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Kolumne
DTM Norisring

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Laurens Vanthoor

Mit dem Topteam SSR wollte Porsche-Ass Laurens Vanthoor in der DTM zeigen, was er kann: Doch anstatt die Rechnung mit Rast zu begleichen, geht er komplett unter

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Laurens Vanthoor

Liebe Leserinnen und Leser,

um 16:55 Uhr verließ Porsche-Werksfahrer Laurens Vanthoor mit enttäuschter Miene und nach einem "Fistbump" mit einem SSR-Mechaniker den Norisring - und er wird froh gewesen sein, das Zeppelinfeld endlich hinter sich zu lassen. Denn eineinhalb Stunden davor hatte er auf 'Instagram' Einblick in sein Seelenleben gegeben.

"Ich habe ehrlich gesagt keine Erklärung, warum wir solche Schwierigkeiten haben", schreibt er. "Es ist sehr frustrierend und es fängt an, einen mental auszulaugen." Er wisse, "dass auf harte Zeiten immer gute Zeiten folgen, aber es ist trotzdem scheiße."

Aber was ist passiert? Nachdem Neueinsteiger Porsche in der DTM an den ersten drei Wochenenden als einziger Hersteller keinen Podestplatz einfuhr, war der Norisring die große Chance für die Zuffenhausener. Denn die Kultstrecke mit den zwei Haarnadeln ist dem wendigen 911 GT3 R wie auf den Leib geschneidert.

Vanthoor bei Porsche-Sternstunde in Nebenrolle

Und tatsächlich feierte man am Samstag nach der Pole mit zwei Porsche-Boliden an der Spitze den ganz großen ersten DTM-Triumph in der Markenhistorie. Und das im Beisein von Motorsportchef Thomas Laudenbach, dessen Flug nach Marrakesch zur Formel E ausgefallen war, weshalb er an den Norisring kam.

Doch nicht Vanthoor lachte vom Podest, sondern seine beiden einzigen Markenkollegen im Feld: Bernhard-Youngster Thomas Preining, dessen bis dahin größter Erfolg der Porsche-Carrera-Cup-Titel 2018 war, holte den Sieg vor Vanthoors SSR-Teamkollegen Dennis Olsen. Vanthoor blieb von Startplatz 13 nur der vierte Platz.

"Jetzt bete ich um ein besseres Qualifying", hofft Vanthoor auf den Sonntag. Doch dann kam es noch dicker: Nach Platz 19 wurde er wegen eines "nicht ordnungsgemäß verbundenen Feuerlöschsystems" disqualifiziert und nach dem Qualifying ans Ende des Feldes verbannt. "Ich habe keine Worte. Zu viele Probleme", postete er danach. Er kam auf Platz 16 ins Ziel, während Olsen Fünfter wurde.

Riesenchance DTM: Vanthoor galt als heißestes Porsche-Eisen

Vor dem Norisring-Wochenende war Vanthoor in der DTM nicht über Platz sieben hinausgekommen, dabei war er eigentlich als heißestes Porsche-Eisen in die Saison gegangen. Er, der in seiner Karriere im GT-Bereich fast alles gewonnen hat: die 24 Stunden von Le Mans, auf der Nordschleife und in Spa, den GT-Weltcup in Macau, die IMSA-SportsCar-Championship, die FIA-GT-Serie.

Und dann gab es 2022 durch den Porsche-Einstieg in die DTM endlich die Chance, zu zeigen, wie gut er als Einzelkämpfer ist - ohne sich das Auto mit Teampartnern teilen zu müssen. Und das mit dem finanziell bestens aufgestellten SSR-Team des ehrgeizigen Teambesitzers Stefan Schlund, für den nur der Titel zählt.

Rast vs. Vanthoor: Duell der Audi-Alphatiere 2014 in Spa

Außerdem traf Vanthoor in seiner Domäne GT3 wieder auf Rene Rast, der zu Audi-Zeiten sein großer interner Rivale war und mit dem es beim Sieg für Vanthoors belgisches Haus- und Hof-Team WRT 2014 beim 24-Stunden-Rennen in Spa ordentlich knirschte.

Markus Winkelhock, Laurens Vanthoor

Interne Rivalität bei Sieg: Die Alphatiere Rast und Vanthoor mit Winkelhock

Foto: Audi AG

Beide wollten damals im Audi-Duell der Alphatiere zeigen, wie stark sie sind, doch Vanthoor erkrankte während des Rennens - und Rast übernahm seine Stints. Mit der Glanzleistung überzeugte Rast Ex-Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich und wurde mit dem Werksfahrer-Status belohnt - der Rest ist vor allem DTM-Geschichte. Vanthoor wechselte 2017 zu Porsche.

Katastrophale Qualifying-Bilanz in der DTM

Aber während Rast nun auch bei Abt das Kommando übernommen hat, obwohl er sich in die GT3-Materie erst "reinfuchsen" musste, geht Vanthoor bei SSR unter. Schuld ist das Qualifying: Die Plätze 26, 11, 22, 17, 16, 19, 13 und 19 ergeben einen katastrophalen Schnitt von 17,875.

Woran es liegt, weiß er selber nicht. "So wie ich normalerweise fahre, können wir das Set-up hier nicht machen", hat er mir am Norisring über seine DTM-Leiden erzählt.

In Imola konnte er sich auf 'Twitter' nach Platz 19 im Sonntags-Qualifying nicht mehr zurückhalten und postete mit verzweifelter Selbstironie: "Ich suche einen Fahrer-Coach. Es sieht so aus, als hätte ich mein Talent in Le Mans vergessen."

Talent "in Le Mans vergessen"?

Le Mans war aus sportlicher Sicht für Vanthoor tatsächlich der einzige Lichtblick in einem bitteren Jahr, denn da lag es zumindest nicht an ihm, dass der Erfolg nicht da war. Denn während der Belgier im GTE-Porsche Topzeiten fuhr, explodierte beim Teampartner Michael Christensen der Reifen. Am Ende blieb Platz vier - während der andere Werks-Porsche triumphierte.

2022 begann bereits mit einer bitteren Pille: Beim 24-Stunden-Klassiker in Daytona - ein Triumph, der Vanthoor noch fehlt - zog er Ende Januar in einem beinharten Porsche-internen Duell gegen seinen Werksfahrer-Kollegen Matthieu Jaminet den Kürzeren. Porsche verzichtete auf eine Stallorder, die beiden kollidierten - und Vanthoor hatte nach Platz zwei Tränen in den Augen.

Nordschleifen-Crash mit Bruder als größter Tiefschlag

Vier Monate später folgte der nächste Tiefschlag: Bei den 24 Stunden auf der Nordschleife saß er im "Grello"-Porsche und verbiss sich erneut in ein Duell - diesmal gegen seinen 24-jährigen Bruder Dries Vanthoor.

Nach einer Windschattenschlacht auf der Döttinger Höhe wollte er auf keinen Fall nachgeben, berührte den Audi und donnerte mit voller Wucht gegen die Leitplanken. Sein Porsche war Schrott - und er sprach vom "dümmsten Moment, an den ich mich erinnern kann. Das ist mein Bruder, und wir lieben uns über alles."

LMDh-Vertrag bei Porsche in der Tasche, aber ...

Dabei könnte sich Vanthoor eigentlich zurücklehnen: Der DTM-Albtraum wird für ihn bald ein Ende haben, da er seit einem Jahr einen LMDh-Vertrag in der Tasche hat und ab 2023 mit Porsche seinem Traum vom Le-Mans-Gesamtsieg nachjagen kann. Im Gegensatz zu Rast, der das ebenfalls wollte, aber durch Audis LMDh-Aus dieser Perspektive vorerst beraubt wurde.

Aber Vanthoor ist Rast zu ähnlich, er ist ein Beißer. Und deswegen wird er nach der Heimreise aus Nürnberg alles andere als gut geschlafen haben, denn das nächste DTM-Wochenende findet durch die Sommerpause erst in acht Wochen statt - auf dem Nürburgring. Diesmal aber wenigstens ohne die Nordschleife und Erinnerungen an das missglückte Bruder-Duell.

Wobei das gerade auch an andere Stellen stattfindet: Denn just an diesem Wochenende hat sein Bruder Dries mit dem 14. Triumph in der Sprintserie der GT-World-Challenge Europe den Siegrekord eingestellt. Und zwar den eines gewissen Laurens Vanthoor.

Sven Haidinger

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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