finden.

Kein Vorwurf an BMW

BMW macht er keinen Vorwurf: "Wir sind ihnen nicht böse, auch wenn das für uns alle nach 57 Jahren als BMW-Team sehr schwer zu verarbeiten ist", stellt Schnitzer klar. "Auch sie haben mit der Coronakrise Probleme. Und wir sind super dankbar, dass der Hersteller so lange mit uns zusammengearbeitet hat. Ohne sie wären diese Erfolge nie möglich gewesen."

Da die bisherigen DTM-Werksteams RMG und RBM laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' noch gültige Werksverträge für die Saison 2021 haben und der Zweijahresvertrag von Schnitzer mit Jahresende ausläuft, war es naheliegend, dass die Testarbeit für die Entwicklung des neuen M4 GT3 in die Hände von einem der beiden DTM-Teams fällt. Stefan Reinholds RMG-Truppe darf sich glücklich schätzen.

Lamms Tod ein kleiner Teil des großen Puzzles?

Für Schnitzer bedeutete das den nächsten finanziellen Dämpfer. Bereits zuvor hatte der plötzliche Tod von Schnitzer-Urgestein Charly Lamm einen harten Schicksalsschlag dargestellt. Einerseits auf der menschlichen Ebene; andererseits aber auch organisatorisch und wirtschaftlich.

"Onkel Charly war eine eindrucksvolle und außergewöhnliche Persönlichkeit, die dem Team sehr fehlt", sagt Schnitzer.

Lamm war gemeinsam mit Herbert Schnitzer sen. Anteilseigner der Schnitzer Motorsport GmbH. Nach seinem Ableben waren diverse bürokratische Prozesse zu regeln, und im Zuge dieser Vorgänge floss jenes Kapital aus der Firma ab, das Lamms Witwe für die Firmenanteile ihres verstorbenen Ehemannes zustand.

Nicht der Hauptgrund für die aktuelle Situation, aber "eines von vielen Puzzleteilen, die dazu geführt haben, dass die Betriebsschließung zum jetzigen Zeitpunkt unvermeidbar war. Diese Anteilsauszahlung reduziert natürlich unsere finanzielle Eigenkapital-Schlagkraft, weil zusätzlich Firmenmittel abgezogen wurden", erklärt Schnitzer.

Stellungnahme der Familie Lamm

Missverständliche Medienberichte auf anderen Plattformen haben dazu geführt, dass sich die Witwe Anne Lamm in Zusammenhang mit diesem Vorgang in ein falsches Licht gerückt fühlte. Über einen Rechtsanwalt lässt die Familie daher ausrichten: "Eine mögliche Betriebsschließung der Schnitzer Motorsport GmbH hat mit der Person Karl Lamm und seinen Hinterbliebenen nichts zu tun."

"Karl Lamm hat seinen langfristig geplanten Rückzug aus der Schnitzer Motorsport GmbH durch Kündigung seiner Geschäftsanteile im Jahr 2017 mit Wirksamkeit zum 31. Dezember 2018 eingeleitet. Der Abfindungsanspruch ging in Folge seines Todes am 24. Januar 2019 auf die Hinterbliebenen über."

"Im ersten Halbjahr 2020 kam die Abfindung nach Feststellung der dafür erforderlichen Bilanz (13. Dezember 2019) zur Auszahlung", heißt es in der Stellungnahme weiter. "Entgegen des in der Satzung vorgesehenen und liquiditätsschonenden Auszahlungsprozesses in fünf Jahresraten hat sich der verbliebene Gesellschafter zur Sofortzahlung der Gesamtsumme entschieden."

Die Familie Lamm sei "über die letzten Entwicklungen der Schnitzer Motorsport GmbH traurig und hofft, dass das Rennteam auch in Zukunft fortbestehen wird. Darüber hinaus wird sich Familie Lamm in dieser Angelegenheit nicht weiter äußern."

Schnitzer jun. hatte Anne Lamm gegenüber 'Motorsport-Total.com' bereits vor dieser Stellungnahme explizit in Schutz genommen: "Meine Tante kann auch nichts dafür - das ist nicht ihre Schuld. Das ist der natürliche Ablauf. Nur das Timing ist einfach unglücklich. Zudem ist es auch keine Frage des Eigenkapitals, wenn letztlich die Perspektiven fehlen."

Aber was passiert, wenn ein Weihnachtswunder geschieht und das Schnitzer-Team trotz der düsteren Ausgangslage gerettet werden kann? Wäre es überhaupt vorstellbar, mit einem anderen Hersteller als BMW zusammenzuarbeiten?

Selbst Zukunft mit anderem Hersteller vorstellbar

"Wir sind BMWler mit Herz und Seele", stellt Schnitzer klar. "Wir haben in unserer gesamten Geschichte nur ein Jahr mit Toyota überbrückt, als BMW nicht weitermachen wollte - aber das war noch vor meiner Geburt", grinst er. Man würde also "liebend gerne" mit den Münchnern weitermachen, im Vordergrund steht aber nun eine mögliche Rettung des Teams.

"Vor einem Monat hätte ich noch abgelehnt, aber wenn jetzt ein Hersteller kommt und uns engagieren würde, dann wäre ich offen für neue Partnerschaften, weil es um das Überleben des Teams und damit auch um unsere Mitarbeiter geht", sagt Schnitzer.

Alleine kann er diese Entscheidung nicht treffen, schließlich ist sein Vater Herbert Geschäftsführer und Inhaber der Firma: "Ich würde aber massiv dafür pushen", stellt er klar. "Wenn wir ein legendäres Rennteam irgendwie retten können, dann bin ich für alles zu haben."

Mit Bildmaterial von BMW.

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