Die 7-Milliarden-Euro-Frage: Was sieht Liberty in der Formel 1?
Wieso hat Liberty Media die Formel 1 zu einem Preis von rund sieben Milliarden Euro gekauft? Da Bernie Ecclestone Verträge am Laufen hat, die in den nächsten zehn Jahren rund acht Milliarden Euro einbringen, sind die Gründe recht offensichtlich.
Foto: XPB Images
Am Mittwochabend gab Liberty Media eine Erklärung heraus, in der das Unternehmen erklärt, wieso es in die Formel 1 investiert und deutet an, was für die Zukunft geplant ist.
Da Liberty Media an der New Yorker Börse notiert ist, hat die Geheimniskrämerei, die die Finanzen in der Formel 1 bisher umgab, ein Ende. Die neuen Besitzer müssen Zahlen veröffentlichen, um die Behörden und Anteilseigner zufriedenzustellen. Außerdem sollen auch künftige Investoren angelockt werden.
Aus diesem Grund hat das Unternehmen eine Art Handbuch für Formel-1-Anfänger – "Einführung in die Formula One Group" – für die amerikanische Wirtschaft herausgegeben, die keine Ahnung von der Königsklasse hat.
In dem Dokument sind sämtliche Teams, Rennen und Fahrer gelistet und jede Menge Zahlen finanzieller Details, die einen umhauen können. Aber es erlaubt auch interessante Einblicke in die Denkweise von Liberty.
Das "Kultige Sport-Business" wird wie folgt beschrieben:
• Einzigartiges Sport-Unterhaltung Franchise
• Kultige, globale Marke mit einer Geschichte von mehr als 67 Jahren
• Massive internationale Fangemeinde und mediale Berichterstattung
• Mehr als 400 Millionen TV-Zuschauer weltweit
• Höchst attraktives finanzielles Profil mit vertraglich gesicherten Einkünften
Liberty erklärt, dass die Einkünfte der Formel 1 aus vier Haupteinnahmequellen kommen, die erste das "Herzstück der Einnahmen" und nennt auch eine Prozentzahl der einzelnen Posten.
1. Rennvermarktung
• Gebühren für den Veranstalter, Events auszutragen
• Verträge steigen typischerweise an : ~30-35% (5-10+ Jahre)
2. Fernsehübertragungen
• Verträge mit rund 100 Sendern
• Der typische Vertrag beinhaltet einen jährliche Anstieg
• Die Formel 1 produziert schon immer Live-Feeds von allen Rennen (außer Monaco): ~30-35% (3-6 Jahre)
3. Werbung und Sponsoring
• Weltweite Partner und offizielle Zulieferer
• Rennspezifisches Sponsoring
• Werbung entlang der Strecke: ~15% (3+ Jahre)
4. Weiteres
• Beinhaltet Hospitality (z.B. Paddock Club), Fracht, TV-Produktion und Postproduktion, Nachwuchsrennserien: ~20%
Interessanterweise beschreibt Liberty die Formel 1 als "Geschäftsmodell mit niedrigem Risiko mit langfristigen Verträgen" und hebt folgende Punkte hervor:
• Mehrfache Einkommensquellen
• Hochwertige Geschäftspartner auch aus Regierungen
• Gestaffelte Erneuerungen der Einnahmen durch langfristige Verträge
• Ungefähr 8 Milliarden Euro Einnahmen durch langfristige Verträge bis 2026.
• Eingeschränkte Verpflichtungen für die Formel 1 laut Verträgen
• Von Reichweiten unabhängiges Geschäft
Dieser letzte Satz wird oft in der Musik- oder Gaming-Industrie verwendet und bedeutet ganz einfach, dass das Interesse an der Formel 1 dauerhaft ist und nicht von Modeerscheinungen oder Trends abhängt.
Der Bezug auf "Geschäftspartner aus Regierungen" ist eine Erinnerung daran, wie viele Rennen von nationalen, lokalen oder regionalen Regierungen entweder finanziert oder bezuschusst werden.
Es ist auch faszinierend zu erfahren, dass 8 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre vertraglich garantiert sind, ohne überhaupt die Vertragsverlängerungen mit einzubeziehen, die während dieser Zeit anstehen und schon gar nicht die neuen Verträge, die vielleicht dazukommen.
Eindrucksvolle Zahlen
Liberty nennt auch Summen der vier TV-Hauptpartner (Sky, RTL, RAI Sport und TV Globo), seiner sechs globalen Sponsoring-Partner (Heineken, Pirelli, Rolex, Tata, UBS und Emirates), und vier weiteren Titelsponsoren einzelner Rennen (Gulf Air, Etihad, Singapore Airlines und Petronas). Übrigens haben nur neun der 21 Rennen in diesem Jahr einen Titelsponsor.
Liberty führt auch die Einnahmen und Gewinne der vergangenen drei Jahre auf, ebenso wie eine Schätzung für 2016. Zur Erklärung: EBITDA sind Einnahmen vor Zinsen, Steuern, Wertminderungen und Abschreibungen. Die folgenden Zahlen sind die Summen, bevor und nachdem die Teams ihre Anteile bekommen haben in Euro.
2013 | 2014 | 2015 | 2016 | |
Anzahl der Rennen: | 19 | 19 | 19 | 21 |
Einnahmen: | 1,457 Milliarden | 1,513 Milliarden | 1,508 Milliarden | 1,626 Milliarden |
EBITDA vor Zahlungen an Teams: | 1,109 Milliarden | 1,171 Milliarden | 1,191 Milliarden | 1,285 Milliarden |
EBITDA: | 425 Millionen | 428 Millionen | 413 Millionen | 426 Millionen |
Das ist ein recht gesunder Nettoprofit, einer der Investoren sicher anziehen wird. Was wird also Liberty einbringen und wie sieht die Zukunft aus? Das Unternehmen erklärt als "strategischer, langfristiger Besitzer" die Richtung, in die sich die Formel 1 entwickeln soll.
• Möglichkeit, die Formel 1 zum langfristigen Wohl des Sports, seiner Fans und Anteilseigner weiterzuentwickeln
• Umfangreiche Erfahrungen in Medien, Unterhaltung, Live-Events und Digital
• Liberty Media Group wird wahrscheinlich in Formula One Group umbenannt
In dem Dokument werden auch die Pläne dargelegt, die Liberty als "große Chance in der Formel 1" beschreibt. Sie würden "zum starken Fundament, das vom aktuellen Management der Formel 1, den Teams und der FIA gelegt wurde" beitragen.
• Die Formel 1 istdas führende komerzielle Sport-Franchise der Welt
• Die Chance, den Sport zum Wohl aller Beteiligten (Fans, Teams, Partner, Anteilseigner) weiterzuentwickeln.
Ausgewählte Chancen beinhalten:
• Ausbau der Werbung und des Marketing der Formel 1 als Sport und Marke
• Die Verbreitung von Inhalten zu verbessern, besonders digital
• Eine größere Bandbreite von Partnerschaften aufzubauen, inklusive Sponsoring
• Den Rennkalender weiterzuentwickeln
• Die Expertise von Liberty Media bei Live-Events und Einnahmen aus digitalen Medien
Alles deutet darauf hin, dass Liberty plant, den Kalender über 21 Rennen hinaus auszubauen. Unter "Erfolgsbilanz einer erfolgreichen, globalen Entwicklung des Kalenders", wird eine Tabelle gezeigt, die 13 neue oder wiederbelebte Rennen (in den USA, Österreich und Mexiko) beinhaltet, die seit 2004 in den Kalender aufgenommen wurden. Es wird aber nicht erwähnt, dass die Türkei, Valencia, Korea und Indien schon längst wieder verschwunden sind.
Auch nicht, dass Strecken wie Magny-Cours, der Nürburgring und Fuji ihre Rennen nicht halten konnten.
• Historischer Erfolg, den Kalender 2016 auf 21 Rennen zu erweitern (in der Geschichte waren 32 Länder Gastgeber eines Grand Prix)
• Potentielle Gelegenheiten für künftige Rennen und neue Märkte
• Ausdehnung von Rennen schafft neue Fans und vergrößert die kommerziellen Möglichkeiten
Interessanterweise werden die 35,3 Prozent Anteile von Liberty, sobald der Deal abgeschlossen ist, 3,1 Prozent ihres Gründers John Malone beinhalten und ein Prozent ihres Präsidenten und Geschäftsführers Greg Maffi. Im Gegensatz zur allgemeinen Annahme wird CVC einen beträchtlichen Anteil behalten.
Die Aufteilung nach der Übernahme durch Liberty sieht wie folgt aus:
Liberty: 0% bis 35,3%
CVC: 38,1% bis 24,7%
Waddell & Reed: 20,5% bis 13,3%
LB I Group (Lehman): 12,1% bis 7,8%
Bambino Holdings: 8,4% bis 5,4%
Norges: 4,1% bis 2,7%
Bernie Ecclestone 3,3% bis 2,1%
Management: 2,8% bis 1,8%
Andere: 10,6% bis 6,9%
Unter "Anderen befindet sich auch etwa ein Prozent der Anteile, die die FIA und Ferrari halten.
Was mit denen passiert, ist noch ungewiss, aber es wird erwartet, dass die Teams künftig die Gelegenheit bekommen, ebenfalls Anteile zu erwerben, womit Ferrari sicher seine Anteiel vergrößern wird.
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