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Interview

Rene Binder: "Wir verschwenden in Europa zu viel Geld"

Der österreichische Rennfahrer Rene Binder zieht nach seiner ersten Langstrecken-Saison Bilanz und kritisiert Fehlentwicklungen im internationalen Motorsport

In seiner ersten Langstrecken-Saison hat der österreichische Rennfahrer Rene Binder einige der schönsten Strecken der Welt kennengelernt, Licht und Schatten erlebt - aber auch einen Stimmungswandel im Motorsport, der für ihn in Europa viel deutlicher zu spüren war als in den USA.

Frage: "Rene, 2019 war auch für Sie ein sehr ereignisreiches Jahr. Gibt es für Sie einen Satz, mit dem Sie die Saison noch einmal mit all ihren Höhen und Tiefen zusammenfassen können?"

Rene Binder: "Wir haben einige technisch bedingte Rückschläge einstecken müssen, aber auch Rennen erlebt, die meine positiven Erwartungen noch bei weitem übertroffen haben: die 24 Stunden von Daytona, das 12-Stunden-Rennen von Sebring, das Petit Le Mans in Road Atlanta oder die 24 Stunden von Le Mans. Das sind alles Mega-Events, die einem zeigen, dass unsere Motorsportwelt da und dort schon noch in Ordnung ist."

Frage: "Auf Ihren letzten Satz kommen wir gleich noch einmal zurück. Sie haben zumindest überall die Zielflagge gesehen und sich fünfmal in den Top 8 platziert. Welches Rennen war das schwierigste für Sie?"

Binder: "Daytona war in diesem Jahr besonders anspruchsvoll, weil es extrem geregnet hat und auch reihenweise Autos in Unfälle verwickelt waren. Dass mich Juncos Racing dort ausgerechnet in der schwierigsten Phase über mehrere Stunden im Auto behalten hat, war schon ein echter Vertrauensbeweis."

"Sebring und Road Atlanta sind sehr spezielle Rennstrecken, und in Le Mans macht es einfach das Fahren mit extrem wenig Downforce aus. Das absolute Highlight war für mich aber Road Atlanta. Eine absolute Fahrerstrecke, auf der wir bis zu unserem Problem an der Servolenkung relativ sicher auf dem dritten Platz gefahren sind. Insgesamt war 2019 ein Lernjahr für mich, und im kommenden Jahr werde ich dann überall noch etwas näher ans Limit gehen."

Rene Binder

Le Mans, Daytona & Co.: Binder war bei den größten Sportwagen-Rennen dabei

Foto: Photo MPS Agency

Binders Stärken passen gut auf die Langstrecke

Frage: "Sie kommen aus dem Formelsport. Wie sehr hat sich Ihre Arbeitsweise seit dem Umstieg auf die Langstrecke geändert?"

Binder: "Nicht dramatisch. Ich war nie ein Fahrer, der versucht hat, ein Rennen in der ersten Kurve zu entscheiden. Ganz im Gegenteil: Mein Ansatz war schon immer, sich ein Rennen einzuteilen, die Reifen zu schonen, um hinten raus noch Reserven zu haben. Das versuche auch in der Abstimmungsarbeit immer wieder miteinzubringen. Wobei man natürlich immer einen Kompromiss zwischen drei Fahrern finden muss."

Frage: "Der Materialaspekt steht in Rennserien, in denen mit unterschiedlichen Chassis, Reifen und in den USA auch mit unterschiedlichen Motoren gefahren wird, natürlich noch mehr im Vordergrund. Macht das den besonderen Reiz des Prototypen-Sports aus?"

Binder: "Wenn man das richtige Paket zur Verfügung hat, dann ja (lacht; Anm. d. Red.)!"

"Wenn man aber von vornherein ein technisch bedingtes Handicap zu tragen hat, schaut's anders aus. Dann ist es bei schon vorgekommen, dass ich mir die IndyCar-Serie oder die World-Series zurückwünscht habe, wo die Autos doch sehr ähnlich sind. Solange man als Fahrer noch einen Unterschied ausmachen kann, ist alles okay."

Frage: "Sie haben vorhin gemeint, dass die Motorsportwelt da und dort noch in Ordnung sei. Wo ist sie denn aus Ihrer Sicht nicht mehr in Ordnung?"

Binder: "Man muss mit Kritik ja sehr vorsichtig sein, aber lass es mich einmal positiv formulieren: Das, was ich in den letzten zwei Jahren gefahren bin, war Motorsport 'back to the Roots', das heißt laut, schnell, spektakulär und mit einer Riesenparty für die Zuschauer. Die Atmosphäre in Le Mans, Sebring oder Road Atlanta ist einzigartig, das muss man einmal erlebt haben."

Olivier Panis, Rene Binder

Rene Binder im Gespräch mit seinem ELMS-Teamchef Olivier Panis

Foto: Photo ENIK

"Dürfen die DNA nicht aus den Augen verlieren"

"Es ist ein offenes Geheimnis, dass diese traditionelle Form des Motorsports in Europa nicht mehr unterstützt wird, was ich sehr schade finde. Ich bin auch sehr offen und interessiert an neuen Trends, aber ich finde, wir dürfen die DNA des Motorsports nicht aus den Augen verlieren. Außerdem verschwenden wir in Europa viel zu viel Geld."

Frage: "Wie denkt ein Rene Binder über die Elektrifizierung des Motorsports?"

Binder: "Ich finde, die Formel E ist eine Rennserie der Zukunft, aber die Autos sollten aus meiner Sicht doch deutlich schneller sein. Man muss es bei uns in Europa insgesamt wieder schaffen, die echten Rennsportfans zu überzeugen, ohne dass Serien künstlich gehypt und andere abgedreht werden."

"In den USA stehen immer die Fans und der sportliche Wettbewerb im Mittelpunkt. Und selbst die superreichen Rennstallbesitzer haben nichts dagegen, wenn kleine Privatteams da und dort um den Sieg mitmischen. Das wäre bei uns völlig undenkbar. Da wird eine Materialschlacht betrieben, dass man oft nur mehr den Kopf schütteln kann. Ich finde es übrigens gut, dass die WEC hier künftig einen anderen Weg gehen möchte."

Rene Binder

Beim Skifahren in den Tiroler Bergen tankt Rene Binder Kraft für die neue Saison

Foto: Photo ENIK

Binder: WEC-Hypercars könnten eine gute Sache sein

Frage: "Die Langstrecken-WM WEC will mit ihren neuen Hypercars tatsächlich an der Stellschraube drehen und Kosten reduzieren, nachdem die LMP1-Klasse ja mehr oder minder in eine Sackgasse geraten ist. Sehen Sie dort eine echte Perspektive für sich?"

Binder: "Im Moment bin ich in der European Le-Mans-Serie gut aufgehoben und hoffe, dass ich 2020 auch wieder den einen oder anderen Klassiker in Amerika bestreiten kann. Mittelfristig wäre die WEC, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, aber durchaus ein Thema für mich."

Frage: "Sie sind im September Vater geworden. Inwieweit hat der kleine Niklas Ihr Leben, vor allem Ihr Rennfahrerleben, verändert?"

Binder: "Die Familie und die Gesundheit stehen natürlich immer über allem, deshalb war das sicher unser absolutes Jahres-Highlight, gar keine Frage. Der Motorsport und vor allem der Ärger über technische Probleme, die mich zeitweise genervt haben, werden da plötzlich ganz, ganz unwichtig. Und genau so soll es auch sein."

Frage: "Der Winter daheim in den Tiroler Bergen bietet Ihnen die besten Möglichkeiten, um wieder den nötigen Abstand zu gewinnen. Wie viele Skitage beziehungsweise wie viel Abstinenz vom Rennwagen braucht es bei Ihnen, bis die volle Motivation wieder da ist?"

Binder: "Die Motivation fürs Rennfahren geht eigentlich nie wirklich verloren. Ich war vor ein paar Tagen Kartfahren in Lonato am Gardasee. Das ist für mich, wie für viele andere Rennfahrer, immer wieder das perfekte Ersatzprogramm, um die Reflexe in Schuss zu halten."

"Nicht umsonst laufen einem dort auch immer wieder Formel-1-Fahrer über den Weg. Und das Skifahren ist für mich eben auch ein wichtiger Ausgleich. Es ist natürlich ein Traum, dass wir hier diese tollen Skigebiete vor der Haustür haben."

Mit Bildmaterial von Photo ENIK.

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