Alexander Wurz: So geheim waren seine Verhandlungen mit Ferrari
Der Österreicher Alexander Wurz war in den 1990er-Jahren Kandidat auf ein Ferrari-Cockpit in der Formel 1: Wie er davon erfuhr und warum nichts daraus geworden ist
Alexander Wurz war 1998 so etwas wie der Mann der Stunde in der Formel 1. Denn hinter den beiden Topteams McLaren und Ferrari war es oft der Benetton-Fahrer, der solide Punkte erzielte - und zur Saisonhälfte auf Position fünf der Fahrerwertung lag. Oder wie es Wurz im ORF selbst formuliert: Er sei damals "best of the rest" gewesen. Und so wurde Ferrari auf den Österreicher aufmerksam.
Für Wurz kam die Kontaktaufnahme durch den Traditionsrennstall aus Maranello überraschend, noch dazu aufgrund der hohen Geheimniskrämerei, die dabei betrieben wurde: "Ich habe einen Anruf bekommen von einem mir unbekannten Menschen. Er hat sich nicht bekanntgegeben", sagt Wurz.
Umso deutlicher aber waren die Anweisungen, die Wurz befolgen sollte: "Er meinte, ich soll auf eine Autobahn-Raststation fahren, dort mein Auto abstellen und in ein anderes Auto einsteigen." Wurz spielte mit. "Am Ende war ich bei Jean Todt in dessen Privatvilla." Und dann wurde es ernst.
Der damalige Ferrari-Teamchef Todt rückte alsbald raus mit der Sprache. "Er fragte: 'Wie schaut es mit deinem Vertrag aus? Wir haben großes Interesse [an dir], denn wir müssen uns verjüngen.'"
Wurz, damals 24 Jahre alt, hätte also entweder den damals 29-jährigen Michael Schumacher oder den damals 32-jährigen Eddie Irvine im Ferrari-Cockpit ersetzen können. Doch dazu kam es nicht.
Warum eigentlich nicht? So wird Wurz im ORF gefragt. Seine Antwort: "Weil ich [Jean Todt] gesagt habe, ich habe einen Benetton-Vertrag. Ich habe Flavio Briatore geglaubt."
Wurz bleibt bei Benetton, Ferrari holt Barrichello
Und so gingen Todt und Wurz ohne eine Einigung wieder auseinander und "dann hat es sich ein bisschen hinausgezogen", meint Wurz, der in der kompletten zweiten Saisonhälfte 1998 punktelos blieb. Das hatte Folgen: 1999 habe Todt "kein Interesse" mehr gehabt, "weil unsere Form abgefallen ist bei Benetton und auch bei mir", sagt Wurz. "Und das war es."
Ferrari hielt für 1999 an Schumacher und Irvine fest, Wurz blieb neben Giancarlo Fisichella bei Benetton. Zur Saison 2000 vollzog Ferrari den Generationswechsel im Cockpit und holte den dann 27-jährigen Rubens Barrichello als Teamkollege für Schumacher nach Maranello.
Wurz blieb bis einschließlich 2000 Benetton-Stammfahrer, konnte dort aber nicht mehr an seine Frühform aus der Saison 1998 anknüpfen und wechselte für 2001 als Test- und Ersatzfahrer zu McLaren, wo er 2005 ein Rennen als Vertretung absolvierte - und auf Anhieb Dritter wurde.
2007 bestritt Wurz eine finale Formel-1-Saison für Williams und wurde WM-Elfter, erzielte 2009 für Peugeot seinen zweiten Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans (nach 1996 mit Porsche) und belegte 2012 WM-Platz drei für Toyota in der Langstrecken-WM (WEC). Heute ist Wurz ein Direktor der Formel-1-Fahrergewerkschaft (GPDA) und kommentiert die Grands Prix als Experte live im ORF.Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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