75 Millionen Dollar: FE-Boss Agag rät F1 zu massivem Budgetdeckel für Teams
Alejandro Agag, Vorsitzender der Formel E, findet, dass die Formel 1 die Coronakrise zum Anlass für eine radikaler als angedachte Budgetobergrenze nehmen sollte
Der Automobil-Weltverband (FIA) und die Formel-1-Teams wollen noch in dieser Woche darüber beraten, die zulässigen Ausgaben pro Team und Saison künftig auf möglicherweise 150 Millionen US-Dollar zu beschränken. Formel-E-Boss Alejandro Agag allerdings glaubt, dass es in Zeiten der weltweiten Coronakrise einen noch dramatischeren Schritt braucht. Er rät zu einem Budgetdeckel in Höhe von 75 Millionen US-Dollar.
"Generell könnte das für den Motorsport eine Chance sein. Und speziell für die Formel 1 könnte es eine riesige Chance sein, das komplette Modell umzustrukturieren", sagt Agag, im exklusiven Gespräch mit 'Motorsport.com' im Rahmen unserer Interviewreihe #thinkingforward, auf die Coronavirus-Pandemie verweisend.
"Vielleicht ist es eine Gelegenheit für all die Teams, die Einnahmen in gleicher Höhe zu teilen. Ich höre auch von Budgetobergrenzen in Höhe von 125 Millionen Dollar und so etwas in der Art. Warum dann nicht eine Kostenobergrenze von 75 Millionen Dollar, um es für alle wirklich profitabel zu machen?", so Agag.
Nicht nur wegen Corona: Warum jetzt die Gelegenheit ist
Seine Sichtweise begründet der Gründer und aktuelle Vorsitzende der Elektrorennserie Formel E damit, dass sich in der Formel 1 nicht nur aufgrund der Coronakrise gerade jetzt die Chance für einschneidende Maßnahmen bietet. Schließlich muss im Grand-Prix-Sport für 2021 ohnehin über ein neues Concorde-Agreement (oder eine ähnliche Vereinbarung zur Geldverteilung) verhandelt werden.
"Vielleicht ist es gut, dass das Concorde-Agreement noch nicht unterzeichnet wurde. Denn sie enthielt all die ursprünglichen Dinge, die für die Formel 1 eine Art Belastung darstellen, da einige Teams so viel und einige Teams so wenig verdienen", sagt Agag und mahnt: "Das Ungleichgewicht im Concorde-Agreement ist enorm. Vielleicht bietet sich jetzt eine Gelegenheit, das gesamte System völlig umzukrempeln."
Erst vor wenigen Tagen hat FIA-Präsident Jean Todt im Exklusiv-Interview mit 'Motorsport.com' deutlich gemacht, dass er sich der Notwendigkeit einer Kostenreduzierung bewusst ist. So bezeichnete er Budgetobergrenzen, die für Topteams pro Saison bei 300 Millionen US-Dollar angesiedelt sind, als "noch immer verrückt".
Für Agag ist einer der zentralen Punkten, den es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen gelte, der große Unterschied zwischen den großen und den kleinen Teams in der Formel 1: "Ich finde nicht, dass es normal ist, dass Teams, die im selben Rennen gegeneinander antreten, komplett unterschiedliche Geldbeträge einstreichen."
"Und wenn die Leute nicht realisieren, dass die Welt nach dem Coronavirus eine andere sein wird, dann begehen sie einen großen Fehler", so der Formel-E-Vorsitzende weiter. "Die Chance [für einen neuen Deal] ist da und man muss sie ergreifen."
Agag: Formel E und Co. frühestens an zweiter Stelle am Zug
Sich selbst und die Formel E sieht Agag in diesem Zusammenhang frühestens an zweiter Stelle am Zug. "Wir sind nicht Teil davon. Wir werden unseren kleinen neuen Deal im Anschluss schnüren", sagt er und gibt zu, dass er in die Formel-1-Diskussionen kaum involviert ist.
"Ich bin nicht in der Formel 1, geschweige denn, dass ich sie leiten würde. Sie wird von äußert fähigen Leuten geführt und ich bin mir sicher, dass sie [Chase Carey und Co.] über all diese Dinge nachdenken", so Agag.
"Ich jedenfalls würde diese Gelegenheit nutzen für eine umfängliche Korrektur der Geschäftsprinzipien in der Formel 1. Es könnte daher eine sehr interessante Chance sein", meint der Formel-E-Vorsitzende abschließend aus seiner Sicht.
Bleibt die Frage, ob diese Ansicht insbesondere von den Formel-1-Teams geteilt wird ...
Weitere Co-Autoren: Mario Fritzsche. Mit Bildmaterial von LAT.
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