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Mercedes-Crew in Todesangst: Waffe am Kopf, Schüsse fielen

Toto Wolff verrät Details zu dem Raubüberfall auf seine Mitarbeiter - FIA instruiert Journalisten, Kleidung mit Medienlogos abzulegen - Polizeipräsenz verstärkt

Valtteri Bottas, Mercedes-Benz F1 W08  pit stop

Sutton Images

Die Meldung, dass auf Mitglieder der Mercedes-Mannschaft am Freitagabend am Rande des Brasilien-Grand-Prix in Sao Paulo ein Raubüberfall verübt wurde, sorgte für Entsetzen im Fahrerlager der Formel 1. Die Details zum Tathergang, die in der Folge bekannt wurden, riefen neuerliches Erschaudern hervor. Schließlich hätte es in der prekären Situation Tote und Verletzte geben können, wie die Darstellung von Sportchef Toto Wolff vermuten lässt. "Es war ziemlich Wild West", sagt er.

Protokoll der Tat: Gegen 22 Uhr verließ die Crew gemeinsam die Strecke, um in mehreren Kleinbussen aus dem Vorort Interlagos, in dem sich das Autodromo Carlos Pace befindet, zu ihrem Hotel in der Stadt zu fahren. "Du kommst an einer schlimmen Gegend vorbei", erklärt Wolff. Tatsächlich führt die Zufahrtsstraße, die an einem alten, rostigen Tor endet und nicht beleuchtet ist, durch eine Wohngegend, die sogar nach brasilianischen Maßstäben ein sozialer Brennpunkt ist. Schilder warnen davor, mit dem Auto anzuhalten. Bei Dunkelheit ist es erlaubt, rote Ampeln zu missachten.

Dann passierte es: "Einer von unseren Mannschaftsbussen wurde überfallen, die Tür wurde eingetreten und sechs bewaffnete Gangster sind hinein", schildert Wolff. "Sie haben teilweise unseren Jungs die Waffen an den Kopf gehalten und Uhren, Pässe sowie Telefone gestohlen. Dann haben sie auch noch einem Auto hinterhergefeuert." Alle betroffenen Mercedes-Mitarbeiter blieben unverletzt – wahrscheinlich auch weil sie sich nicht wehrten und Wertgegenstände widerstandslos abgaben.

Toto Wolff meint, dass der Schreck dennoch tief sitzen würde: "Sie sind natürlich ein bisschen mitgenommen – vor allem diejenigen, die die Waffen angehalten bekommen haben. Aber es sollte jetzt in Ordnung sein." Mercedes reagierte und organisierte für die Betroffenen eine frühere Rückreisemöglichkeit am Sonntag. Valtteri Bottas munterte sie noch vor dem Qualifying auf und versprach eine Pole-Position: "Damit alle jubeln können", sagt der Finne. "Ich bin froh, dass es geklappt hat. Aber natürlich bin ich in erster Linie froh, dass alle an einem Stück und unversehrt geblieben sind."

Damit sich kein weiterer Raubüberfall ereignet, haben die brasilianischen Behörden die Polizeipräsenz rund um die Strecke verstärkt. Für Mercedes – und möglicherweise auch für weitere Teams – wurden schon am Samstagmorgen besondere Maßnahmen ergriffen. "Wir sind in einem Konvoi mit der Polizei hergefahren", meint Wolff und nennt die Aufstockung der Sicherheitskräfte in Interlagos gravierend: "Es befindet sich so viel Polizei auf den Straßen als würde ein Bürgerkrieg herrschen."

Die mitgereisten Journalisten wurden von der FIA dazu aufgefordert, nach dem Verlassen der Anlage die Parkaufkleber von den Windschutzscheiben ihrer Autos zu entfernen – kein einfaches Unterfangen, schließlich sind die neonfarbenen Sticker nach dem Anbringen kaum abzukratzen. Auch die Paddock-Pässe (personalisierte Chipkarten zum Umhängen um den Hals) sollen versteckt und Kleidung, die einen etwa als Mitarbeiter eines Fernsehsenders kenntlich macht, abgelegt werden.

Obwohl Brasilien seit geraumer Zeit als gefährliches Pflaster gilt, spart sich Mercedes eine Abrechnung mit dem Grand Prix. "Mich überrascht nichts mehr. Ich bin seit so vielen Jahre hier und so etwas ist mir nie passiert", beruhigt Wolff. Er spricht von einem "Freakvorfall" und betont, dass sich am Freitag unglückliche Umstände summiert hätten. "Es hat stark geregnet, die Polizei war nicht auf den Straßen, es war spät abends." Normalerweise fahren die Teams früher ins Hotel.

Kritischer äußert sich Lewis Hamilton, der den Vorfall in den sozialen Netzwerken erst bekannt gemacht hatte. "Als ich davon gehört habe, fand ich grausam, was passiert ist. Ich bin sehr eng mit all den Jungs befreundet. Man kann sich gar nicht vorstellen, was sie durchgemacht haben", stöhnt der Brite und wundert sich, dass nicht zuvor Maßnahmen gegen Raubüberfälle ergriffen wurden: "Ich bin seit zehn Jahren in der Formel 1 – und jedes Jahr ist es jemandem aus dem Paddock passiert."

"Es geht immer weiter. Man sollte sich diesem Problem widmen. Die Leute ganz oben müssen etwas unternehmen, damit jeder sicher ist", fordert Hamilton. So einfach ist das Problem allerdings nicht zu lösen. Schon jetzt ist beispielsweise die Crew des TV-Senders Sky mit einem Bus mit Sicherheitspersonal in Sao Paulo unterwegs. Doch Wolff sieht die Abschreckungstaktik skeptisch: "Ich weiß nicht, ob ein Security-Mann so viel hilft. Was du nicht willst ist, dass eine wilde Schießerei losgeht", meint er. "Es war vielleicht zu wenig Security rund um die Strecke gestern."

Vielmehr wünscht Wolff offenbar, die Wurzel des Übels anzugehen. In dem teils bitterarmen Land heißt das, die Armut zu bekämpfen und den perspektivlosen Kriminellen kein Motiv für ihre Taten zu liefern. "Wir sollten keine bewaffneten Fahrzeuge und kugelsichere Autos brauchen. Oder Personenschützer, die den Weg von der Strecke zum Hotel sicher machen", wünscht sich der Sportchef und liebäugelt damit, demnächst mehr für die Sicherheit seiner zu tun: "Aber so sind die Umstände. Vielleicht sind wir die Sache vorher zu locker angegangen Brasilien ist ein umbarmherziges Land."

Aber wie Hamilton schon bemerkte: Ein neues Phänomen sind Straftaten, die an Mitgliedern des Formel-1-Zirkus in Brasilien begangen werden, nicht. 2010 entkam McLaren-Pilot Jenson Button nur dank einer waghalsigen Flucht seines Chauffeurs mit Maschinenpistolen bewaffneten Gangstern. Im gleichen Jahr wurden Sauber-Ingenieure an einer Ampel ausgeraubt. Die Schwiegermutter Bernie Ecclestones wurde vor zwei Jahren Opfer einer Entführung mit Lösegelderpressung.

Dennoch: Interlagos den Rücken kehren und damit vor den Kriminellen einknicken will Hamilton nicht. "Brasilien ist so ein tolles Land. Die Leute sind klasse, die Energie ist der Wahnsinn. Ich habe hier nie etwas Gefährliches erlebt, aber natürlich weiß ich um die Armut und die seit Jahren hohe Kriminalitätsrate. Trotzdem ist es ein wahnsinnig toller Grand Prix, zu dem ich liebend gerne reise."

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