24 Rennen in acht Monaten: So schwierig ist das Kalenderpuzzle in der Formel 1
Die Formel 1 muss 24 Rennwochenenden in acht Monaten unterbringen - Viele Faktoren beeinflussen die Entscheidung, wann und wo gefahren wird
Die Formel 1 und der Kalender: eine Mammutaufgabe
Foto: LAT Images
Jedes Jahr steht die Formel 1 vor der Aufgabe, einen Kalender mit 24 Rennen in acht Monaten zusammenzustellen. Viele Faktoren beeinflussen die Entscheidung, welches Rennen wann im Jahr stattfindet. Neben der Nachhaltigkeit sind auch klimatische Bedingungen, Konkurrenzveranstaltungen und andere wirtschaftliche Faktoren wichtig, um den richtigen Slot für die Austragungsorte zu finden. So setzt die Formel 1 ein sehr komplexes Puzzle zusammen.
Die Länder stehen Schlange, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen, und so gibt es viele weitere Interessenten, die einen Grand Prix ausrichten wollen. Die jüngsten Neuzugänge sind Miami, Las Vegas und Katar. 2026 folgt ein Stadtkurs in Madrid. Möglicherweise wächst der Kalender sogar auf 25 Rennen an, was die Teams an ihre Grenzen bringen würde.
2022 waren es 22 Rennen, als Australien, Kanada, Japan und Singapur nach der Coronavirus-Pandemie zurückkehrten. Durch die Aufteilung kam es zu einem harten Double-Header in Baku und Montreal. Zudem mussten die Teams tausende Kilometer zu den Rennen in Melbourne und Miami zurücklegen, um die Saison mit sechs Rennen in acht Wochen bis zum 20. November abzuschließen.
Auch die Jahre 2023 und 2024 hatten und haben ihre Herausforderungen. Immer wieder müssen die Teams innerhalb eines sinnvollen Blocks um die halbe Welt reisen. Zudem sind Triple-Header die Regel, die die Teams voll auslasten. Doch wie lässt sich der Kalender besser gestalten?
Das sind die Puzzleteile
Die 24 Rennen sind nicht verhandelbar, auch wenn die Formel 1 bis 2023 Netto-Null-Emissionen erreichen will. Deshalb muss die Logistik so angepasst werden, dass für die Rennen effizient transportiert und organisiert werden kann. Auch der Personaleinsatz muss optimal geplant werden. Es ist sinnvoll, Rennen in einer Region zu einem Block zusammenzufassen, aber auch das ist nicht immer einfach.
Viele Rennstrecken haben mittel- und langfristige Verträge mit der Formel 1, und es ist nicht einfach, die ausgehandelten Zeitfenster zu ändern. Weitere Faktoren, die eine Rolle spielen, sind die klimatischen Bedingungen einer Region, religiöse und lokale Feiertage und die Terminwünsche der Veranstalter. Diese Faktoren werden oft unterschätzt. So kann in bestimmten Regionen nur im europäischen Sommer oder aber im Herbst oder Frühjahr gefahren werden.
Wenn Verträge neu verhandelt werden, hat die Formel 1 die Möglichkeit, die Slots neu zu vergeben. Diese Aufgabe übernimmt Formel-1-Direktorin Louise Young, die für die Vermarktung der Rennen zuständig ist. Young hat diese Aufgabe vor einem Jahr von Chloe Targett-Adams übernommen. Sie verhandelt mit bestehenden Partnern und potenziellen neuen Rennstrecken.
"Das ideale Szenario wäre, volle Flexibilität bei den Verträgen zu haben, aber es gibt viele praktische Fragen", sagt sie gegenüber Motorsport.com
. "Wenn neue Strecken hinzukommen, schauen wir uns die Wetterbedingungen an, zum Beispiel meiden wir die Hitzeperioden im Nahen Osten. Das gilt auch für andere Teile der Welt. Hinzu kommen religiöse Feiertage, nationale Feiertage, Politik und andere Faktoren."
Laut Young hat es bereits erste Änderungen gegeben, so wurde der belgische Termin von August auf Juli verlegt. "Für einige Strecken ist es einfacher zu reagieren, wenn sie das ganze Jahr über Veranstaltungen haben und wir die größte des Jahres sind", erklärt sie. Der bereits angekündigte Kalender für die Saison 2025 zeigt, wohin die Reise für die Formel 1 geht.
Es wird versucht, die Flugreisen zu verkürzen und unnötige Wege über vier Kontinente einzusparen. Auch die Fracht kann so wesentlich effizienter von A nach B gebracht werden. Auch Japan wurde bereits verlegt: von Oktober auf April, um mit dem China-Rennen gekoppelt zu werden. "Das war eine große Bitte und eine große Veränderung für Japan, weil es dann zwei Veranstaltungen innerhalb von sieben Monaten gab", sagt Young.
"Das war eine der wichtigsten Änderungen, die in den vergangenen zwei Jahren vorgenommen wurden", sagteYoung. "Der Effekt am Ende war die Verbindung der Veranstaltungen in Baku und Singapur. Dadurch hat sich eine Dynamik raus aus Europas entwickelt. Diese beiden Veränderungen haben uns viel gespart." Eine Idee ist noch, Miami und Montreal zu koppeln, denn bisher sind das noch Einzelveranstaltungen. Für Young wäre das "ein Traum".
Triple-Header unvermeidlich?
Aufeinanderfolgende Rennwochenenden sind eine Lösung, um die Reise- und Logistikkosten zu reduzieren. Die weniger beliebten Triple-Header sollten eigentlich nur eine Notlösung in der Pandemie sein, doch sie sind nicht mehr wegzudenken. Die Saison 2024 endet mit zwei harten Triple-Headern: Austin, Mexiko und Brasilien, gefolgt von Las Vegas, Katar und Abu Dhabi. Zu Beginn der Saison gab es den Triple-Header in Japan, Bahrain und Saudi-Arabien.
Muss man das in Kauf nehmen, damit die Formel 1 24 Rennen pro Jahr austragen kann? "Der Kalender ist im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie gewachsen", sagt Young. "Es ist ganz natürlich, dass sich da alles zusammendrängt." Laut Young wollen die Teams auch die Pause im August beibehalten. Auch im Januar soll es keine Rennen geben, um eine Pause zwischen den Saisons zu gewährleisten.
Young betont aber: "Wir haben im Moment die richtige Balance für den Wettbewerb und die Fans, vor allem wenn man sieht, welche Nachfrage wir aus anderen Ländern haben, die dabei sein wollen." Doch seit der Übernahme der Formel 1 durch Liberty Media haben nicht nur die Rennwochenenden zugenommen, sondern auch die Aktivitäten rund um den Grand Prix.
Den Puristen gefällt diese Entwicklung nicht immer, doch der Boom der Formel 1 auch außerhalb der Motorsportwelt gibt Liberty Media Recht: So lassen sich neue Fans generieren. Die Rennwochenenden haben sich zu regelrechten Festivals mit Musik und Unterhaltung entwickelt, die das ganze Wochenende über Highlights bieten und damit eine breitere Bevölkerungsschicht ansprechen.
Spa: Eine Tradition in der Formel 1, die geschützt werden muss?
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Damit haben die neuen Veranstaltungen neue Maßstäbe gesetzt, denn die traditionellen Veranstaltungen, vor allem in Europa, haben nicht so schnell nachgezogen. Es gibt Glamour-Events wie in Las Vegas, aber im Vergleich dazu die traditionellen Rennen in Spa oder Silverstone. Young zitiert den ehemaligen Formel-1-Geschäftsführer Chase Carey: "Wenn die Flut steigt, steigen auch die Boote."
Mit anderen Worten: Auch die Traditionsrennstrecken setzen alles daran, ihre Veranstaltungen für ein neues Publikum attraktiv zu machen. "Unsere Promoter verstehen das, der Sport funktioniert gut", sagt Young. "So können alle mehr investieren, um ein größeres Spektakel zu schaffen und mehr Fans an die Strecke zu locken."
Beispiele dafür sind laut Young Singapur und Silverstone, wo es viel mehr Unterhaltung abseits der Strecke gibt als früher. "Es gibt Konzerte am Abend. Das war nicht das schwierigste Gespräch mit den Promotern, denn sie sind unsere besten Verkäufer auf dem Markt", sagt Young.
Welche Events will die Formel 1 noch gewinnen?
Thailand, Südamerika und Ruanda sind im Gespräch. Formel-1-Fans befürchten, dass dafür die traditionellen Rennen in Europa geopfert werden. "Der Kalender 2025 ist eine gute Mischung aus Tradition und Neuem. Wir denken darüber nach, was unsere Fans schätzen, was das Herz unseres Sports ist", sagt Young. "Wir glauben, dass es immer einen Platz für unsere traditionellen Strecken geben wird.
Ob das klappt, steht in den Sternen. Italien hat mit Imola und Monza zwei Strecken. Es ist unwahrscheinlich, dass das Land beide Grands Prix halten kann. Auch eine Rotation zwischen Spa und Zandvoort ist nicht vom Tisch. Alle vier Verträge mit der Formel 1 enden am Ende der Saison 2025. Auch Barcelona steht auf der Kippe, da ab 2026 Madrid kommt.
"Ja, einige europäische Rennen müssen verlängert werden und es gibt Spannungen", sagt Young. "Es gibt Situationen, in denen eine Rotation Sinn machen würde. Es gibt mehrere Faktoren, die in die Verlängerungsstrategie einfließen. Was bietet die Strecke an Action und welche Tradition hat sie?"
Weitere Aspekte sind: Welchen Service bieten die Veranstalter den Fans? Werden die Kennzahlen erreicht? Können sie auch mit einer größeren Kapazität mehr Fans aufnehmen? Um neuen Ländern eine Chance zu geben, könnte daher ein Rotationssystem sinnvoll sein. "Es kommt auf den Einzelfall an", sagt Young. "Haben sie mehrere Veranstaltungen im Jahr oder ist die Formel 1 das einzige Event, das sie promoten?"
Im zweiten Fall sei es für die Rennstrecken schwieriger, ihre Mitarbeiter das ganze Jahr über zu halten. "Es ist also eine individuelle Diskussion, ob ein Rotationsmodell Sinn macht", sagt Young, die neue Deals abschließen und gleichzeitig mit den traditionellen Rennstrecken weitermachen will. Auch Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle, auch hier müssen die Strecken mitziehen.
Ein weiterer Faktor: das Internet. Es gebe Strecken, so Young, die nicht die Möglichkeit hätten, 10.000 Menschen an der Strecke die Möglichkeit zu bieten, die Live-Übertragung in Echtzeit auf dem Handy zu sehen. Dafür fehlt die digitale Infrastruktur. Die Formel 1 legt aber großen Wert auf diesen Faktor.
Auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Öffentlicher Nahverkehr, Catering, Schattenplätze und Wasserversorgung. All das muss stimmen, damit eine Open-Air-Veranstaltung ein Erfolg wird. "Wir schauen uns jedes Jahr an, welche kleinen Veränderungen machbar sind", sagt Young. Die Formel 1 ist immer auf der Suche nach Möglichkeiten, das Erlebnis an der Rennstrecke zu verbessern.Diese Story teilen oder speichern
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