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Kolumne

Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Liam Lawson

Null Punkte, Sieg von Teamkollege Alex Albon - und heftige Anfeindungen: Warum Auftritte wie auf dem Nürburgring Liam Lawson das Formel-1-Cockpit kosten könnte

Liebe Leserinnen und Leser,

nach Liam Lawsons sensationellem Sieg bei der GT3-Premiere der DTM in Monza flüsterte Gerhard Berger Red Bulls Juniorenteam-Chef Helmut Marko: "Den kannst du direkt in die Formel 1 rüberziehen." Doch am vierten DTM-Wochenende der Saison auf dem Nürburgring hat der Senkrechtstarter ordentlich an Flughöhe verloren.

Der 19-jährige Neuseeländer, der davor in der Meisterschaft noch DTM-Leader Kelvin van der Lindes erster Verfolger war, holte nicht nur an zwei Renntagen keine einzigen Punkt, wodurch er nun mit 49 Punkte Rückstand nur noch Fünfter ist.

Er fiel durch den Sieg von Teamkollege und Red-Bull-Rivale Alex Albon in der Meisterschaft auch hinter den Thailänder zurück. Und zog sich den Unmut vieler Rivalen zu.

Qualifying-Blackout schon am Sonntagmorgen

Gerade aus dem Abt-Lager gab es heftige Anschuldigungen: "Lawson verliert gerade wirklich den Verstand. Ich weiß nicht, was er raucht!", meinte der sonst so besonnene Mike Rockenfeller, nachdem der AF-Corse-Pilot ihn und seinen Abt-Teamkollegen van der Linde abgeschossen hatte.

Der Ärger ist verständlich, denn es war nicht die erste übermotivierte Aktion des Youngsters an jenem Tag. Schon im verregneten Qualifying lieferte Lawson ein völlig unnötiges Manöver, als er sich beim Kampf um die Position auf der Strecke für eine schnelle Runde ausgangs der Mercedes-Arena innen an Kelvin van der Linde vorbeipressen wollte und diesen dabei abschoss.

Damit hätte Lawson nicht nur das Qualifying des Abt-Rivalen, sondern auch sein eigenes vorzeitig beenden können. Und wäre von ganz hinten gestartet. Agiert so ein Pilot, der um den Titel fährt?

"Leider scheint der Ferrari keine Spiegel zu besitzen"

Im Rennen packte er dann erneut die Brechstange aus: In der ersten Runde drückte er Philip Ellis in der Bilstein-Kurve ins Kies, wodurch beim Winward-Mercedes die Teile flogen. "Leider scheint der Ferrari keine Spiegel zu besitzen", wunderte sich der Schweizer.

Da schien sich die enorme Aggressivität für Lawson noch auszuzahlen, denn nach dem Start von Platz elf war er rasch Vierter. Aber nachdem ihm Titelrivale Maximilian Götz nach dem Pflichtboxenstopp im Duell den Reifen aufschlitzte und Lawson ans Ende des Feldes zurückfiel, wollte er sein Glück erzwingen.

Bei seinem umstrittenen Manöver in der NGK-Schikane crashte er zum zweiten Mal am selben Tag mit Kelvin van der Linde und riss er beide Abt-Piloten aus dem Rennen. Nächster Reifenschaden, Durchfahrtsstrafe - Feierabend!

 

Interessant ist, dass es keineswegs neu ist, dass Lawson in Zweikämpfen übers Ziel hinausschießt. Schon beim DTM-Sonntagsrennen in Monza wollte der AF-Corse-Ferrari-Pilot trotz der 25 Kilogramm Erfolgsballast nur ja nicht zurückstecken, weshalb er sich im Duell mit Lamborghini-Pilot Esteban Muth drehte und aus den Punkten fiel.

Marko braucht keinen Hitzkopf bei Red Bull

Und auch in der Formel 2, in der der "Kiwi" dieses Jahr ebenfalls startet und wie in der DTM sensationell sein erstes Rennen in der neuen Serie gewann, knallte er im zweiten Bahrain-Rennen Felipe Drugovich die Tür zu und schied nach der Kollision aus. "Ein unnötiger Fehler", knurrte sein Chef Helmut Marko.

Genau diese Hitzköpfigkeit ist es, die Lawson unbedingt abstellen muss, will er je ein wirklich erfolgreicher Rennfahrer werden. Und die ihm auch im Kampf um ein Formel-1-Cockpit zum Verhängnis werden könnte, denn Helmut Marko braucht neben Superstar Max Verstappen verlässliche Piloten.

Doch Lawson bewegt sich zu oft auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Das weiß auch Timo Rumpfkeil, der Lawson 2019 in dessen erster Red-Bull-Saison in der Euro-Formula-Open-Serie mit seinem Motopark-Team betreute.

2019 zwei Crashes mit Teamkollegen im Kampf um Sieg

"Er hat einen brutalen Grundspeed, aber er war ein bisschen fehleranfällig in Rennsituationen, hat ein paar überhitzte Manöver gemacht", hat mir der Teamchef, der schon mit späteren Formel-1-Stars wie Max Verstappen und Valtteri Bottas arbeitete, vor einigen Wochen erzählt.

So schoss er 2019 beim Klassiker in Pau seinen führenden Motopark-Teamkollegen Julian Hanses im Kampf um den Sieg ab. Und im gleichen Jahr kollidierte er in der European Formula Open mehrmals mit seinem Teamkollegen, einem gewissen Yuki Tsunoda.

In Spa-Francorchamps attackierte Lawson den führenden Japaner, ehe es krachte. "Liam war damals der Auslöser, aber auch Yuki hätte es verhindern können, wenn er einen halben Meter mehr Platz gelassen hätte", beschreibt Rumpfkeil den Zwischenfall. 

Kaum einer hat so viel Talent wie Lawson

Was man dabei herausliest? Lawson will zu viel, ist zu verbissen, zu wenig gelassen. Wenn er sich nur ein bisschen zurücknimmt, dann hätte er immer noch einen Vorteil gegenüber vielen Piloten, die im Zweikampf nicht so flink sind wie er. "Liams größte Stärke ist neben seinem Grundspeed die Fähigkeit zu überholen", bestätigt Rumpfkeil. "Da ist er teilweise schon richtig Premium - wie er Positionen holt auf der Strecke."

Und sein enormes Talent ist sowieso unbestritten. Das beweist die Tatsache, dass er kaum Anlaufzeit braucht: Lawson war nicht nur der erst achte Pilot der DTM-Geschichte, der sein erstes Rennen gewann, wodurch er sich zum jüngsten DTM-Sieger krönte. Ihm gelang dieses Kunststück davor bereits in acht anderen Serien.

Jetzt muss sich Lawson auf diese Stärken besinnen, denn das Problem liegt wie so oft im Kopf. Das weiß der Youngster, weshalb er mit dem Ex-Rennfahrer Enzo Mucci einen eigenen Coach engagiert hat, der sich vor allem um die mentale Seite kümmert.

Heiße Phase im Kampf um Formel-1-Chance

Der Brite hat bei Gravity bereits mit Leuten wie Esteban Ocon, Romain Grosjean oder Marco Wittmann gearbeitet und betreibt mit seinem Schützling nach jedem Rennwochenende eine intensive Fehleranalyse.

Die könnte diesmal etwas länger ausfallen - und durchaus schmerzhaft werden. Dafür hat Lawson schon diese Woche die Möglichkeit, ein mentales Reset zu machen. Denn sein AF-Corse-Team testet am Dienstag und am Mittwoch in Spielberg, wo in zwei Wochen das Heimrennen seines Förderers steigt.

Dort ist eine besonnene, clevere Fahrt Pflicht. Denn nur so kann er sich neben Stammfahrer Tsunoda, der ebenfalls fehleranfällig ist und gerne übers Ziel hinausschießt, im Kampf um das AlphaTauri-Formel-1-Cockpit für 2022 in die Poleposition schieben - oder im Fall eines unerwarteten Abgangs von Pierre Gasly zuschlagen. Solange es ihm gelingt, in der Formel 2 die nötigen Punkte für die Superlizenz zu holen.

Sven Haidinger

Mit Bildmaterial von Red Bull.

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