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Kolumne
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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Audi-Sportchef Rolf Michl

Mit Abts Lamborghini-Wechsel ist die glorreiche Geschichte der vier Ringe in der DTM beendet: Wieso Audi das bereuen wird und eine Riesenchance vergeben hat

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Audi-Sportchef Rolf Michl

Aus und vorbei! Audi wird in der DTM in Zukunft keine große Rolle mehr spielen

Foto: Audi AG

Liebe Leserinnen und Leser,

der Titelkampf tobt in der DTM - und Abt-Pilot Kelvin van der Linde, der als Führender nach Spielberg reiste, hat auf der Audi-Angststrecke Boden auf Lamborghini-Erzrivale Mirko Bortolotti verloren, der nun mit 15 Punkten Vorsprung klarer Titelfavorit ist. Doch das ist es nicht, was Audis Motorsportchef Rolf Michl den Schlaf rauben sollte.

Sondern, was sich am Samstagmorgen auf dem Red-Bull-Ring zugetragen hat: Mit Abt hat DAS Audi-Team schlechthin bekanntgegeben, ab 2025 mit Lamborghini in der DTM an den Start zu gehen. Dadurch ist davon auszugehen, dass die vier Ringe endgültig aus der Traditionsserie verschwinden.

Warum Abt 2024 überhaupt noch an Audi festhielt

Abt hat sich diesen Schritt nicht leicht gemacht. Nach Audis Entscheidung im Vorjahr, das Kundensport-Programm auf das absolute Minimum herunterzufahren, hat das Traditionsteam aus Kempten 2024 in der DTM trotzdem weiter auf den R8 LMS GT3 Evo II gesetzt.

Erstens aus Marketing-Gründen, weil Audi im Tuningbereich ganz klar das Hauptprodukt ist. Und zweitens, weil man die Hoffnung nicht aufgab, dass sich durch Gernot Döllner als Nachfolger von Ex-Audi-Boss Markus Duesmann, der alles den F1-Plänen unterordnete, doch noch eine Chance auf eine Zukunftsperspektive im GT3-Bereich ergeben könnte.

Dass es für Abt überhaupt möglich war, ohne finanzielle Unterstützung von Audi als einziges Team am R8-Einsatz in der DTM festzuhalten, ist auf das Netzwerk von Marketingprofi Harry Unflath zurückzuführen: Hans-Jürgen Abts Jugendfreund fand für die 25. Saison mit Audi in der DTM trotz schwieriger Wirtschaftslage neue Geldgeber.

 
 

Abt beschwört glorreiche Audi-Vergangenheit

Und dann präsentierte man sich auch noch stärker als in den vergangenen Jahren und Kelvin van der Linde mauserte sich zum klaren Titelanwärter. Sogar das Red-Bull-Design, das bis ins Detail der Optik aus alten Audi-Erfolgszeiten in der Hersteller-DTM mit Mattias Ekström gleicht, könnte man als Versuch verstanden wissen, in Ingolstadt einen Nerv zu treffen.

Nach dem Motto: "Seht her - wisst ihr eigentlich, was ihr da aufgebt?"

 

Hans-Jürgen Abt; Rolf Michl

Keine Audi-Lösung gefunden: Rolf Michl und Hans-Jürgen Abt

Foto: Alexander Trienitz

Aber was hat es gebracht? Döllner hat aktuell andere Probleme, muss den Audi-Konzern in Anbetracht der Volkswagen-Turbulenzen retten. Und Ex-Abt-Mann Michl, der seit September 2022 Audi-Motorsportchef ist und seit einem Jahr alleine die Audi Sport GmbH leitet, ist mehr damit beschäftigt, ehemalige Werksfahrer wie Ekström zu verabschieden als zur DTM zu kommen oder neue Akzente zu setzen.

Nur noch Formel 1? Warum es Audi bereuen wird

Dabei ist ein großer Teil der ungebrochenen Popularität der Marke Audi auf den Motorsport zurückzuführen. "Als Kind war der Audi für mich das schlimmste Auto. Jeder kennt das mit dem Hut hinten auf der Ablage", sagte mir vor einigen Jahren Gerhard Berger. Doch mit dem genialen Rallye-Quattro der 1980er-Jahre mit Walter Röhrl und später der DTM hat sich Audi ein komplett neues sportliches Image verpasst.

Im Gegensatz zum erfolgreichen Le-Mans-Projekt waren die Class-1-Boliden optisch mit Straßenautos vergleichbar - ein nicht zu unterschätzendes Element. Sie sorgten für die größte Identifikation mit Audi Sport.

Dazu kommt, dass Piloten wie Ekström, der nun nach 23 Jahren wohl zu einer anderen Marke geht, echte Audi-Botschafter waren - und man gegen die direkte Konkurrenz von BMW und Mercedes Erfolge einfuhr. Das ist nun Geschichte - und Audi wird es bereuen, dass man einen Teil der eigenen DNA aufgibt!

Denn mit der Formel 1 erreicht man zwar weltweit hunderte Millionen, aber bis das heutige Sauber-Team auf Mercedes-Niveau fährt, wird es Jahre dauern, wenn es denn überhaupt gelingt. Mit Abt hatte man hingegen ein Top-Einsatzteam, das weiß, wie man Titel holt.

GT3-Fortsetzung: Audi hat Riesenchance verpasst

Was das schlimmste ist? Audi hätte alle Möglichkeiten gehabt, Abt und anderen Teams im GT3-Bereich mit einem Nachfolger des in die Jahre gekommenen R8 eine Perspektive zu bieten. Denn wie man aus gut informierten Kreisen hört, gäbe es ein fertiges Konzept für einen Sportwagen, auf dessen gemeinsamer Basis mit Audi-Tochter Lamborghini man einen GT3-Boliden hätte bauen können.

 

Abt

Abt präsentierte in Spielberg den DTM-Lamborghini für die Zukunft

Foto: Alexander Trienitz

Und zwar kostengünstig, weil im Windschatten des Lamborghini Temerario GT3, der nächstes Jahr kommen soll und 2026 ausgeliefert wird. Doch nach jahrelangen internen Kämpfen bei Audi, ob die Basis ein Elektro- oder ein Hybridauto sein soll, fehlte bisher der Mut zur Umsetzung.

Ärger über Audi-Strategie verstummt nicht

Auch weil es im Vorstand mit dem Aus für Audi-Boss Duesmann, dem für die technische Entwicklung zuständigen Oliver Hoffmann und nun auch Elektro-Verfechterin und Vertriebschefin Hildegard Wortmann wenig Stabilität gab, was den Betrieb lähmte und zu einem Entscheidungsstau führte.

Welche Chance Audi damit selbst vertan hat, zeigen auch die vielen wehmütigen bis verärgerten Social-Media-Kommentare nach der Abt-Entscheidung für Lamborghini. Die Marke Audi sei "in allen Bereichen auf Selbstzerstörungskurs, besonders im Motorsport", liest man dort.

Umso bezeichnender wäre es, wenn ausgerechnet die italienische Audi-Tochter Lamborghini beim Finale Audis vermutlich letzte Chance auf einen DTM-Titel zerstört.

Sven Haidinger

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