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Analyse: Die Beweise und Argumente hinter Ferraris FIA-Anfrage

Ferrari will den Fall von Sebastian Vettel neu verhandeln lassen: Wir analysieren die Hintergründe dazu und was für und was gegen den Deutschen spricht

Hat Ferrari genügend Beweise, die gegen eine Strafe von Sebastian Vettel sprechen? Diese Frage stellen sich viele, nachdem die Scuderia bei der FIA eine Überprüfung des Sachverhalts aus Kanada beantragt hat.

Vettel hatte dort die Strecke nach einem Fahrfehler in Kurve 3 verlassen und war nach Ansicht der Rennkommissare unsicher wieder auf den Kurs zurückgekommen, wobei er gleichzeitig Konkurrent Lewis Hamilton behindert haben soll. Für das Vergehen bekam der Deutsche eine Zeitstrafe von fünf Sekunden aufgebrummt, die ihn um den Sieg brachte.

Ferrari zog zunächst einen Protest in Erwägung, entschied sich aber am Ende gegen ihn - auch weil gegen Strafen im Rennen kein Protest eingelegt werden kann. Stattdessen hat man am Montag eine erneute Überprüfung der FIA angefragt, was nach Artikel 14.1.1 des International Sporting Code (ISC) möglich ist.

Noch hat das Team in der Öffentlichkeit nicht verraten, was man hinter den Kulissen zusammengetragen hat, doch zu den "signifikanten und relevanten" neuen Beweisen sollen unter anderem GPS-Daten, zusätzliche Telemetrie und eine Zeugenaussage von Vettel selbst gehören. Denn seine Meinung wurde noch nicht angehört, als die Rennkommissare ihre Entscheidung trafen.

Sollten die neuen Elemente als ausreichend eingestuft werden, um den Fall noch einmal neu zu verhandeln, dann könnte es interessant werden. Denn das Hauptargument von Ferrari wird wahrscheinlich das eigene Regelwerk der FIA sein, um zu zeigen, dass Vettel nichts falsch gemacht hat.

Was die Regeln sagen und nicht sagen

Der erste Regelverstoß betrifft das unsichere Zurückkommen auf die Strecke. Die Regeln dafür sind sowohl im ISC als auch im Sportlichen Reglement verankert. Dort steht eindeutig geschrieben, was von den Fahrern erwartet wird, die von der Strecke abkommen.

Artikel 27.3 des Sportlichen Reglements sagt: "Ein Fahrer gilt als außerhalb der Strecke, wenn kein Teil des Autos sie mehr berührt. Jegliche weiße Linien, die die Strecke definieren, gelten als Teil von ihr, Randsteine jedoch nicht. Sollte ein Auto die Strecke verlassen, darf der Fahrer wieder auf sie zurückkommen, jedoch nur, wenn es sicher ist und ohne einen anhaltenden Vorteil davon zu haben."

Laut FIA zeigt die Bewegung in Richtung Hamilton, dass Vettel die Strecke nicht sicher wieder befahren hat.

Die zweite Lenkradbewegung nach dem ursprünglichen Übersteuern war für die FIA-Kommissare einer der Hauptgründe für diesen Schluss. Vettel soll die Kontrolle über sein Auto in diesem Moment gehabt haben - und statt nach links zu fahren, um Hamilton rechts Raum zu geben, fuhr er nach Ansicht der Kommissare absichtlich weiter nach außen, um Hamilton zu blockieren.

 

Auch hierfür sind die Regeln wieder klar, wenn es darum geht, ob ein Fahrer beim Verteidigen etwas falsch gemacht hat. Ausschlaggebend sind dabei drei Regeln.

In Artikel 27.4 des Sportlichen Reglements heißt es: "Zu keiner Zeit darf ein Auto unnötig langsam, unberechenbar oder auf eine Weise gefahren werden, die für andere Fahrer oder Personen potenziell gefährlich sein könnte."

Appendix L des ISC, Kapitel IV., Artikel 2 a) besagt: "Ein Auto, das alleine auf der Strecke ist, darf die volle Breite von ihr benutzen ..."

Artikel 2 b) fügt an: "Mehr als eine Veränderung der Richtung, um eine Position zu verteidigen, ist nicht erlaubt. Jeder Fahrer, der zurück auf die Rennlinie kommt und zuvor seine Position abseits davon verteidigt hat, sollte vor der Kurve mindestens eine Autobreite zwischen seinem eigenen Auto und der Streckenbegrenzung Platz lassen."

"Manöver, die andere Fahrer behindern, so wie das absichtliche Abdrängen eines Autos über die Streckenbegrenzung hinaus oder eine unnormale Veränderung der Richtung, sind streng verboten."

Vettels Aussagen zusammen mit Videomaterial und GPS- sowie Telemetriedaten könnten ausreichend Informationen bieten, warum Ferrari denkt, dass der Deutsche weder Hamilton "absichtlich abgedrängt" habe noch "unberechenbar" gefahren sei. Besonders da der Mercedes noch ein ganzes Stück hinter ihm war, als er wieder auf die Strecke kam.

GPS-Beweis

Es heißt, dass ein GPS-Datenvergleich von Vettels Linie mit der Runde davor zeigen soll, dass die Positionierung des Autos am Ausgang von Kurve 4 nicht dramatisch anders gewesen war. Eigentlich war Vettel sogar weiter links als in der Runde davor - somit gab es außen mehr Platz.

Vermutlich ist das Argument dahinter, dass Vettel sein Auto nicht an einer Stelle positionierte, die den hinterherfahrenden Hamilton überraschte.

 

Ein großes Thema war die Regel, dass Fahrer "mindestens eine Autobreite zwischen dem eigenen Auto und der Streckenbegrenzung Platz lassen" müssen. Immer wieder wurden Vergleiche mit einer ähnlichen Szene angestellt, als Hamilton Daniel Ricciardo 2016 in Monaco keinen Platz ließ.

Allerdings greift die Regel in diesem bestimmten Fall nicht, da es nur um Fahrer geht, die ihre Position vorher verteidigt haben, indem sie von der Linie gefahren sind. Ein solches Manöver hat Vettel jedoch nicht gezeigt.

Bezüglich des Argumentes, dass Vettel mehr nach links hätte fahren müssen, nachdem er auf die Strecke zurückkam: Es gibt weder im Sportlichen Reglement noch im ISC eine Regel, die besagt, dass ein Fahrer unter solchen Umständen von der Rennlinie fahren und seine Position hergeben muss.

Das gilt nur für Fahrer, die einen unfairen Vorteil erlangt haben. Das zählt für Vettels Fall aber nicht, da er keinen Vorteil hatte, als er von der Strecke fuhr. Hamilton war nach dem Vorfall rund 1,7 Sekunden näher dran als vorher.

Die Rolle von Hamilton

Ein Faktor für die Strafe gegen Vettel war der Umstand, dass Hamilton ausweichen musste, indem er bremste und von der Strecke fuhr. Hamiltons Reaktion überzeugte die Kommissare, dass Vettel den Mercedes gezwungen habe, von der Strecke zu fahren, um eine Kollision zu vermeiden.

Es gibt jedoch zwei Punkte, die wichtig für die Positionierung von Hamiltons Auto während des Vorfalls sein können.

Erstens: Die Ideallinie durch die Kurve ist bereits ziemlich weit rechts. Die Piloten fahren mit der rechten Hälfte ihres Autos bereits über den Randstein.

Lewis Hamilton

Die normale Rennlinie ist in dieser Kurve schon fast neben der Strecke

Foto: LAT

Als er die Kollision mit Vettel vermieden hat, war Hamilton also im Grunde in der gleichen Position wie auf einer normalen Runde - und mit Sicherheit nicht in einer extremen Position, die in Vettels Spiegel sofort gesehen werden konnte.

Zweitens: Möglicherweise wird noch eine Überprüfung angefragt, ob Hamilton die Strecke während des Vorfalls überhaupt verlassen hat.

Die Regeln der Formel 1 definieren die Streckenbegrenzung genau. Appendix L des ISC, Kapitel IV. Artikel 2 c) besagt: "Fahrer müssen immer die Strecke benutzen. Jegliche weiße Linien, die die Strecke definieren, gelten als Teil von ihr, Randsteine jedoch nicht."

Das wird vom Sportlichen Reglement Artikel 27.3 noch einmal verstärkt: "Ein Fahrer gilt als außerhalb der Strecke, wenn kein Teil des Autos sie mehr berührt. Jegliche weiße Linien, die die Strecke definieren, gelten als Teil von ihr, Randsteine jedoch nicht."

Wichtig ist hierbei die Erklärung der weißen Linie, weil von den Videoaufnahmen und Fotos nicht klar wird, ob er mit allen vier Rädern außerhalb der weißen Linien war, die die Streckenbegrenzung definieren, als Vettel rübergezogen haben soll. Ferrari könnte es daher so sehen, dass Hamilton die Strecke nie offiziell verlassen habe.

Sebastian Vettel, Lewis Hamilton

War das Auto von Lewis Hamilton komplett neben der Strecke?

Foto: LAT

Möglicherweise werden nicht alle Argumente und Regelinterpretationen von der FIA zugelassen. Und sollte man die neuen Beweise für nicht gut genug erachten, dann könnte der Fall schnell geschlossen werden. Dennoch wird klar, dass die Angelegenheit rund um Vettel nicht so eindeutig ist, wie sie für viele erscheint.

Der Fall könnte aber eine wichtige Rolle dabei spielen, wie die Formel 1 in Zukunft mit Fahrstandards umgeht.

Und auch wenn die Strafe gegen Vettel einen Sturm der Entrüstung entfacht hat, das zu starke Überwachen der Fahrstandards zu beenden: Sollte man entscheiden, dass der Deutsche nichts falsch gemacht hat, dann zeigt sich zumindest, dass die Regeln einen Sinn hatten.

Mit Bildmaterial von LAT.

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