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Analyse: Wie die Sicherheit der Formel 1 Alonso das Leben gerettet hat

Dass Fernando Alonso seinen Unfall beim Grand Prix von Australien unversehrt überstanden hat, ist Beleg für den hohen Sicherheitsstandard in der Formel 1. Matt Somerfield und Giorgio Piola analysieren die Fortschritte auf diesem Gebiet.

Sicherheit in Aktion

Sicherheit in Aktion

Giorgio Piola

Formel-1-Technik mit Giorgio Piola

Giorgio Piola analysiert und erklärt die Technik in der Formel 1!

Üblicherweise vollzieht sich der allgegenwärtige Drang nach mehr Sicherheit in der Formel 1 im Verborgenen. Erst in Momenten wie in Melbourne werden wir daran erinnert, welche Fortschritte erzielt wurden, um die Fahrer bei Unfällen zu schützen.

Einer der Hauptaspekte im Zusammenhang mit der Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet ist, wie man die bei einer Kollision zweier Fahrzeuge oder eines Fahrzeugs mit einem Hindernis entstehende Energie umwandelt.

Fernando Alonso, McLaren MP4-31 in a huge crash
Fernando Alonso, McLaren MP4-31 in a huge crash

Photo by: Sutton Motorsport Images / sutton-images.com

Unfälle wie der von Alonso in der 17. Runde in Melbourne sehen spektakulär aus. Viel faszinierender ist jedoch, wie die diversen Strukturen und Mechanismen dazu beigetragen haben, dass der Spanier dem Wrack seines McLaren-Honda unverletzt entsteigen konnte.

So lief der fürchterliche Unfall von Fernando Alonso in Melbourne ab

Anstatt wie noch vor einigen Jahrzehnten so starr und unnachgiebig wie möglich zu sein, sind die Autos heute so konstruiert, dass sie an gewissen Stellen ausdrücklich kinetische Energie absorbieren sollen.

Die FIA schreibt die Dimensionen vieler Bereiche der Fahrzeuge genau vor, um Unfälle auf vergleichbare Art analysieren zu können. So müssen diverse Strukturen eines Formel-1-Boliden strengen Crashtests unterzogen werden und dabei immensen Belastungen standhalten.

Frontal crash test
Frontal crash test

Photo by: Giorgio Piola

Die Nase muss den meisten Tests unterzogen werden. Der Grund dafür ist nicht etwa, weil dieses Bauteil am Auto wichtiger wäre als andere. Der Grund ist vielmehr der, dass die Nase auch in Sachen Aerodynamik eine große Rolle spielt und somit von den Teams im Rahmen der Vorgaben der Crashtests immer wieder verändert wird, um Gewicht zu sparen und den Luftwiderstand zu verringern.

Um die Performance eines Autos innerhalb der Grenzen des aktuellen Reglements so effizient wie möglich zu gestalten, setzen die Teams derzeit auf Nasen, die so kurz wie möglich sind. Somit kommt diesem Bauteil eine noch größere Bedeutung zu als es in der Vergangenheit bei langen Nasen der Fall war. Denn schließlich ist somit auch die Crashstruktur kürzer als in vergangenen Jahren.

Wheels tethers
Wheels tethers

Photo by: Giorgio Piola

Seit 2001 kommen in der Formel 1 Halteseile für die Räder zum Einsatz. Damit wird die Gefahr verringert, dass sich ein Rad bei einem Unfall vom Auto löst und anschließend auf den Helm des Fahrers trifft oder zur Gefährdung für Zuschauer und Streckenarbeiter wird.

Die Vorschriften für die Halteseile wurden seitens der FIA nochmals verschärft, nachdem Henry Surtees beim tragischen Formel-2-Unfall in Brands Hatch 2009 von einem Rad am Helm getroffen und dabei tödlich verletzt wurde. Seit 2011 wird jedes Rad nicht mehr nur von einem, sondern von zwei Seilen gehalten. Jedes dieser Seile muss mindestens 6 Kilojoule Energie absorbieren.

Bei einem Unfall kann sich ein Rad verglichen mit der Geschwindigkeit des Autos mit einer bis zu 150 km/h höheren Geschwindigkeit lösen. Zieht man die Masse von 20 Kilogramm heran, die ein Rad mitsamt Aufhängung aufweist, dann entspricht dies einer kinetischen Energie von 17 Kilojoule. Es ist also unerlässlich, diese Energie in kontrollierte Bahnen zu leiten.

Das Reglement für die Saison 2017 wird in diesem Bereich weitere Fortschritte aufweisen. Weil die Autos breiter werden, müssen die Halteseile für die Räder dann 8 Kilojoule Energie absorbieren.

McLaren MP4/1 monocoque
McLaren MP4/1 monocoque

Photo by: Giorgio Piola

Herzstück eines Autos im Zusammenhang mit der Sicherheit ist das Monocoque, das zu großen Teilen aus Kohlefaser besteht. Erstmals wurde dieses Material in der Saison 1981 in Zusammenarbeit zwischen McLaren und Hercules eingesetzt. Seither hat es den Sport hinsichtlich der Sicherheit revolutioniert.

Anfangs gab es Zweifel, ob Kohlefaser den Belastungen würde standhalten können. Doch es dauerte nicht lange, bis alle Teams ihre eigenen Kohlefaser-Chassis produzierten. Die Metallrahmen der Vergangenheit hatten ausgedient.

Kohlefaser ist sowohl leichter als auch widerstandsfähiger als alle Materialien, die zuvor für den Chassis-Bau herangezogen wurden. Zudem hat der Verbundwerkstoff den Vorteil, dass die Teams komplexe Strukturen erschaffen können, die mit herkömmlichen Methoden und Materialien niemals möglich gewesen wären.

Cockpit dimensions
Cockpit dimensions

Photo by: Giorgio Piola

Das als „Überlebenszelle“ bekannte Monocoque hat kleinstmögliche Dimensionen, um den Fahrer optimal schützen zu können. Hinsichtlich der Cockpitöffnung gibt es genaue Vorschriften seitens der FIA.

Der Automobil-Weltverband stellt damit sicher, dass die Designs der Teams in diesem Bereich gleich sind. Dies dient zum einen der Unfallanalyse, zum anderen dem möglichst schnellen Aussteigen beziehungsweise Bergen des Fahrers im Falle eines Unfalls.

McLaren MP4/1 monocoque
McLaren MP4/1 monocoque

Photo by: Giorgio Piola

Seit 1988 müssen die Füße des Fahrers hinter der Vorderachse liegen. Diese Regeländerung wurde als Reaktion auf zahlreiche Unfälle mit Beinverletzungen eingeführt.

Dies wiederum hatte eine nachhaltige Veränderung der Sitzposition zur Folge. Die Füße des Fahrers liegen seither erhöht, was einen krassen Gegensatz zur klassischen Sitzposition aus den Jahren zuvor darstellt.

Side protections
Side protections

Photo by: Giorgio Piola

Im Zuge der umfassenden Regeländerungen für die Saison 2014 wurden auch die Vorgaben für den Seitenaufprallschutz verändert. Infolge des schweren Unfalls von Robert Kubica in Montreal 2007 befasste sich die FIA zusammen mit mehreren Teams mit der Erforschung von Crashstrukturen, die bei einem Aufprall mit schiefem Winkel einen besseren Schutz bieten.

Fotostrecke: Formel-1-Crashs der vergangenen zehn Jahre

Diesen Forschungen ist der heutige Seitenaufprallschutz zu verdanken. Die aktuell eingesetzte Lösung mit mehreren Stützträgern stammte ursprünglich vom Marussia-Team und wurde anschließend von Red Bull Racing verfeinert. Inzwischen sind die Träger in der Lage, fast 40 Kilojoule Energie abzufedern – sowohl in direkter als auch in schräger Richtung.

Mercedes AMG F1 W07 detail
Mercedes AMG F1 W07 detail

Photo by: XPB Images

Dank einer Standarisierung dieser Träger zum Seitenaufprallschutz weisen die Seitenkästen der Autos zahlreicher Teams „Blasen“ auf. Damit werden zum einen die Träger verdeckt, zum anderen wird die Aerodynamik in diesem wichtigen Bereich der Autos verbessert.

Side head protections height
Side head protections height

Photo by: Giorgio Piola

Zur Saison 2007 schrieb die FIA den Teams vor, die Flanken des Cockpits mit Zylon-Streifen zu versehen.

Zylon ist ein Material, das dank seiner beeindruckenden Reißfestigkeit in kugelsicheren Westen verwendet wird. Die FIA hat dieses Material auserkoren, um die Fahrer noch besser vor Kleinteilen zu schützen, die auf das Cockpit treffen.

Der Zylon-Streifen zieht sich um den inneren Rand des Cockpits, wobei die Höhe zur Saison 2016 um 20 Millimeter angehoben wurde. Gleichzeitig wurde die auszuhaltende Belastung von 15 auf 50 Kilonewton erhöht.

Removable seat
Removable seat

Photo by: Giorgio Piola

In Vorbereitung auf eine neue Formel-1-Saison ist oft von der Sitzanpassung die Rede. Gemeint ist damit der Besuch des Fahrers in der Fabrik, um gemäß seiner körperlichen Dimensionen die Sitzschale für die bevorstehende Saison gießen zu lassen.

Während der Sitzanpassung sitzt der Fahrer auf einem im Cockpit platzierten Sack. Dieser ist mit Harz gefüllt. Sobald das Harz getrocknet ist, ergibt sich daraus die Negativform für die aus Karbon gefertigte Sitzschale.

Im fertigen Zustand ist die Sitzschale eine ultraleichte Kohlefaserkonstruktion, die sich auf einfache Art und Weise zusammen mit dem Fahrer aus dem Cockpit befreien lässt, sollte das Aussteigen dem Fahrer nicht aus eigener Kraft möglich sein.

Fotostrecke: Die Formel-1-Unfälle von Fernando Alonso

Der Sitz wird mit zwei Bolzen am Chassis gehalten. Mit einem Standardwerkzeug, das allen Rettungstrupps an den Rennstrecken zur Verfügung steht, können diese Bolzen einfach entfernt werden. Abgesehen davon wirkt es heute beinahe unglaublich, dass der Sechspunktgurt, der den Fahrer im Sitz hält, erst in der Saison 1972 zur Vorschrift wurde.

Für den Fall, dass ein Fahrer mitsamt des Sitzes aus dem Auto gehoben werden muss, gibt es neben dem Sechspunktgurt weitere Halteriemen. Zudem weist die Oberseite der Rückenlehne einen Schlitz auf. In diesen Schlitz lässt sich von den Rettungskräften eine Stütze einfügen, die Kopf und Nacken stützt, während der Fahrer aus dem Auto geborgen wird.

Cockpit crash test
Cockpit crash test

Photo by: Giorgio Piola

Das Monocoque hat für den Fall eines Überschlags zwei Überrollbügel: einen sekundären oberhalb des Lenkrads und einen primären, der mindestens 940 Millimeter über der Bezugsebene und 30 Millimeter hinter dem Cockpit angebracht sein muss

Die imaginäre Verbindungslinie der beiden Überrollbügel stellt sicher, dass der Helm des Fahrers im Falle eines Überschlags niemals mit dem Boden in Berührung kommt.

Die Konstruktion des primären Überrollbügels berücksichtigt die Airbox, die den Verbrennungsmotor mit Luft versorgt. Um den Überrollbügel so leicht wie möglich und gleichzeitig so aerodynamisch wie möglich zu gestalten, wird diesem Bereich beim Bau eines Autos besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Schließlich ist es der höchste Punkt des Autos und hat somit eine wesentliche Auswirkung auf den Schwerpunkt.

Die FIA schreibt vor, dass der primäre Überrollbügel einer seitlichen Belastung von 50 Kilonewton, einer rückwärts längsgerichteten Belastung von 60 Kilonewton und einer senkrechten Belastung von 90 Kilonewton standhalten muss. Ein Versagen des Überrollbügels wäre katastrophal.

HANS system
HANS system

Photo by: Giorgio Piola

Als in der Saison 2003 nach umfangreichen Tests der Kopfschutz HANS (Head and Neck Support) Vorschrift wurde, stellten viele die Notwendigkeit dieses Sicherheitsfeatures in Frage. Inzwischen jedoch ist HANS im weltweiten Motorsport allgegenwärtiger Bestandteil der Ausrüstung der Fahrer und hat mit großer Wahrscheinlichkeit schon viele Leben gerettet.

Das vom Konzept her einfache Sicherheitsfeature hält den Kopf des Fahrers im Verhältnis zum Körper in einer konstanten Position. Somit wird die auftreffende Energie auf den Körper übertragen, während die Bewegung des Kopfs abgebremst wird.

Die Bewegung des Kopfs spielt für die FIA im Zusammenhang mit der Unfallanalyse eine wesentliche Rolle. Auf diesem Gebiet wird es in Zukunft dank Hochgeschwindigkeitskameras weitere Fortschritte geben. Diese Kameras sind in der Saison 2016 erstmals vor dem Fahrer angebracht.

Die Bilder, die von dieser Kamera bei Alonsos Unfall in Melbourne aufgezeichnet wurden, könnten im Zusammenhang mit zukünftigen Studien und Sicherheitsinitiativen des Automobil-Weltverbands von unschätzbarem Wert sein.

FIA closed cockpit testing
FIA vor Tests mit geschlossenen Cockpits

Giorgio Piola

Dank Halo ist in den vergangenen Monaten die Diskussion über einen zusätzlichen Kopfschutz in den Vordergrund getreten.

Während der Großteil der Fans die Vorzüge von Halo offenbar nur widerwillig anerkennen will, sind sich die FIA, die Teams und die Fahrer einig, dass zur Saison 2017 ein zusätzlicher Kopfschutz eingeführt wird.

Fotostrecke: Das ist Cockpitschutz Halo

Wir stimmen zu, dass Halo in ästhetischer Hinsicht nicht der Weisheit letzter Schluss ist, aber immerhin ist dieser Kopfschutz besser als einige der ersten Konzepte, die von der FIA vorgestellt wurden.

Halo ist eine stilisierte Version des Bügels, der zusammen mit anderen Varianten zuerst von der FIA getestet wurde. Allen getesteten Varianten war eines gemeinsam: Sie sollten große Objekte, wie etwa ein durch die Luft fliegendes Rad, am Aufprall auf den Helm hindern.

Sebastian Vettel, Ferrari SF16-H running the Halo cockpit cover
Sebastian Vettel, Ferrari SF16-H running the Halo cockpit cover

Photo by: XPB Images

Die Halo-Version, wie sie von Ferrari bei den Wintertestfahrten probeweise eingesetzt wurde, war nicht Teil der Fahrzeugstruktur. Somit beließ es die Scuderia bei Installationsrunden, wenngleich sich keiner der beiden Fahrer über eine durch den Bügel eingeschränkte Sicht beschwerte.

Hauptkritikpunkt im Zusammenhang mit Halo ist der, dass kleinere Trümmerteile nicht abgehalten werden. In diese Kategorie fällt beispielsweise die Feder des Brawn von Rubens Barrichello, die im Qualifying zum Grand Prix von Ungarn 2009 auf den Helm von Ferrari-Pilot Felipe Massa traf.

Red Bull Halo concept
Red Bull Halo concept

Photo by: Giorgio Piola

Red Bull hat inzwischen eine eigene Version eines Cockpitschutzes vorgestellt. Diese Variante weist eine Windschutzscheibe und zwei Stützstreben vor der Cockpitöffnung auf.

Doch auch im Zusammenhang mit dieser Variante gibt es kritische Stimmen, die sich auf die negativen Aspekte fokussieren anstatt die Vorzüge, nämlich den besseren Schutz des Fahrers vor Trümmerteilen, in den Mittelpunkt zu rücken.

Ungeachtet dessen, welche Variante für die Saison 2017 von der FIA ausgewählt wird, wird eines deutlich: Der Weltverband ist weiterhin um eine Verbesserung der Sicherheit bemüht und ist entschlossen, aus aktuellen Unfällen zu lernen.

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