Analyse: Wieso der „Frieden in der Formel 1“ schlecht für Red Bull ist
Die Hersteller haben sich geeinigt, die Kosten für die Kundenteams zu senken. Dadurch wird es ab 2017 keinen Alternativmotor geben und es scheint in der Formel 1 Friede eingekehrt zu sein.
Foto: Red Bull Content Pool
Nach den Spannungen der letzten Zeit und der Drohung von Bernie Ecclestone und Jean Todt, ab 2017 einen unabhängigen Motorenhersteller in der Formel 1 zuzulassen, haben die Hersteller zu einem Konsens gefunden.
Beim Treffen der Strategiegruppe und der Formel-1-Kommission zu Beginn der Woche, hat man sich geeinigt, den kleineren Teams zu helfen und die Kosten künftig zu senken.
Im Gegenzug bekamen Ferrari, Mercedes und Co. zugestanden, dass das Motorenreglement – die V6-Turbo-Hybridmotoren – bis mindestens 2020 gleich bleibt. Somit werden die hohen Entwicklungskosten nicht verschwendet, es sollen künftig aber mehr standardisierte Teile verwendet werden.
Die Möglichkeit, dass es einen unabhängigen Motor geben wird, besteht somit nicht mehr.
Diese Entwicklung ist ein Sieg für FIA-Präsident Jean Todt, der die Teams letztes Jahr bereits aufforderte, etwas bezüglich der Kostenreduzierung zu unternehmen, ansonsten müsse er im Namen der kleinen Teams handeln.
Red Bulls Vision
Die Nachrichten aus Genf sind nicht für alle positiv, ganz besonders für Red Bull Racing, da man sich sich Hoffnungen gemacht hatte, 2017 wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren.
Der erste Dämpfer kam kurz vor Weihnachten, als die Teams sich dafür aussprachen, einen großen Teil der für 2017 geplanten Änderungen bei der Aerodynamik, die die Autos schneller machen sollten, wieder fallenzulassen.
Die Begeisterung über die aggressiven Änderungen – breitere Frontflügel und größere Diffusoren – bei Red Bull Racing war groß gewesen. Verständlicherweise verfolgte das Team den Plan, den Abtrieb der Autos wieder als größtes Unterscheidungsmerkmal zurückzubekommen.
Auf der anderen Seite warnte Mercedes sofort davor, dass die zusätzlichen Kräfte zu viel für die Reifen sein würden – wenn man den Druck nicht entscheidend erhöhen würde. Das rief Verdächtigungen hervor, dass das eigentliche Motiv der Silbernen sei, mögliche Fortschritte von Red Bull Racing zu verhindern.
Druckausgleich
Am Ende bestätigte Pirelli die Mercedes-Theorie, dass der Reifendruck soweit erhöht werden müsste, um den Kräften standzuhalten, dass jeglicher Leistungsgewinn durch die Aerodynamik wieder zunichtegemacht würde.
Die Änderungen sollen 2017 also weniger drastisch ausfallen als geplant. Leistungssteigerungen im Bereich von etwa drei Sekunden pro Runde sollen hauptsächlich durch breitere Reifen erreicht werden.
Die Motoren werden somit ebenso wichtig sein, wie in den vergangenen zwei Jahren: Die Arbeit von Chefdesigner Adrian Newey wird also nicht garantieren können, dass Red Bull Racing wieder ganz oben auf dem Podium landet.
Keine Garantien
Wenn es für Red Bull Racing schon eine Riesenenttäuschung war, dass die Aerodynamik-Pläne gestrichen wurden, kam es in Genf noch dicker. Nun könnte das Team aus Milton Keynes nämlich wieder eine Zwickmühle bei den Motoren geraten.
Bei der – letztendlich vergeblichen – Jagd nach einem Ersatz für die Renault-Motoren im vergangenen Jahr, unterstütze man bei Red Bull Racing natürlich die Idee eines Alternativmotors für 2017.
„Ich denke, dass ein unabhängiger Motor eine sehr gute Option ist, denn er erlaubt es Privatteams, einen konkurrenzfähigen Motor für einen viel vernünftigeren Preis zu bekommen“, sagte Newey letztes Jahr gegenüber Motorsport.com.
„Man sieht in der Geschichte der Formel 1, dass sie am gesündesten war, als private Teams Zugang zu konkurrenzfähigen Motoren hatten. Der Cosworth DFV war dafür das beste Beispiel.“
Als Todt und Ecclestone in Aussicht stellten, dass der neue Motor es mit den V6-Aggregaten würde aufnehmen können, waren die Zutaten für ein Paket da, das Mercedes schlagen könnte.
Das Ergebnis aus Genf sichert nun zwar allen Teams zu, dass sie einen Motor bekommen, aber nicht, dass dieser notwendigerweise auch konkurrenzfähig sein wird.
Mercedes und Ferrari beliefern bereits einige Kundenteams, die neuen Regeln lassen also nur Honda übrig, die künftig Zugeständnisse für eine Motorenlieferung machen müssten.
Sollten die Motoren der Japaner aber nicht konkurrenzfähig werden, wäre Red Bull Racing wieder in genau derselben Situation wie momentan: Die Vernunftehe mit Renault weiterführen zu müssen.
Red Bull Racing hat sich zu den jüngsten Entwicklungen bisher nicht geäußert. Legt man das vergangene Jahr zugrunde, ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis die Bullen ihr Schweigen brechen.
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