"Absolute Sauerei": Toto Wolff tobt über "peinliche" Rennleitung
Toto Wolff ist nach dem Formel-1-Rennen in Brasilien nicht gut auf die Rennleitung zu sprechen: Dass es für Verstappen in Kurve 4 keine Strafe gab, hält er für "peinlich"
Trotz des überragenden Sieges von Lewis Hamilton in Brasilien brodelte es in Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen mächtig. Der Österreicher war aufgrund der Disqualifikation von Hamilton im Qualifying ohnehin schon schlecht auf die Rennleitung zu sprechen, doch die Szene zwischen dem Briten und WM-Rivale Max Verstappen in Runde 48 setzte dem Ganzen für ihn die Krone auf.
Denn dass der Niederländer für sein Abdrängmanöver keine Strafe bekam und noch nicht einmal eine Untersuchung eingeleitet wurde, macht ihn fassungslos. "Absolute Sauerei" nennt er gegenüber 'Sky' das, was die Rennleitung dort seiner Meinung nach gemacht hat.
Hamilton wollte mit DRS-Überschuss vor Kurve 4 außen vorbeiziehen und lag sogar schon leicht vorne. Doch Verstappen hielt gnadenlos dagegen und kam dabei von der Strecke ab. Um keine Kollision mit dem Red Bull zu haben, fuhr Hamilton auf der Außenbahn ebenfalls mit in die Auslaufzone und sortierte sich hinter Verstappen wieder ein.
Red Bull hatte noch versucht, bei FIA-Rennleiter Michael Masi auf das Credo "let them race" zu plädieren, doch Mercedes war sich sicher: Das muss eine Strafe geben! Stichwort: "Forcing another car off track". Zwar wurde schnell eingeblendet, dass die FIA den Vorfall notiert habe, doch untersucht wurde die Szene offiziell nicht.
"Natürlich", sagte Hamilton, als er von seiner Crew mitgeteilt bekam, dass es keine Strafe geben würde, doch wenig später schnappte er sich die Führung an gleicher Stelle und gewann schließlich das Rennen. Daher möchte er hinterher auch nicht so sehr auf der Szene herumreiten.
"Ich glaube, ich war zunächst vorne, aber er hat dagegengehalten. Und dann ist uns beiden die Strecke ausgegangen. Beziehungsweise ist ihm die Strecke ausgegangen, und ich musste ausweichen", beschreibt er und sieht kein Problem: "Es ist ein harter Kampf, und ich erwarte nichts anderes. Wir haben uns nicht berührt, das ist gut."
Red Bull betont unisono: Manöver war "fair"
Auch Verstappen beschreibt die Szene aus seiner Sicht als "fair". Beide hätten versucht, als Erster in die Kurve zu fahren, und er habe einfach spät gebremst, weil er seine Position behaupten wollte. "Die Reifen waren schon etwas abgefahren, von daher war der Grip schon an der Grenze. Ich war schon nicht ganz am Scheitelpunkt, und dann ist es etwas sicherer, etwas weiter nach außen zu kommen", sagt er.
"Ich war natürlich froh, dass die Rennkommissare entschieden haben, dass wir einfach weiterfahren sollen", so Verstappen.
Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner stellt sich natürlich auf die Seite seines Piloten und sagt, dass eine Bestrafung "wirklich unfair" gewesen wäre, da beide von der Strecke gefahren sind. "Es gab keinen Vorteil und keine Berührung. Es war einfach hartes Racing, und die Kommissare haben die richtige Entscheidung getroffen", betont er.
Natürlich darf man sich dabei immer die Frage stellen, wie Horner reagiert hätte, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären. "Dann hätte ich meinen Sportdirektor darüber schimpfen lassen, aber ich hätte nichts erwartet", lacht er.
"Max fährt hart, und Lewis genauso. Die beiden fahren um die Weltmeisterschaft, von daher ist es natürlich hart, aber ich denke, es war fair. Es gab keine Berührung und die beiden haben das ein paar Runden später neu ausgetragen." Dann mit dem besseren Ende für Hamilton.
Wolff mit Geste in Richtung Rennleitung
Das gelungene Manöver des Mercedes-Piloten wenig später war für Wolff eine sichtbare Genugtuung. Der Österreicher zeigte eine offensive Geste in die Kamera, die an die Rennleitung gerichtet war, wie er nach dem Rennen zugibt.
Max Verstappen selbst macht er für das Manöver aber keinen Vorwurf: "Er fährt wirklich sensationell mit dem Messer zwischen den Zähnen", lobt er. "Aber wenn du es machst, musst du halt mit einer Fünf-Sekunden-Strafe rechnen", so Wolff, der das okay findet, "wenn du die Konsequenzen nimmst."
Dass diese in Sao Paulo aber nicht kam, nimmt er der Rennleitung nach allen anderen Vorkommnissen übel: "Das abzutun als racing incident und das dann unter den Teppich zu wischen, ist eigentlich peinlich für die Rennleitung", teilt er aus.
Es ist klar: Wolff fühlt sich absolut benachteiligt. "Das ganze Wochenende wurden uns Sachen an den Kopf geworfen", ärgert er sich. Vor allem die Disqualifikation für den um 0,2 Millimeter zu großen Abstand beim Heckflügel, "während munter an Max' Auto herumgeschraubt wird vor dem Rennen", stößt ihm sauer auf.
Wolff: "Irgendwo gibt es eine Grenze!"
Die Szene im Rennen war dann das i-Tüpfelchen. Denn man darf nicht vergessen: Zwar hat Hamilton das Rennen am Ende gewonnen, doch mit einer Fünf-Sekunden-Strafe für Verstappen wäre Valtteri Bottas am Ende Zweiter geworden und hätte dem Red-Bull-Piloten noch einmal drei Punkte abgenommen.
Ähnlich deutet es auch Hamilton selbst an: "Ich wusste, dass die Entscheidung so ausfallen würde, egal ob sie falsch oder richtig ist", sagt er über die fehlende Strafe gegen Verstappen.
Allerdings lässt er dabei offen, ob er Mercedes im Nachteil sieht oder sich einfach sicher war, dass die Rennleitung den Kampf nicht zerstören wollte. "Aber ich habe mich davon nicht verunsichern lassen", betont er weiter. "Ich bin einfach weitergefahren."
Dafür war Toto Wolff von der Entscheidung deutlich angefasster. Er wirft den Kommissaren vor: "Es wird gegen uns geschossen."
Das will sich Wolff aber nicht gefallen lassen: "Das wird jetzt alles aufgearbeitet in den nächsten Tagen, denn das können wir nicht auf uns sitzen lassen", betont er. "Da werden Entscheidungen getroffen, die nicht nachvollziehbar sind." Ihm reicht es: "Irgendwo gibt es eine Grenze!"
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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