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FIA-Host regt Verstappen auf: "Sind wir unter Fünf- und Sechsjährigen?"

Max Verstappen steht an der Spitze zahlreicher Fahrer, die die Diskussion über Kraftausdrücke am Boxenfunk ganz und gar nicht nachvollziehen können

FIA-Host regt Verstappen auf: "Sind wir unter Fünf- und Sechsjährigen?"

Max Verstappen versteht nicht, warum die FIA beim Thema Fluchen so kleinlich ist

Foto: LAT Images

Als Max Verstappen am Donnerstag auf der Couch der von Tom Clarkson gehosteten FIA-Talkshow Platz nahm, ahnte manch einer schon, dass über den Auftritt noch geredet werden würde. Zunächst allerdings vor allem deshalb, weil er sich wenig Mühe gab, seine mitgebrachte Red-Bull-Dose zu verstecken, sondern diese gut sichtbar ins Bild hielt. Eine Art von Schleichwerbung, mit der die Verantwortlichen der PR-gestriegelten Formel 1 noch nie große Freude hatten.

Verstappen wurde dann über Baku befragt und warum er dort langsamer war als sein Teamkollege Sergio Perez. Roldan Rodriguez, ein ehemaliger Rennfahrer, der heute als TV-Moderator für DAZN Spanien arbeitet, drückte damit offenbar die richtigen Knöpfe beim dreimaligen Weltmeister.

"Weiß ich nicht, Mann", antwortete Verstappen. "Anderes Set-up. Als ich ins Qualifying ging, wusste ich, dass das Auto gefickt ist." Im englischen Original klang das so: "I knew the car was fucked."

 

Dann kam nach Verstappens Antwort auch noch Tom Clarkson auf die Idee, sich für die Sprache zu entschuldigen und die Teilnehmer der Pressekonferenz darum zu bitten, mehr auf ihre Ausdrucksweise zu achten. Und damit war eigentlich schon klar, dass es in der Aufarbeitung der Pressekonferenz nicht primär um Sport gehen würde, sondern um eine Diskussion über "political Correctness" in der Formel 1.

Denn im Vorfeld hatte FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem mit der Aussage aufhorchen lassen, dass er sich weniger Fluchen in den Formel-1-Übertragungen wünsche, weil Grand-Prix-Piloten schließlich Sportler seien und keine Rapper. Eine Formulierung, die dem Präsidenten übrigens Ärger von Lewis Hamilton eingebracht hat.

 
 

Was Verstappen von der Forderung des Präsidenten hält

Und eine Forderung, die Verstappen offenbar nicht nachvollziehen kann. Er sagt: "Die Leute fluchen doch sowieso. Wenn nicht in diesem Raum, dann halt irgendwo anders. Jeder flucht. Manch einer vielleicht ein bisschen mehr als andere. Und es hängt auch immer davon ab, welche Muttersprache jemand spricht."

Verstappen differenziert damit in seiner Einordnung. Denn ein Rennfahrer, der im Englischen vielleicht nicht ganz so sicher ist wie in seiner Muttersprache, neigt womöglich dazu, Kraftausdrücke, die er verwendet, gar nicht als solche identifizieren zu können. Yuki Tsunoda würde wahrscheinlich in diese Schublade passen. Ein netter Kerl, dessen Wortwahl manchmal hart an der Grenze rüberkommt.

Verstappen stellt auch klar, dass man zwischen Fluchen und Beschimpfungen unterscheiden müsse. Fluchen sei normal und gehöre zum Sport dazu, Beschimpfungen nicht. Er muss es ja wissen, schließlich hat er seine Lektion einst gelernt, als er Lance Stroll am Boxenfunk als "Mongo" und "behinderten Vollidioten" bezeichnete und dafür (zurecht) scharf kritisiert wurde.

Die Formel 1 ist, das muss man wissen, eine der ganz wenigen Sportarten, in der jede Äußerung der Fahrer aufgezeichnet und teilweise auch ausgestrahlt wird. Es wäre völlig undenkbar, dass Fußball- oder Rugbyspieler mit einem Mikrofon verkabelt werden. Und der Anteil an Flüchen dabei wäre wahrscheinlich genauso hoch wie bei Rennfahrern.

Was Perez, Leclerc und Norris dazu sagen

"Es ist schon ein lustiger Sport", schüttelt Sergio Perez den Kopf. "Sie stecken dir ein Mikrofon an den Mund und wundern sich dann, dass manchmal geflucht wird. Stellt euch vor, ein Fußballer hätte ein Mikro an Mund, wenn er eine zwischen die Beine bekommt! Wenn sie Kontrolle drüber wollen, sollen sie die Funksprüche einfach löschen und uns die Privatsphäre lassen."

"Ich denke, die FIA sollte gerade andere Prioritäten haben", wundert sich auch Charles Leclerc. "Wir sind doch erwachsen. Ich würde da eher die FIA um einen Gefallen bitten, dass sie nämlich nicht alles ausstrahlen, was wir so sagen. Wenn du mit 300 km/h zwischen Betonmauern fährst, ist es nicht so leicht, sich jedes Wort genau zu überlegen. Und wir sind auch nur Menschen."

Lando Norris sieht das genauso: "Sie können den Boxenfunk einfach nicht ausstrahlen. Ganz einfach. Wir sind die Jungs, die unter Stress stehen, im Eifer des Gefechts, unter Druck. Wir kämpfen und haben Crashs. Da kommt viel zusammen, und da ist es für die, die draußen zuschauen, viel einfacher, das zu unterbinden als für uns, die wir mit hohem Puls im Rennauto sitzen und alles geben."

"Manchmal", räumt Norris ein, "setzen wir solche Sprache auch ein, um einer Meinung Nachdruck zu verleihen. Wenn du höflich sagst, du bist mit etwas nicht so happy, hat das vielleicht keine so große Wirkung. Ich finde daher, das ist ein Problem, das eher die FIA lösen muss. Und nicht wir."

"Wenn so ein Funk reinkommt, können sie ihn ja einfach nicht ausstrahlen. Den einen oder den anderen Knopf drücken. Ganz einfach. Mir ist schon klar, dass Kinder auch zuhören, und die sollten sowas natürlich nicht hören. Aber so ist das halt, wenn du mit Leidenschaft bei der Sache bist, und wir alle sind mit Leidenschaft bei der Sache und wollen die Besten in unserem Sport sein."

Von einem generellen Fluchverbot hält Norris nichts: "Das, was man da hört, ist, wie wir Fahrer sind, mit unseren rohen Gedanken und Gefühlen. Ich finde es cool, wenn ich das höre, ich finde es aufregend. Das ist halt nicht immer eine gewählte Sprache, aber die Menschen verwenden in ihrem Alltag auch nicht immer gewählte Sprache."

Norris geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn er sagt: "Wenn es das ist, was jemand hören will", nämlich eine gewählte, freundliche Sprache frei von Kraftausdrücken, "dann gibt es sicher genug andere Sportarten, die man sich anschauen kann."

Verstappen: Seitenhieb in Richtung Clarkson

Wichtig ist bei dem Thema: Schon jetzt hat das Formel-1-Management die Möglichkeit, Funksprüche zu zensieren. Diese werden selten live ausgestrahlt, sondern zeitversetzt. Eben um sicherstellen zu können, dass Kraftausdrücke überpiepst werden. Wenn dann doch mal ein Kraftausdruck durchgerutscht ist, dann nur wegen eines Fehlers in der redaktionellen Bearbeitung.

"Sollen sie es halt einfach nicht ausstrahlen", versteht Verstappen die Aufregung nicht. "Dann bekommt es keiner mehr mit." Und er sagt: "So ist die Welt, in der wir leben, halt geworden. Nicht nur im Sport, sondern generell scheinen die Menschen heute empfindlicher zu sein."

"Ich darf ja nicht einnmal das F-Wort sagen", meint er. "Dabei ist das doch gar nicht so schlimm, oder? Ich meine, das Auto hat nicht funktioniert, also ist es f-ed." In Richtung Clarkson sagt Verstappen: "'Entschuldigung für die Sprache.' Sind wir hier unter lauter Fünf- und Sechsjährigen? Selbst Fünf- und Sechsjährige fluchen mit ihren Freunden, wenn die Eltern nicht zuhören. Das ändert doch nichts."

Später in der Pressekonferenz erklärte sich dann auch noch Yuki Tsunoda, der neben Verstappen saß - übrigens ebenfalls mit Red-Bull-Dose bei sich. "Du bist im falschen Sport, Mann. Wir sollten Basketball spielen", lachte Verstappen und grinste ob Tsunodas überschaubarer Körpergröße: "Ich nehme dich dann einfach auf meine Schultern!"

"Das wäre toll", meinte Tsunoda und ergänzte: "Es gehört halt dazu, dass man auch mal seine Gefühle zum Ausdruck bringt. Ich verstehe nicht, warum das ein Problem sein soll. Und ich bin mir sicher, dass die FIA-Leute auch manchmal fluchen."

Aussagen, die bei der FIA sicher nicht gut ankommen werden ...

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