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Adrian Newey: Max Verstappen wird missverstanden

Der langjährige Red-Bull-Designer Adrian Newey glaubt, eine andere Seite von Max Verstappen zu kennen, die von der öffentlichen Wahrnehmung abweicht

Adrian Newey: Max Verstappen wird missverstanden

Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Max Verstappen

Foto: LAT Images

Wie tickt Max Verstappen wirklich? Viele Beobachter glauben eine Antwort auf diese Frage zu haben. Doch laut dem langjährigen Red-Bull-Designer Adrian Newey liegen viele falsch. Im Podcast High Performance

sagt er: "Ich glaube, Außenstehende verstehen Max nicht ganz. Ähnlich, wie es schon bei Sebastian [Vettel] der Fall war. Beide wurden manchmal irgendwie dämonisiert, und das ist sehr unfair."

Eine mögliche Ursache für das öffentliche Bild der beiden Red-Bull-Champions sieht Newey darin, wie Verstappen und Vettel von den Medien dargestellt wurden. Konkret: von den englischen Medien.

Newey meint: "Sky hat einen gewaltigen Einfluss rund um die Welt, aber seine Berichterstattung ist ziemlich nationalistisch ausgelegt, wenn ich das so sagen darf. Das kann einen Einfluss haben. Aber so ist das inzwischen im Journalismus: Es gibt einen gewissen Trend, dass man Leute auf ein Podest hebt oder sie zu Boden drückt." Näher ins Detail geht Newey an dieser Stelle nicht.

Dafür schildert der erfolgreichste Formel-1-Designer seine eigenen Eindrücke zu Verstappen: "Max ist Max. Er ist unheimlich reif, ausgewogen und gelassen. Ich halte ihn für sehr intelligent."

"Er hat außerdem eine unglaubliche Fähigkeit: Es wirkt, als fahre er das Auto automatisch. So ist es natürlich nicht, aber er hat beim Fahren noch so viel mentalen Spielraum, dass er sich über das Fahren Gedanken machen kann, über das Reifenschonen, über die Einstellungen. Und wenn er das nicht tut, kontaktiert er seinen Ingenieur per Funk und schildert die Probleme und fragt nach, was er tun soll."

Was Verstappen und Alonso so besonders macht

Verstappen besitze auch die Fähigkeit, ein Rennen "lesen" zu können, sagt Newey. "Das fasziniert mich noch immer. Fernando [Alonso] ist ein weiterer Fahrer, der das kann. Er und Max können ein Rennen lesen, obwohl ihnen nicht alle Fakten vorliegen. Wie sie das machen, das weiß ich nicht. Aber sie können es. Und das können nur die absolut Besten, weil sie viel mentale Kapazität in der Hinterhand haben."

Was im Umkehrschluss bedeutet: Nicht alle Formel-1-Fahrer agieren auf diesem Niveau. Newey will hier "keine Namen nennen", weil das aus seiner Sicht "nicht fair" wäre.

Er meint nur: "Man kann es recht einfach erkennen. Wenn du dir ein Formel-1-Rennen ansiehst und etwas im Thema drinsteckst, dann bemerkst du diejenigen, die am Limit sind. Das sind die Fahrer, die üblicherweise in Zwischenfälle verwickelt werden, weil sie keine Kapazität mehr frei haben über das reine Fahren hinaus. Sie kriegen eine Qualifying-Runde hin, ja, aber ich wäre völlig verblüfft, wenn jemand aus dieser Riege den Titel gewinnen würde."

Ist Max Verstappen arrogant?

Aber ist das auch das Selbstverständnis von Verstappen, den anderen Formel-1-Fahrern überlegen zu sein? Newey sagt: "Max ist enorm selbstsicher, aber auf positive Art und Weise, nicht negativ. Da gibt es einen Unterschied: Das eine ist Selbstsicherheit, das andere Arroganz. Max ist nicht arrogant, aber eben sehr selbstsicher und sehr selbstbewusst."

Verstappen sei darüber hinaus ein sehr nachdenklicher Mensch. Störgeräusche zum Beispiel aus den sozialen Netzwerken aber ließen ihn kalt, weil er "dergleichen nicht an sich heranlässt", sagt Newey. "Max kann das ausblenden und einfach seinen Job machen und das tun, was er am liebsten tut: Rennautos fahren."

Wann Verstappen mal nicht er selbst war

Er könne sich überhaupt nur an eine Situation erinnern, in der Verstappen sich selbst nicht ganz im Griff gehabt habe, betont Newey. Er verweist auf die Formel-1-Saison 2021 und den packenden Titelkampf zwischen Verstappen und Lewis Hamilton und konkret auf die Phase der Meisterschaft, "als es in der Gesamtwertung immer intensiver wurde, vor allem nach Silverstone", so Newey.

"Ich glaube, Max hat sich damals sehr aufgeregt über den Unfall in Silverstone. Er hatte die WM deutlich angeführt, dann aber kegelte ihn Lewis aus dem Rennen. Dann kam Ungarn und Valtteri [Bottas] kollidierte unabsichtlich mit ihm, sodass er dort praktisch keine Punkte holte."

"Gerade noch war er recht komfortabel vorne gewesen, dann aber gab es mehr Druck. Mercedes fand zum Jahresende auch noch mehr Pace in seinem Auto. Aber für den Jäger ist es immer einfacher als für den Gejagten. Ich glaube, Max hat da allmählich den Druck gespürt, wie es ist, der Gejagte zu sein."

Newey: In Brasilien 2021 war Verstappen "neben der Spur"

Das habe auf der Strecke zu strittigen Szenen geführt. Newey verweist auf das Brasilien-Manöver gegen Hamilton und meint, Verstappen habe damals "Glück [gehabt], keine Strafe zu kassieren".

Max Verstappen, Lewis Hamilton

Berühmte Szene: Max Verstappen verlässt den Ort seines Unfalls mit Hamilton in Monza 2021

Foto: Motorsport Images

"In Wahrheit war er in Brasilien wohl ein bisschen neben der Spur. Und wenn dann noch dein Teamkollege, den du immer geschlagen hast, plötzlich näherkommt, dann spürst du eben den Druck."

Newey hinterfragt Mercedes' Haltung zu 2021

Am Ende aber, nach dem umstrittenen Finalrennen in Abu Dhabi, stand Verstappen als Weltmeister fest. Und Mercedes fühlte sich durch die Rennleiter-Entscheidungen von Michael Masi um den WM-Titel gebracht. Das wiederum wirft Newey Mercedes vor.

Er sagt: "Ich glaube, Mercedes ist es zu Kopfe gestiegen. Man hätte es abhaken und weitermachen können, aber stattdessen hat es sie psychologisch beeinflusst. Das ist meine Einschätzung von außen und ich könnte damit völlig danebenliegen. Aber mein Eindruck war: Mercedes konnte es psychologisch nicht verdauen."

Newey wirbt grundsätzlich um Verständnis für eine schlechte Stimmung nach einer Niederlage. "Das geht uns ja allen so, wenn du mal ein Rennen hast, das du vielleicht hättest gewinnen sollen, aber dein Auto ist in der letzten Runde ausgerollt oder so. Damit habe ich persönlich immer ein Problem. Tatsächlich bin ich an einem solchen Sonntagabend ein unangenehmer Zeitgenosse."

Aus seiner Sicht sei aber entscheidend, dass man Dinge akzeptieren könne. "Ich jedenfalls wache am Montagmorgen wieder auf und bin wieder normal", sagt Newey. "Ich kann schlecht total niedergeschlagen ins Werk kommen. Denn meine Position bringt es auch mit sich, dass ich versuche, alle Mitarbeiter zu motivieren. Ich sollte nicht sagen, 'es war alles so unfair und man hat uns was gestohlen' oder so."
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