Carlos Sainz: War genervt von Nummer-1-Diskussion
Ferrari-Pilot Carlos Sainz gesteht, dass er sich die Chance für den Formel-1-Titel 2022 mit seinen schlechten Saisonstart geraubt hat: "Kann nicht glücklich sein"
Mit der WM-Entscheidung zugunsten von Max Verstappen in Japan ist klar, dass Charles Leclerc und Carlos Sainz bis zur nächsten Saison warten müssen, um eine neue Chance zu bekommen, den langersehnten Fahrertitel zurück nach Maranello zu holen.
Dabei sah es am Saisonbeginn zumindest für Leclerc gar nicht schlecht aus, denn der Monegasse führte die WM-Wertung bis zum sechsten Rennen in Spanien ununterbrochen an. In den Medien wurde zu dieser Zeit viel spekuliert, ob Ferrari Sainz möglicherweise frühzeitig als Nummer-2-Fahrer degradieren würde, um Leclerc bessere Aussichten auf den Titel zu geben, was jedoch nicht geschah.
In einem Interview gegenüber der spanischen 'AS' gibt Sainz zu, dass er von diesen Spekulationen sehr genervt war, obwohl er die Schuld auch auf seine eigene Kappe nimmt, da sein schwacher Saisonstart Nährboden für die Kritiker war.
Sainz: Den Medien kann man es einfach nicht Recht machen
"Ich kann [die Diskussionen schon] verstehen, da Charles nach den ersten Rennen sowohl im Qualifying als auch im Renntempo einen Schritt voraus war. Aber in der Mitte der Saison habe ich mich stark verbessert", stellt der Spanier klar.
"Ich fing an, mehr im Kampf zu sein, und in gewisser Weise war das ein bisschen frustrierend, denn als ich im Kampf war, schien es, dass einige Leute mich nicht dabei haben wollten. Ich wurde dafür kritisiert, dass ich nicht dabei war, und als ich dann dabei war, fragten sich einige Leute, was ich da vorne machte, den ich sollte Charles alles gewinnen lassen."
"Das war frustrierend, vor allem was von der Presse ausging. Sie kritisieren mich, aber gerade als ich da war und gekämpft habe, wollten sie mich nicht mehr vorne sehen. Aber sie haben gesehen, dass ich nicht viel darauf achte, was sie da draußen sagen", so Sainz.
Sainz: Zwei ebenbürtige Fahrer besser für ein Team!
Auf die Frage, ob es einfach in der Natur der Sache bei Ferrari liege, zwei starke Fahrer zu haben, sagt Sainz: "Ich denke schon, sogar Mattia [Binotto, Ferrari-Teamchef] und das Team erkennen an, dass es eine Tugend und eine unserer Stärken ist."
"Aber es ist klar, dass es einige Ferrari-Anhänger gab, die nicht zwei Fahrer [auf demselben Niveau] haben wollten oder wollen. Vielleicht ist das eine Frage für andere, denn ich bin überzeugt, dass es für das Team das Beste ist, wenn wir beide so nah wie möglich beieinander sind."
Fakt ist aber auch, dass Carlos Sainz in seinem zweiten Jahr bei Ferrari einige Anlaufschwierigkeiten hatte und während den ersten Rennwochenenden mit einigen für ihn eigentlich untypischen Fahrfehlern aufgefallen ist, wie die Dreher in den Rennen von Australien und Spanien sowie dem Crash im Qualifying von Imola.
Sainz: Bin 2022 nie wirklich in den Rhythmus gekommen
Auf die Frage, ob er mit seiner Saison bisher zufrieden ist, sagt er: "Im Großen und Ganzen, nein. Ich kann nicht glücklich sein, denn es war eine Saison mit zu vielen Höhen und Tiefen", moniert Sainz.
"Es gibt Dinge, mit denen ich zufrieden bin, wie die Fortschritte, die ich gemacht habe. Ich war in der Lage, einen ziemlich komplizierten Start umzudrehen und nicht zu stagnieren, und mich in einem Auto zurechtzufinden, das mir beim Fahren immer noch nicht natürlich oder nicht auf die einfachste Weise liegt."
Sainz: Ausgerechnet 2022 habe ich solche Probleme
Seine Saison ist neben den Fahrfehlern ähnlich wie beim Teamkollegen Leclerc ebenfalls geprägt von technisch bedingten Ausfällen wie in Aserbaidschan und Österreich, genauso wie teilweise fragwürdigen strategischen Entscheidungen sowie verpatzten Boxenstopps seitens Ferrari.
"Sehr", ist Sainz' Antwort als er gefragt wird, wie wütend er ist, dass er zu Beginn der Saison nicht das Maximum herausholen konnte, sei es durch seine oder durch Fehler von Ferrari. "Natürlich tut es das. Es frustriert mich, denn das ist kein Problem, das ich hatte."
"Ich bin ein Fahrer, der sich immer sehr schnell an die Autos, mit denen ich gefahren bin, angepasst hat. Ich war immer sehr nah an meinen Teamkollegen dran oder ihnen voraus. Dass das Jahr, in dem ich am meisten gelitten habe, das Jahr war, in dem ich ein konkurrenzfähiges Auto hatte, in diesen ersten Rennen, kann man sich vorstellen, dass es psychologisch sehr schwer zu akzeptieren war."
"Und daran musste ich arbeiten, denn ich konnte es mir nicht erklären. Wenn ich nie Anpassungsprobleme hatte und immer schnell war, warum ist es dann so schwer für mich, wenn ich ein schnelles Auto habe, mit dem ich um Siege kämpfen kann? Das hat mich sehr frustriert, ich war besorgt und habe hart daran gearbeitet. Trotzdem habe ich nicht den Kopf verloren und konnte das Problem in den Griff bekommen", zeigt sich der Spanier stolz auf sich.
Sainz' großes Ziel: "Ich will eines Tages Weltmeister werden"
Mit mittlerweile 28 Jahren gehört Sainz nun fast zur älteren Garde in der Formel 1, obwohl Fahrer wie Lewis Hamilton und Fernando Alonso zeigen, dass man mit Ende 30 beziehungsweise Anfang 40 immer noch ein Formel-1-Auto schnell um den Kurs bewegen kann.
"Ich muss an einem Punkt sein, an der der Höhepunkt sehr nahekommt, obwohl man Fahrer wie Fernando sieht, die sich Jahr für Jahr neu erfinden", sagt Sainz. "Ich denke, dass die Reife als solche nie endet. Mit jedem Jahr, das man in der Formel 1 verbringt, wird man besser, lernt man mehr. Ja, die acht Jahre Erfahrung helfen, aber ich werde weiterhin neue Dinge lernen."
"Mein Ziel ist es, eines Tages Weltmeister zu werden. Ich hoffe, dass ich, wenn es nächstes Jahr wieder ein gutes Auto gibt, von Anfang an im Kampf dabei sein kann. Ich weiß, dass ich, wenn ich erst einmal im Kampf bin, auch in der Lage bin, dabei zu bleiben."
"Das wird das Ziel sein. Wir arbeiten bei Ferrari daran, das Auto zurückzubekommen und uns als Team zu verbessern, sodass wir uns die Chance im nächsten Jahr nicht entgehen lassen, wenn sie sich wieder ergibt", hofft der Ferrari-Pilot.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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