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Das macht die Teams sauer: Die Regeln hinter dem Ferrari-Deal

Dass die FIA die Details zum Deal mit Ferrari nicht veröffentlicht, stößt den anderen Teams sauer auf: Was die Regeln zu dieser Geheimhaltung sagen

Die Ankündigung der FIA, dass die Untersuchung der Ferrari-Motoren beendet wurde, schlug am vergangenen Freitag ein wie eine Bombe. Für Teams, Medien und Fans war die Nachricht eine große Überraschung - nicht zuletzt weil man das Wort "Settlement", also Einigung, benutzte.

Denn das deutet darauf hin, dass es zwischen den beiden Parteien einen Kompromiss gab, durch den Ferrari straffrei davonkommen konnte. Dass es zudem zu einer Untersuchung kam, ohne dass es eine formale Mitteilung der FIA gegeben hatte, war ebenfalls schwierig zu verstehen.

Normalerweise erwarten wir, dass eine Untersuchung in der Formel 1 hohe Wellen schlägt und vor dem Internationalen Tribunal der FIA oder dem Internationalen Berufungsgericht stattfindet. Häufig werden solche Vorgänge durch Entscheidungen der Rennkommissare losgetreten - wie einem Ausschluss oder einem Protest. Also etwas, das man nur schwierig nicht mitbekommen kann.

Die sieben Nicht-Ferrari-Teams haben ihrem Unmut über die fehlende Kommunikation in einem gemeinsamen Statement Luft gemacht. Darin heißt es: "Eine internationale Sportaufsichtsbehörde hat die Verantwortung, in Sachen Führung, Seriosität und Transparenz mit höchsten Standards vorzugehen."

"Die mehrere Monate andauernden Untersuchungen durch die FIA wurden lediglich begonnen, nachdem andere Teams Anfragen gestellt hatten. Wir protestieren entschieden dagegen, dass die FIA zum Abschluss dieser Angelegenheit zu einer vertraulichen Einigung mit Ferrari gelangt ist. Deshalb dokumentieren wir hier öffentlich, dass wir gemeinsam eine ganzheitliche und angemessene Offenlegung dieser Angelegenheit einfordern."

Judical and Disciplinary rules als Grundlage

Warum also wurde dieser Fall mit dieser Geheimhaltung behandelt? Das Vorgehen war unüblich, ist jedoch in den sogenannten "Judicial and Disciplinary rules" der FIA, also der Gerichts- und Disziplinarordnung, festgehalten.

Dort steht detailliert, wie eine Untersuchung als erster Schritt hinter verschlossenen Türen behandelt werden kann, bevor die FIA entscheidet, es fallenzulassen oder damit vor den Internationalen Tribunal zu ziehen.

Das Tribunal kam beispielsweise im Juni 2013 zum Einsatz, als Mercedes und Pirelli aufgrund eines "geheimen" Reifentests in Barcelona im Fokus standen - losgelöst durch einen Protest in Monaco von Ferrari und Red Bull. Mercedes und Pirelli wurden verwarnt und das Team von einem Young-Driver-Test in Silverstone ausgeschlossen.

Im aktuellen Fall zog die FIA nicht vor das Tribunal - aus Gründen, die wir nicht kennen. Das liegt jedoch daran, dass Geheimhaltung eine wichtige Voraussetzung für den Prozess ist, wie wir später erklären.

Regeln bestehen seit 2010

Das rechtlichte Verfahren basierend um das Tribunal geht zurück auf ein Treffen des Motorsport-Weltrates (WMSC) im März 2010 in Bahrain. Jean Todt persönlich unterstützte ein neues Disziplinarsystem, das laut FIA "die Trennung zwischen Ankläger und Urteilgeber sicherstellt."

In der damaligen Saison wurde ein Übergangssystem eingeführt, das etwa beim berühmten Ferrari-Teamorder-Fall "Fernando is faster than you" Anwendung fand. Die Details dazu wurden im November 2010 in den überarbeiteten Judicial and Disciplinary rules veröffentlicht.

Jean Todt

Jean Todt hat in aller Regel die Macht über Untersuchungen

Foto: LAT

Das Kapitel "Disciplinary Investigations and Prosecutions" (deutsch: Disziplinar-Untersuchungen und -Anklagen) erklärt, wie eine Untersuchung stattfinden kann. Zu Beginn wird eine Anklage definiert, die vom FIA-Präsidenten, aktuell Jean Todt, ausgeführt wird - außer es gibt einen spezifischen Interessenskonflikt.

Bei der FIA heißt es: "Die Anklage kann, entweder auf eigene Initiative oder durch eine Anfrage jeglicher interessierter Partei, eine Untersuchung gegen eine Aktion oder eine Person unter der Gerichtsbarkeit der FIA leiten, die unter dem Verdacht steht, einen der Verstöße in Artikel 8.2 begangen zu haben."

Was die FIA alles kann

Dieser Artikel enthält eine lange Liste von potenziellen Verstößen. In diesem Fall ist es aber einfach ein Vergehen "gegen die Statuten und Regeln der FIA". Durch eine Untersuchung kann die Anklage - in anderen Worten Todt - folgende Schritte unternehmen:

a) Sie kann eine Person ernennen, die sie in der Leitung der Untersuchung repräsentiert oder ihr assistiert, und jegliche Person befähigen, die Untersuchung zu leiten.

b) Sie kann um Assistenz durch die Technikabteilung der FIA, den Kommissaren, externen Kontrolleuren, Experten oder einer anderen kompetenten Person bitten.

c) Sie kann jede Person anhören, die Informationen zur Verfügung stellen kann, und auch jedes Dokument in jeglicher Form verlangen.

d) Sie kann Räume für berufliche und private Belange nutzen. Zudem muss jede beteiligte Person mit der Anklage kooperieren, ansonsten drohen Strafen.

 

Selbst wenn die Untersuchung in Privaträumen stattfindet, müssen Details davon ordnungsgemäß aufgezeichnet werden. Anhörungen können als Audio oder Video aufgezeichnet werden und müssen datiert und dann vom Befragten und der Anklage unterzeichnet werden. Sollte sich eine Person weigern, befragt zu werden, sollte die Anklage dies notieren.

Der Abschluss der FIA-Untersuchung gibt zwei mögliche Ausgänge vor: einmal den Fall vor das Internationale Tribunal zu führen - oder nicht. Es gibt aber auch ein drittes Szenario, das in diesem Fall eingetreten ist: Die Anklage kann eine Vereinbarung treffen, um den Prozess zu beenden.

Wann Immunität gewährt wird

Der nächste Abschnitt besteht aus einer ausführlichen Erklärung über Immunität der Beteiligten. Wir wissen nicht, ob das im vorliegenden Fall zutrifft, trotzdem könnte es wertvoll sein, zumindest teilweise dazulegen, was dort geschrieben steht.

Die Immunität wird unter zwei Auflagen gewährt:

"a) in guter Absicht mit der FIA kooperieren und dabei die ganze Wahrheit sagen, ohne nützliche Informationen oder Beweise zu zerstören, zu verfälschen oder zu verbergen.

b) die FIA mit ehrlicher, totaler und permanenter Kooperation während des gesamten Prozesses zu unterstützen. Dazu gehört besonders: Aussagen im Einklag mit jeglicher Anfrage und in jeglicher Form, die die FIA verlangt, zu geben und zu wiederholen und der FIA weiter zur Verfügung zu stehen, jegliche Fragen schnell zu beantworten."

Man muss aber festhalten, dass diese Immunität wieder entzogen werden kann, sollte sich herausstellen, dass der Rezipient nicht die Wahrheit gesagt hat. Dieser kann die Entscheidung nicht anfechten und könnte wieder durch Vergehen gegen Artikel 8.2 bestraft werden.

In dem Statement der vergangenen Woche wurde keine Immunität erwähnt, jedoch suggeriert das Wording eine positive Kooperation. Möglicherweise hat Ferrari einige Schlupflöcher aufgezeigt, hinzu kommt der seltsame Verweis darauf, dass die Italiener in Zukunft bei den Nachforschungen zu Emissionen und Nachhaltigkeit helfen.

Geheimhaltung gegenüber Drittparteien

Der letzte Paragraph dieser Sektion ist jedoch wichtig und erklärt, wieso die Details zwischen beiden Parteien geheim bleiben. Denn die Regel besagt, dass alle beteiligten Personen einer Geheimhaltung gegenüber dritten Parteien, die nichts mit dem Fall zu tun haben, unterliegen. Die FIA kann ihre Entscheidung jedoch jederzeit öffentlich machen.

Andreas Seidl, Toto Wolff, Christian Horner, Otmar Szafnauer

Haben Horner, Wolff & Co. wirklich nichts mit dem Fall zu tun?

Foto: LAT

Hier scheiden sich aber die Geister: Sind die sieben Formel-1-Teams ohne Ferrari-Motoren wirklich "dritte Parteien, die nichts mit dem Fall zu tun haben"? Das sollte man mal Toto Wolff, Christian Horner und den anderen sagen, die im vergangenen Jahr von Ferrari geschlagen wurden.

Wichtig ist auch, dass die FIA die Angelegenheit öffentlich machen KANN. Sie ist nicht verpflichtet mitzuteilen, dass man zu einem Schluss gekommen ist oder sogar dass man eine Untersuchung geführt hat. Die FIA hätte auch zu einem früheren Zeitpunkt mitteilen können, dass man eine Untersuchung eingeleitet hat - das hat man nicht getan.

Erklärung gab es bei Vettel

Beim Fakt, dass man keine Details verraten hat, kann die FIA immer auf ihren eigenen Paragraphen verweisen. Trotzdem gibt es einige Beispiele von Untersuchungen, die es nicht zum Tribunal geschafft haben, bei denen die FIA trotzdem eine detaillierte Erklärung abgegeben hat.

Da wäre zum Beispiel Sebastian Vettel, der 2016 in Mexiko über Funk negative Kommentare in Richtung Rennleiter Charlie Whiting abgelassen hatte. Nach der Untersuchung gab es ein Statement, in dem die FIA erklärte, dass sich Vettel entschuldigt und versprochen habe, dass es keine Wiederholung von seinem Verhalten geben wird.

Aus diesem Grund verzichtete die FIA darauf, die Sache vor das Tribunal zu bringen. Weniger als ein Jahr später fiel Vettel wieder auf, als er Lewis Hamilton in Baku hinter dem Safety-Car rammte. Auch hier gab es ein langes Statement zu Vettel, der sich entschuldigte, seine Schuld einsah und einige gemeinnützige Aufgaben erledigte.

Beim nächsten Mal werde Jean Todt die Angelegenheit jedoch unmittelbar an das Internationale Tribunal weiterleiten, hieß es damals.

Welchen Unterschied es zu 2020 gibt

Das waren zwei Fälle, in denen die FIA detaillierte Erklärungen lieferte, was besprochen wurde und warum die Angelegenheit nicht vor das Internationale Tribunal ging. Was in den beiden Vettel-Fällen jedoch im Vergleich zum jetzigen Fall fehlt, ist das Wort "Settlement" im FIA-Statement.

Lewis Hamilton, Sebastian Vettel

Sebastian Vettel entschuldigte sich nach zwei Vorfällen für sein Verhalten

Foto: LAT

Entschuldigungen und gemeinnützige Arbeit um einen Fall zu beenden und einer größeren Bestrafung zu umgehen, klingt wie eine Vereinbarung. Aber das Wort "Settlement" hat eine spezielle rechtliche Bedeutung. Es bedeutet nicht, dass Ferrari eine Schuld eingeräumt hat - anders als es Vettel durch die Entschuldigung getan hat.

In den Regeln steht zumindest nicht geschrieben, dass die Geheimhaltung nur bei einem "Settlement" zugrundeliegt. Dieser Unterschied erklärt also nicht, warum es keine Details gegeben hat.

Welche Schritte werden die verärgerten sieben Teams als nächstes gehen? Die FIA hat zumindest bereits geantwortet. Doch die Geschichte ist noch lange nicht vorbei.

Mit Bildmaterial von LAT.

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