Formel-1-Technik: Das steckt hinter dem großen McLaren-Update in Singapur
McLaren brachte in Singapur ein großes Updatepaket mit - Wir blicken auf die neuen Teile am MCL36 und auch auf einige wichtige Upgrades bei den anderen Teams
McLaren brachte beim Großen Preis von Singapur ein umfangreiches Updatepaket ans Auto, um im Kampf um WM-Rang vier gegen Alpine noch einmal nachzulegen. Dabei bauten die Weiterentwicklungen auf vorherigen Upgrades des Teams auf.
Die Neuerungen stützen sich auf die grundlegenden Änderungen am Layout der Seitenkästen und der Motorabdeckung sowie auf die Änderungen am Unterboden und am Diffusor, die bereits zu Beginn der Saison vorgenommen wurden.
Der Umfang des Updatepakets und die damit verbundenen logistischen Herausforderungen führten jedoch dazu, dass zunächst nur Lando Norris die neuen Teile bekam. Daniel Ricciardo soll das Update am Wochenende in Japan erhalten.
Die einschneidendste Veränderung sind die neue Lufteinlässe an den Seitenkästen, bei denen sich das Team offenbar von Red Bull inspirieren ließ. Es ist jedoch auch eine Fortsetzung der Designänderungen, die das Team bereits zuvor am MCL36 vorgenommen hatte.
Die neuen Teile gab es zunächst einmal nur für Lando Norris Foto: Motorsport Images
Es handelt sich allerdings nicht um eine exakte Nachbildung, was man auch nicht erwarten sollte, weil sich das Gesamtlayout der Seitenkästen immer noch stark unterscheidet, auch wenn sie konzeptionell ähnlich sind.
Ein Vorgeschmack auf weitere Änderungen?
Vielleicht noch wichtiger ist, dass sich das Layout unter der Motorhaube deutlich unterscheidet, und zwar nicht nur in Bezug auf das Innenleben der Kühler und die darin untergebrachte Elektronik, sondern auch in Bezug auf die Positionierung der Seitenaufprallstruktur (SIS).
In der oberen Abbildung ist zu sehen, dass McLaren nicht nur seinen unteren SIS-Zapfen höher als Red Bull positioniert hat, sondern auch den oberen SIS-Zapfen weiter hinten und hinter den Kühlvorrichtungen angebracht hat.
Möglicherweise wird McLaren für die kommende Saison die gesamte Seitenkasten-Anordnung neu verpacken. In der Zwischenzeit hofft man jedoch, dass die Änderungen am Einlass und dem Abschnitt vor der Cola-Flaschen-Linie eine Verbesserung der Kühlung und der aerodynamischen Effizienz bewirken werden.
Der direkte Vergleich zwischen McLaren MCL36 und Red Bull RB18 Foto: Giorgio Piola
McLaren war eines von nur zwei Teams neben Alfa Romeo, die sich zu Beginn der Saison für eine andere Unterboden-Lösung an der Seite des Chassis entschieden. Da die Konkurrenten diese Idee schon früh verwarfen, war es wahrscheinlich, dass auch McLaren sie aufgeben würde.
Neuerungen auch abseits der Seitenkästen
Bei der alten Lösung wurde ein Kanal entlang der Mittellinie des Fahrzeugs geschaffen, der den Luftstrom von unterhalb der Mittellinie des Fahrzeugs auf die Oberseite des Unterbodens und um die Seitenkästen herum leitete.
Die Anordnung führte jedoch dazu, dass der Unterboden einen Teil des Luftstroms verlor, der ihm sonst zugute gekommen wäre, da die Unterbodenkanäle beim MCL36 schmaler als bei einigen der Konkurrenten waren.
Im Rahmen der Überarbeitung wurde die gesamte Designphilosophie aufgeweicht: Die Vorderkante des Unterbodens trifft nun auf die Seite des Chassis, während alle Luftleitbleche optimiert wurden, um die neuen Strömungsverhältnisse zu nutzen.
Die Lufteinlässe an den Bremsen wurden in Singapur vergrößert Foto: Giorgio Piola
Außerdem hatte McLaren in Singapur einen neuen Diffusor dabei. Dieser wurde jedoch als Testobjekt betrachtet, um das lokale Strömungsverhalten bei unterschiedlichen Fahrhöhen besser zu verstehen. Deswegen wurde er möglicherweise nur im Training eingesetzt.
Um die Temperaturen in Singapur besser kontrollieren zu können, hat McLaren auch die Größe und damit die Form des der Lufteinlässe an den Bremsen verändert. Bei der vergrößerten Variante handelt es sich um eine eher konventionelle Form.
Diese ist jedoch eindeutig so gestaltet, dass die Stelle, an der der obere Querlenker und die Zugstange zusammentreffen, frei bleibt. Diese Gemeinsamkeit teilt die Lösung mit dem regulären Design (siehe Kreis in der oberen Abbildung).
Alpine bringt ebenfalls neuen Unterboden
Alpine verfügte in Singapur zwar nicht über ein Updatepaket in der Größenordnung von McLaren, aber immerhin über einen neuen Unterboden für beide Fahrer. Die stärksten Veränderungen dürften sich dabei, wie auch bei McLaren, unter der Oberfläche verbergen.
Zu den Änderungen am Unterboden gehört ein neues Ridge-Design, das mit den "Schlittschuhen" zusammenarbeitet, die das Team vor einigen Rennen eingeführt hat. Äußerlich waren die Änderungen am Rand des Unterbodens deutlich zu sehen, wobei der zuvor nach oben geneigte hintere Teil des Mittelteils abgeflacht wurde.
Dieser Teil des Unterbodens ist nun ebenfalls mit einem Metallstreifen in voller Länge versehen, während der bogenförmige Bodenabschnitt dahinter nun ebenfalls mit einem Metallstreifen geschützt ist.
Der neue Unterboden am Alpine A521 aus Singapur Foto: Giorgio Piola
"[Der Unterboden] ist in diesem Rennen sehr stark, aber er hat uns auch einige Möglichkeiten und Konzepte für das Auto eröffnet", sagt er und ergänzt: "Das wird nicht unser letztes Upgrade in diesem Jahr sein, wir haben noch einige andere kleine Dinge. Aber es ist auch ein kleines Fenster für das nächste Jahr."
Updates bei Aston Martin und AlphaTauri
Aston Martin hat auch Änderungen an der Kante des Unterbodens vorgenommen, wobei eine Lösung, die bereits in anderen Fahrzeugen zu sehen war, nun auch am AMR22 zum Einsatz kommt.
Wie beim Ferrari F1-75 und dem Red Bull RB18 gibt es jetzt eine Aussparung vor dem Hinterreifen, wo ein Flap aus der Unterseite des Bodens herausragt. Dieser ist wahrscheinlich mit einem "Schlittschuh"-Flügel verbunden, wie es auch bei der Konkurrenz der Fall ist.
Die Verwendung dieses Flaps in Verbindung mit einer Erhöhung des Bodens direkt hinter der Aussparung trägt zur Entwicklung der gewünschten Strömungsstrukturen bei, um "Tyre Squirt" zu bekämpfen, ein Phänomen, das durch die Rotation und Verformung des Reifens verursacht wird und dem Diffusor unkontrolliert Performance nehmen kann.
Aston Martin hat in Singapur ebenfalls einen neuen Unterboden mitgebracht Foto: Giorgio Piola
Die bis dahin verwendete Lösung sah vor, dass die Nasenspitze tiefer sitzt als die Haupttragfläche, die seitlich mit der Nase verbunden ist, sodass die Luftströmung unter der Anordnung hindurchfließen kann (roter Pfeil, untere Abbildung).
Das neue Design verzichtet auf diese Philosophie und verwendet stattdessen eine Haupttragfläche mit voller Spannweite, die in der Mitte niedriger liegt als an den äußeren Enden.
AlphaTauri war mit einer neuen Nase und einem neuen Frontflügel unterwegs Foto: Giorgio Piola
Dieser Ansatz wurde in dieser Saison im gesamten Feld verfolgt, um die Kosten zu senken. Die Nase besteht aus der internen Crash-Struktur und den zahlreichen Paneelen, die sie umgeben, sodass Änderungen vorgenommen werden können, wenn sich durch einen anderen Ansatz Leistungssteigerungen ergeben.
Interessant ist auch, dass Alpha Tauri mit dem neuen Design und der neuen Einlassposition zu einem Kühlkanal im NACA-Stil gewechselt ist, anstatt der ovalen Variante, die beim alten Nasenspitzen-Design vorhanden war.
Mit Bildmaterial von Giorgio Piola.
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