Bessere Luft, besseres Essen: Warum Pierre Gasly plötzlich so stark ist
Kaum wieder bei Toro Rosso, schon erstmals auf dem Podium: Wie der erzwungene Wechsel aus Pierre Gasly einen ganz anderen Fahrer gemacht hat
Vor dem Belgien-Grand-Prix in Spa muss für Pierre Gasly eine Welt zusammengebrochen sein. Denn unmittelbar vor dem Ende der Formel-1-Sommerpause erhielt der Franzose die Botschaft, dass er sein Cockpit bei Red Bull würde räumen und zurück zu Toro Rosso wechseln würde. Doch Gasly hat das Beste aus dieser Situation gemacht - und nun sein bisher bestes Ergebnis erzielt.
Wie aber ist es ihm gelungen, die Enttäuschung des Sommers hinter sich zu lassen und bei Toro Rosso regelrecht aufzublühen? Sein alter und neuer Teamchef Franz Tost hat eine Theorie und meint: "Er kam nach Italien. Die Luft ist dort viel besser, das Essen auch. Das hat ihm geholfen." Tost lacht und sagt: "Nein, ich scherze nur!"
Eine kleine Episode, die zeigt: Die Stimmung ist gut bei Toro Rosso. Auch das dürfte zum Aufschwung bei Gasly beigetragen haben. Tost erklärt, dieses Mal in ernstem Tonfall: "Als Pierre wieder zu uns kam, war er sofort vertraut mit dem Auto und mit dem Team. Es gab keine Unbekannten. Wir hatten von Anfang an eine gute Arbeitsgrundlage."
Gasly überzeugt mit Konstanz
Das schlug sich auch in den Ergebnissen nieder: Gasly fuhr gleich bei seinem Comeback für Toro Rosso in die Punkte, kam bei acht Einsätzen nur drei Mal nicht in die Top 10. Tost spricht deshalb von einer "sehr guten Leistung", zumal Daniil Kwjat im Schwesterauto und im gleichen Zeitraum in nur drei Fällen WM-Punkte ergatterte.
Christian Horner, bei Red Bull Teamchef von Gasly, stellt bei 'Sky' seine eigene "Luft-Theorie" dazu auf und meint: Die Veränderung habe Gasly gutgetan. Denn durch den geringeren Druck bei Toro Rosso im Vergleich zu Red Bull sei Gasly mehr dazu in der Lage, sein wahres Potenzial abzurufen.
"Vielleicht ist auch das Auto ein bisschen einfacher zu fahren", sagt Horner, will damit aber nicht die Leistung Gaslys schmälern: "Er fährt brillant. Und das ist toll für ihn und sein Selbstvertrauen. Es war großartig, ihn auf dem Podium zu sehen."
Ferrari und Hamilton machen den Weg frei
Für Red-Bull-Sportchef Helmut Marko ist P2 in Brasilien eine Bestätigung - für den Verbleib von Gasly im Red-Bull-Kader, aber auch für dessen "Degradierung" zu Toro Rosso. "Jetzt sehen wir den Pierre, an den wir immer geglaubt haben", meint Marko. Er fügt hinzu: "Bei Red Bull hätte er das nie geschafft."
Und wie genau hat Gasly in Brasilien den zweiten Platz erreicht? Weil einige Autos vor ihm in Zwischenfälle verwickelt waren: Die Ferrari-Piloten Sebastian Vettel und Charles Leclerc brachten sich bekanntlich gegenseitig um ein Ergebnis, und Lewis Hamilton machte mit seinem missglückten Überholversuch gegen Alexander Albon zusätzlich den Weg frei.
Kleinigkeiten machen den Unterschied
"Pierre hat das Material gut geschont, vor allem in den Kurven und bei der Beschleunigung. Er hat die Reifen nicht überhitzt und er hatte seinen Speed stets unter Kontrolle", meint Tost und nennt ein Beispiel: "Als Kimi [Räikkönen] ihn unter Druck setzte, fuhr er in der folgenden Runde einfach zwei Zehntel schneller." Damit sei die Situation sofort entschärft worden.
All dies sei das Ergebnis von "Kleinigkeiten", wie Gasly selbst erklärt. "Als ich zu Toro Rosso zurückgekommen bin, habe ich versucht, an den Details zu arbeiten. Ich hätte aber nie geglaubt, dass ich mit einem Toro Rosso in Brasilien Zweiter werden kann und auf der Ziellinie noch Lewis schlage."
Hamilton zollt Gasly prompt seinen Respekt: Das Ergebnis sei "schön zu sehen, vor allem wenn man bedenkt, dass er von einem Team zum anderen wechseln musste", meint Hamilton. Tost fasst zusammen: "Es war nicht einfach für Pierre dieses Jahr, doch er hat zurückgeschlagen."
Weitere Co-Autoren: Oleg Karpow. Mit Bildmaterial von LAT.
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