Formel-1-Technik: Das spannende Heckflügel-Duell an der Spitze
Nicht nur aufgrund der Flexi-Affäre stehen die Heckflügel im Fokus: In Frankreich gewann Red Bull das taktische Duell der Philosophien gegen Mercedes
Weil das Titelrennen zwischen Red Bull und Mercedes in dieser Formel-1-Saison so eng ist, müssen beide Teams ihr aerodynamisches Set-up bei den einzelnen Rennen genau überdenken. Jeder kleine Zugewinn kann genug sein, um das Pendel in die eine oder in die andere Richtung ausschlagen zu lassen. Darum sind beide Teams beim Set-up in einem Katz-und-Maus-Spiel gefangen.
Ganz besonders im Fokus standen die Downforce-Level und ganz besonders die Heckflügel. Beide Teams müssen das notwendige Abtriebslevel gegen den Luftwiderstand und die Auswirkungen auf die Reifen in Qualifying und Rennen ausbalancieren.
Das Drama um die Flexiwings hat das Thema rund um die Designs beider Teams noch einmal angeheizt, das war aber nicht die einzige Entwicklung in diesem unheimlich engen Kampf.
Beim Großen Preis von Portugal gab es erste Anzeichen dafür, dass die Teams so eng beieinander lagen. Denn beide mussten Zugeständnisse machen, um ihren Gegner zu übertrumpfen.
Die Unterschiede beim Heckflügel lassen sich mit bloßem Auge erkennen Foto: Motorsport Images
Der Heckflügel war mit einer doppelten Heckflügelhalterung ausgestattet. Zu sehen ist aber auch, dass Hamilton eine kleinere Hauptplatte und einen kleineren oberen Flap besaß. Zudem war sein V-Ausschnitt auf der Oberkante auch flacher.
Spanien & Monaco
In Spanien kam Red Bull dann mit einem Heckflügel, der traditionell für eine High-Downforce-Strecke gedacht ist. Er hatte eine traditionellere Form und ein tieferes Profil, um den notwendigen Abtrieb und die Balance zu liefern, die von den langsameren Kurven auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya verlangt werden.
Red Bull wechselte in Spanien vor dem Samstag auf eine andere Konfiguration Foto: Giorgio Piola
In Monaco kam für beide Teams natürlich nur ein Flügel für viel Abtrieb in Frage. Im Gegensatz zu anderen Teams setzte Red Bull aber nicht auf einen T-Flügel, der für extra Stabilität und Abtrieb sorgt.
Mercedes in Monaco: Doppelpfeiler und Doppel-T-Flügel Foto: Motorsport Images
Kein Protest in Aserbaidschan
In Aserbaidschan stand dann Red Bull wieder im Fokus, da ein möglicher Protest seines Flügels über dem Rennen schwebte. Doch man kam mit einem völlig neuen Design an die Strecke. Dieses reduzierte Abtrieb und Luftwiderstand, wodurch eine Überflexibilität nicht mehr vonnöten war.
Das neue Design zeichnete sich durch eine sanftere Wölbung des unteren Teils der Hauptebene aus, während die normalerweise an der Endplatte angebrachten Designmerkmale, wie die Aufwärtsstreben, der gezackte Ausschnitt und die gewundenen Lamellen, alle entfernt wurden.
Der Flügel in Aserbaidschan wirkte einfacher als sonst Foto: Giorgio Piola
Hamiltons W12 wurde dadurch Leben eingehaucht und er kam wieder in den Bereich der Spitze, während Bottas weiter Probleme hatte - auch wenn der höhere Abtrieb eigentlich helfen sollte, Temperatur in den Reifen zu bekommen.
Red Bull gewinnt Frankreich-Duell
In Frankreich griffen dann die neuen Technischen Richtlinien rund um den Flexiwing und beseitigten damit alle Fragezeichen rund um die Legalität des Flügels bei den Teams.
Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Mercedes und Red Bull ging aber in Le Castellet weiter. Während Red Bull am Freitag die Spezifikation von vor Baku nutzte, wechselte man für den Rest des Wochenendes auf den Flügel mit weniger Abtrieb.
Mercedes schlug die gegenteilige Richtung ein. Man testete beide Versionen am Freitag und entschied sich dann aber für Qualifying und Rennen bei beiden Fahrern für die Version mit mehr Abtrieb. Diese kam wieder einmal mit einem einzelnen Stützpfeiler, nicht mit der doppelten Schwanenhals-Version.
Mercedes setzte auf die Variante mit einem Stützpfeiler Foto: Giorgio Piola
Am Ende ging die Low-Downforce-Lösung von Red Bull als Sieger hervor. Verstappen hatte dadurch den Speedvorteil auf den Geraden, durch den er Hamilton nach dem ersten Stopp hinter sich lassen und kurz vor dem Ende schließlich überholen konnte.
Es ist schon faszinierend, wie sich der Flügelkampf in den ersten sieben Saisonrennen entwickelt hat. Es ist eine Art taktischer Minikampf zwischen den beiden, bei dem am Ende beide zu einer Lösung gezwungen werden, mit der sich keiner so recht wohlfühlt.
Weitere Co-Autoren: Norman Fischer. Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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