Rückblick: Sebastien Bourdais hatte DTM-Vertrag für 2003, dann kam alles anders
Sebastien Bourdais hat seine großen Erfolge in der IndyCar-Szene nicht zuletzt einer Klausel zu verdanken, die sein Manager in einem DTM-Vertrag mit Opel platzierte
Sebastien Bourdais war im Zeitraum 2003 bis 2007 das absolute Maß der Dinge im US-Formelsport. 2003 fuhr der Franzose eine famose Rookie-Saison in der CART-Serie, die ein Jahr später zur Champ-Car-Serie wurde. Unter dem neuen Banner der Rennserie errang Bourdais in Diensten von Newman/Haas Racing vier Titel in Folge (2004 bis 2007) und brachte es allein in seinen vier Titelsaisons auf 28 Rennsiege.
Dabei hätte es die jahrelange Bourdais-Dominanz in den USA um ein Haar gar nicht gegeben. Denn der Franzose hatte für 2003 eigentlich einen Vertrag mit Opel für die DTM unterschrieben. Getestet hatte er das Astra V8 Coupe schon - und alles war angerichtet für eine volle DTM-Saison.
Den Ausschlag dafür, dass es so kam wie es gekommen ist, nämlich dass Bourdais bis heute kein einziges DTM-Rennen bestritten hat, dafür aber die Champ-Car-Serie über Jahre dominierte, gab eine Klausel in seinem Opel-Vertrag. Verantwortlich für die Klausel war Bourdais' damaliger Manager David Sears.
Als Formel-3000-Champion: Bourdais sagt Briatore ab
Rückblende: Im Jahr 2002 erringt Bourdais für Super Nova Racing den Titel in der Formel 3000. Das Karriereziel des aus Le Mans stammenden Nachwuchspiloten lautet Formel 1. Sein Super-Nova-Bolide ist sogar schon in der gesamten Saison 2002 in Renault-Farben lackiert. Zu einem Engagement bei Renault in der Formel 1 kommt es aber nie.
In Renault-Farben holt Bourdais den Formel-3000-Titel, aber in der Formel 1 ist kein Platz Foto: Motorsport Images
Weil die Türen bei Renault zu sind - Briatore-Schützling Fernando Alonso ist für 2003 bereits als neuer Teamkollege von Jarno Trulli gesetzt - sieht Bourdais seine einzige Chance auf ein zeitnahes Formel-1-Cockpit bei Arrows.
Tatsächlich weiß Bourdais Arrows-Teamchef Tom Walkinshaw zu überzeugen, als er bei Testfahrten in Valencia nur 0,7 Sekunden langsamer ist als Stammfahrer Heinz-Harald Frentzen. Zu einem Vertrag aber kommt es nicht, weil Arrows noch vor Jahresende 2002 zusperren muss.
DTM-Vertrag mit Opel für 2003 war unterschrieben
"Ich wusste, dass ich bei Renault keine Chance hatte. Und als sich die Möglichkeit bei Arrows zerschlug, hatten wir keine Optionen mehr", erinnert sich Bourdais heute. Und er weiß auch noch, was sein Manager David Sears damals zu ihm sagte: "Der Weg war vorgezeichnet, als er sagte, 'Tut mir leid Kumpel, aber du wirst Autos mit Türen und Dach fahren.'"
Ein solches Opel Astra V8 Coupe hätte Bourdais 2003 in der DTM fahren sollen Foto: Motorsport Images
Knackpunkt: Manager Sears platzierte eine Klausel, die es möglich machte, dass Bourdais aus dem Vertrag herauskommt, sollte es Interesse seitens eines Teams aus der Formel 1 oder eines Teams aus der IndyCar-Szene geben. Die war damals zweigeteilt in die CART-Serie und die Indy Racing League (IRL).
Wie Bourdais bei Newman/Haas landete
In der CART-Serie war das amtierende Meisterteam Newman/Haas im Winter 2002/03 auf der Suche nach zwei neuen Piloten. Der frischgebackene Champion Cristiano da Matta hatte für 2003 einen Vertrag als Formel-1-Stammfahrer bei Toyota unterschrieben. Derweil zog es Christian Fittipaldi in die NASCAR-Szene, wo er allerdings klaglos unterging.
Und nachdem es Paul Newman und Carl Haas gelungen war, Bruno Junqueira vom Ganassi-Team ins eigene Team zu lotsen, brauchte man noch einen Teamkollegen für den Brasilianer. Eigentlich hatte man Justin Wilson vorgesehen.
Der Brite aber entschied sich für 2003 für ein Formel-1-Cockpit bei Minardi. In die IndyCar-Szene wechselte er erst ein Jahr später. Weitere vier Jahre später, nämlich 2008, landete Wilson dann doch bei Newman/Haas. 2003 aber noch nicht.
St. Petersburg 2003: Sechs Wochen nach dem ersten Test rast Bourdais bei seinem CART-Debüt auf die Pole Foto: Motorsport Images
Wie denkt Bourdais heute über die entscheidende Weiche in seiner Karriere? "David hat mir wirklich einen großen Gefallen getan. Weil er in meinem Vertrag eine Ausstiegsklausel zu Gunsten der Formel 1, Champ Cars oder IndyCars formuliert hatte, konnte ich die Chance bei Newman/Haas wahrnehmen. Witzig ist, dass der Deal mit Opel über 250.000 Euro abgeschlossen war. Den habe ich aber in den Wind geschlagen und bin für 70.000 Dollar bei Carl und Paul gefahren."
Vier Champ-Car-Titel in Folge - und zwei Rennsiege im Tourenwagen
Bereut haben dürfte Bourdais die Entscheidung nicht. Das gilt erst recht, wenn man sich anschaut, wie es Opel in der DTM-Saison 2003 erging. Als das mit Abstand stärkste Auto der Rüsselsheimer erwies sich der 2002er-Astra von Peter Dumbreck.
"Ich hatte im Vergleich zu den neueren Autos einfach mehr Grip an der Vorderachse", so Dumbreck gegenüber 'Autosport'. Während er es im Saisonverlauf auf 31 Punkte gebracht hat, gelangen dem punktbesten Piloten eines 2003er-Astra - Ex-Champion Manuel Reuter - gerade mal fünf Punkte.
Und Bourdais? Wenngleich er letztlich nie in der DTM zu einem Rennen antrat, so hat er sein Talent im Tourenwagen dennoch unter Beweis gestellt. In den Jahren 2011 und 2012 gewann er in der V8-Supercar-Serie in Australien zusammen mit Dauerchampion Jamie Whincup das Gold Coast 600 in Surfers Paradise. Bevor es dazu kam, hatte Bourdais ausgerechnet in Surfers Paradise drei seiner vier Champ-Car-Titel unter Dach und Fach gebracht.
Im Team von Carl Haas (li.) und Paul Newman (re.) wurde Bourdais 2004 bis 2007 jeweils Champion Foto: Motorsport Images
Bei seinem Formel-1-Debüt, dem Grand Prix von Australien 2008 in Melbourne, fuhr Bourdais als Siebter auf Anhieb in die Punkte. Anschließend gelang aber nicht mehr viel. Über P7 kam er letztlich nie hinaus. 2009 wurde er mitten in der Saison trotz gültigen Vertrags von Red-Bull-Junior Jamie Alguersuari abgelöst. Um einem Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen, versüßte Toro Rosso Bourdais den vorzeitigen Abschied mit mehr als zwei Millionen Dollar.
Nach einer zweiten IndyCar-Karriere (2011 bis 2021) ist Bourdais heute im Langstreckensport aktiv. In der US-Sportwagenserie IMSA ist der Franzose einer der Stammfahrer im Aufgebot von Ganassi-Cadillac und fährt 2023 den bildschönen Cadillac V-LMDh - aller Voraussicht nach auch bei seinem Heimrennen, den 24 Stunden von Le Mans im Juni.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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