Der andere Mick Schumacher: So sieht ihn Haas' Renningenieur
Ayao Komatsu, leitender Renningenieur des Haas-Teams, gibt faszinierende Einblicke, wie Mick Schumacher hinter den Kulissen tickt und agiert
Der andere Mick Schumacher: So sieht ihn Haas' Renningenieur
Seit einigen Wochen beweist Mick Schumacher mit starken Leistungen, dass er in die Formel 1 gehört. Am Beginn dieses Prozesses standen seine ersten WM-Punkte in Silverstone und Spielberg, durch die er Selbstvertrauen getankt hat; gerade in Spielberg soll es hinter den Kulissen des Haas-Teams aber auch Spannungen gegeben haben.
Rückblende: Im F1-Sprint am Samstag fuhr Schumacher hinter seinem Teamkollegen Kevin Magnussen auf Platz 8, ehe von hinten Lewis Hamilton ankam und Druck machte. Schumacher hatte das Gefühl, schneller als Magnussen zu sein, und forderte einen Platztausch.
Doch den verweigerte der Kommandostand, und als stattdessen Magnussen die Gelegenheit nutzte, ihn aus dem DRS abzuschütteln, weil Schumacher mit Hamilton beschäftigt war, soll der Haussegen im Briefing nach dem Rennen schiefgehangen sein.
Es ist die andere Seite von Mick Schumacher, die man in Interviews nur selten zu sehen bekommt; die des selbstbewussten jungen Mannes, dessen Ton durchaus auch mal schärfer werden kann, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt.
Wie sieht der Renningenieur, was in Österreich passiert ist?
Der Grand Prix von Österreich sei dafür "ein gutes Beispiel" gewesen, sagt Ayao Komatsu, der leitende Renningenieur des Haas-Teams, in einem Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Mick lag hinter Kevin, und das hat ihn frustriert. Sein Fokus in diesem Sprintrennen war nicht der richtige. Darüber haben wir danach gesprochen."
Was Komatsu damit meint: "Wir haben vor dem Sprintrennen darüber gesprochen, wie wir es als Team angehen werden. Aber was er dann gemacht hat, war nicht so toll. Und was er danach gesagt hat, war auch nicht so toll."
Schumacher sagte am Samstagabend in Spielberg, er habe "eigentlich gehofft, dass sich Kevin zurückfallen lassen würde", um im Zweikampf gegen Hamilton das DRS von Magnussen als Vorteil nutzen zu können. Außerdem sei er "ein ganzes Stück schneller" als der Däne gewesen. Und: "Ich denke, das ist etwas, worüber man diskutieren kann."
Schumacher kann auch anders, wenn er will ...
Während er sich vor den TV-Kameras sehr diplomatisch ausgedrückt hat, wie ihm das mutmaßlich im Medientraining durch seine Managerin Sabine Kehm beigebracht wurde, berichten Quellen aus dem Haas-Team, dass Schumacher hinter den Kulissen durchaus selbstbewusster und direkter aufgetreten sein soll.
Komatsu versteht das: "Er ist ein junger Fahrer, und er will der Beste sein. Er will alle anderen schlagen. Das geht in Ordnung, denn so muss ein junger Rennfahrer ticken. Andererseits sollte man aber auch das Gesamtbild erkennen. Was ist die Position des Teams insgesamt, was ist meine Position? Da kann schon ein klitzekleines Umdenken viel ausmachen."
"Wir haben nach dem Sprint am Samstag ganz offen darüber gesprochen, am Sonntagmorgen vor dem Rennen nochmal, nach dem Rennen nochmal, und am Dienstag nach dem Rennen auch nochmal. Wir haben eine gute, offene Kommunikation. Spielberg war ehrlich gesagt hart. Das Ergebnis hat gestimmt, aber da haben wir viel dazugelernt", erklärt Komatsu.
War Spielberg wichtig für Schumachers persönliche Entwicklung?
Spielberg sei im Verhältnis zwischen dem Haas-Team und Schumacher eine "bumpy Road" gewesen, also sinngemäß ein eher holpriges Wochenende. "Aber ich habe ihm das erklärt: 'Mick, komm schon, du bist gut unterwegs. Konzentrier dich auf deine eigene Leistung und nicht auf diese Sache!' Und dann war es wieder gut", erinnert sich Komatsu.
"Für Mick ist es sehr gut, einen etablierten Teamkollegen wie Kevin zu haben. Wir wussten vorher nicht, wie gut er ist. Dann kam Kevin, und damit hatten wir eine Referenz. Wir glauben, dass wir mit unserem 2021er-Auto auch sicher gegen Williams hätten kämpfen können, hätten wir damals Kevin schon gehabt. Davon hätte auch Mick in seiner Entwicklung profitiert."
"Wie Tag und Nacht": Magnussen erwachsen geworden
Denn: "Kevins Einstellung und seine mentale Verfassung ist wie Tag und Nacht anders als vor zwei Jahren. Er ist nach diesem Jahr Auszeit viel reifer zurückgekehrt. Es ist regelrecht eine Freude, mit ihm zu arbeiten. Und er konzentriert sich auch gar nicht drauf, den Teamkollegen zu schlagen, sondern er denkt immer ans Team", lobt Komatsu.
Gleichzeitig sagt er: "Vor fünf Jahren wäre Kevin noch genau der Gleiche gewesen wie Mick heute. Junge Fahrer wollen immer zuerst den Teamkollegen schlagen. Kevin will Mick natürlich auch schlagen, aber es ist nicht sein erster Fokus. Da steht er drüber. Mick hat halt noch weniger Erfahrung. Daher soll das auch gar keine Kritik an ihm sein."
In einem Punkt deckt sich Komatsus Bild von Schumacher mit dem, das viele Experten haben: "Er lernt ständig dazu. Er ist nicht langsam - aber vor allem lernt er ständig dazu. Wenn er den richtigen Fokus setzt und mental stark bleibt, dann wird er einen guten Weg machen. Und er wird von seinen Teamkollegen lernen. Denn lernen, das kann er wirklich ganz toll."
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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