F1-Technik: Warum Vettels Ferrari-Getriebe für GP Japan intakt blieb
Bevor es beim Grand Prix von Japan für Ferrari erneut technische Probleme gab, herrschte große Erleichterung. Giorgio Piola und Matt Somerfield erklären die Getriebe-Saga um Sebastian Vettel.
Foto: Giorgio Piola
Formel-1-Technik mit Giorgio Piola
Giorgio Piola analysiert und erklärt die Technik in der Formel 1!
Dass das Getriebe im Ferrari SF70H von Sebastian Vettel trotz des Crashs mit Williams-Pilot Lance Stroll in der Auslaufrunde des Grand Prix von Malaysia nicht gewechselt werden musste und Vettel mit diesem auch beim Grand Prix von Japan antreten konnte, hatte einen Grund, der auf eine bereits vor längerer Zeit getroffene Entscheidung zurückgeht.
Während Mercedes erst seit Beginn der Hybrid-Ära (2014) wieder auf eine Modulbauweise beim Getriebe setzt, vertraut Ferrari diesem Prinzip schon seit längerer Zeit. Aldo Costa gilt in diesem Zusammenhang als die Schlüsselfigur. Costa war beim Ferrari F2004 aus der Saison 2004 federführend für das Design des Getriebes zuständig. Inzwischen arbeitet Costa für Mercedes.
Das originale Getriebedesign beim Ferrari F2004 bestand aus einer Kohlefaserhülle, die über das Titangehäuse gestülpt wurde, um die Steifigkeit zu erhöhen. Die heutigen Getriebe bestehen sogar aus noch mehr Elementen. Dadurch lassen sich äußere Veränderungen am Gehäuse, wie etwa neue Anlenkpunkte für die Radaufhängung oder aerodynamische Veränderungen, einfacher vornehmen.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das originale Getriebedesign nicht nur bei Ferrari bis heute Bestand hat. Auch die Kundenteams Haas und Sauber werden damit beliefert. Ebenso setzt das Mercedes-Kundenteam Force India auf jenes Getriebedesign, das Mercedes zu Beginn der Hybrid-Ära einführte.
Würde Ferrari nicht ein solches kassettenartiges Getriebedesign fahren, wären die Auswirkungen beim Vettel/Stroll-Crash weitaus schwerwiegender gewesen. Die beim Aufprall aufgetretenen Kräfte hätten dann nämlich direkt auf das Getriebe durchgeschlagen.
Um sicherzustellen, dass das Getriebe im Auto von Vettel auch am Japan-Wochenende eingesetzt werden kann, wurden bei Ferrari eine Reihe von Tests durchgeführt. Zudem experimentierte man in Suzuka mit der Aerodynamik. Am Heck etwa wurde im 2. Freien Training am Freitag zunächst der konventionelle Heckflügel für viel Abtrieb gefahren. Für Qualifying und Rennen setzte man dann auf den löffelförmigen Heckflügel für weniger Abtrieb.
Auch bei der Vorderradaufhängung wurden von Ferrari am Japan-Wochenende Vergleichstests mit unterschiedlichen Ausführungen durchgeführt. Neben der Standardvariante war Kimi Räikkönen zwischenzeitlich mit einem neuen Aufhängungsdesign unterwegs. Der Unterschied bestand vor allem in einem anders gestalteten oberen Querlenker.
Für das Qualifying und das Rennen ließ Räikkönen aber wieder auf die Standardaufhängung zurückrüsten, die auch Teamkollege Vettel fuhr. Überzeugt haben den Finnen bei dieser Entscheidung neben seinen eigenen Eindrücken nicht zuletzt auch die von Ferrari-Testfahrer Antonio Giovinazzi im Simulator gesammelten Daten.
Neben einem neuen Querlenker an der Vorderradaufhängung experimentierte Ferrari in Suzuka auch mit Veränderungen an der vorderen Bremsbelüftung. Dabei wurde eine kürzere Abrisskante oberhalb des Lüftungskanals eingesetzt (rote Pfeile mit vorheriger Variante im Kreis). Durch diese Veränderung wurde der Luftstrom rund um die Vorderreifen positiv beeinflusst.
Kurz vor dem Start des Rennens freilich gab es das nächste technische Problem bei Ferrari. Die Motorenprobleme vom Malaysia-Wochenende lagen gerade mal ein paar Tage zurück, als am Auto von Sebastian Vettel eine Zündkerze den Dienst quittierte.
Weil die Zeit zum Wechsel der Zündkerze in der Startaufstellung nicht ausreichte, musste Vettel am Lenkrad verschiedene Modi durchspielen, um das Problem umgehen zu können. Das funktionierte jedoch nicht. Aufgrund von Fehlzündungen kämpfte Vettel mit dem Rücken zur Wand und musste das Auto nach nur vier Runden schließlich abstellen.
Ironischerweise bemerkte Mercedes am Auto von Lewis Hamilton ein ähnliches Problem. Die Zündkerze im sechsten Zylinder musste gewechselt werden. Dies wurde aber im Unterschied zu Ferrari komfortabel in der Zeit zwischen Qualifying und Rennen vorgenommen.
Was unterm Strich bleibt, ist die Erkenntnis, dass selbst bei den derart komplexen Antriebseinheiten der Gegenwart noch immer Defekte an den einfachsten Teilen auftreten können.
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