Formel-1-Technik: So nahmen die Teams die Herausforderungen von Spa an
Spa stellt auf seiner Strecke unterschiedliche Anforderungen an die Teams: Soe haben sie den Spagat zwischen Speed und Abtrieb gemeistert
Formel-1-Technik mit Giorgio Piola
Giorgio Piola analysiert und erklärt die Technik in der Formel 1!
Die unterschiedlichen Charakteristika der drei Sektoren der Formel-1-Strecke von Spa-Francorchamps bedeuten, dass die Teams einen Kompromiss zwischen Geschwindigkeit auf den Geraden und Abtrieb wählen müssen.
Das war bei der neuen Generation der Autos 2022 nicht anders, aber der Grand Prix von Belgien am vergangenen Wochenende hat einige der Kernstärken des Red Bull RB18 hervorgehoben, da er auf den Geraden schnell zu sein schien, ohne seine Geschwindigkeit im kurvenreichen Sektor zwei zu beeinträchtigen.
Red Bull hatte auch einige neue Teile für Belgien im Gepäck, um seine Performance zu verbessern. Die größte dieser Änderungen betraf den Übergang des Bodyworks zwischen den Seitenkästen und der Motorabdeckung. Außerdem wurde die untere Querlenkerverkleidung der Hinterradaufhängung neu gestaltet.
Die Veränderung des Bodyworks führt zu einer bauchigeren Oberfläche, die das Volumen darunter vergrößert (roter Pfeil, Einschub) und gleichzeitig den Luftstrom nach außen verlagert. Das ist ein Kompromiss zwischen Kühlung und aerodynamischer Performance.
Die am unteren Querlenker vorgenommenen Änderungen sind zweifellos subtil und haben keine strukturellen Veränderungen erforderlich gemacht.
Interessanterweise hat Red Bull eine Einbuchtung im Unterboden über dem Diffusor, um den notwendigen Spielraum für den Querlenker zu schaffen, da dieser sehr nahe an der Oberfläche liegt (kleiner Einschub, blauer Pfeil).
Kleine Veränderugnen wurden an den Rückspiegeln vorgenommen Foto: Giorgio Piola
Die Änderung an der Außenspiegelverkleidung hat jedoch einige aerodynamische Vorteile. Die Verlängerung des unteren Teils der Einfassung unter dem Hauptspiegelkörper (der ebenfalls verkürzt wurde, blauer Pfeil) verändert das Verhalten des Luftstroms nicht nur direkt, sondern auch beim Durchgang des Luftstroms um den Spiegelkörper.
Bei Red Bull ging es aber nicht nur um die neuen Teile, denn es gab noch eine weitere interessante Nebengeschichte: Verstappen und Perez wurden in Belgien mit unterschiedlichen Unterböden gesehen.
Verstappen und Perez wählten unterschiedliche Unterböden Foto: Giorgio Piola
Verstappen hatte vielleicht das Gefühl, dass er nicht die gleiche Leistung für seine Bedürfnisse bietet, und nutzte die Bodenspezifikation das ganze Wochenende nicht.
Ferrari mit neuem Heckflügel
Ferrari hatte einen neuen Heckflügel und Beam-Wing mit geringerem Abtrieb zur Verfügung. Nachdem er im zweiten Freien Training getestet worden war, entschied man sich jedoch, ihn für den Rest des Wochenendes nicht mehr zu verwenden.
Das ist eine Taktik, die wir schon in der Vergangenheit bei Ferrari gesehen haben, wenn sie Low-Downforce-Elemente eingeführt haben. Die Scuderia hat sich stattdessen dafür entschieden, ihre Leistung im zweiten Sektor von Spa zu verbessern und auch den Reifenabbau im Laufe eines Rennstints zu unterstützen.
Ferraris neuer Heckflügel wurde nur im zweiten Training gefahren Foto: Giorgio Piola
Die neue Spezifikation beansprucht viel weniger Platz innerhalb der zulässigen Box-Sektion und hebt das löffelförmige Flap-Design, das unter dem neuen Reglement üblich ist, aufgrund des Übergangs zur Endplatte fast vollständig auf.
Mercedes und der Unterboden
Mercedes ging nach der Sommerpause mit einer gewissen Zuversicht in den Großen Preis von Belgien, dass man in der Lage sein könnte, an der Spitze mitzumischen, zumal die beiden Titelanwärter Max Verstappen und Charles Leclerc aufgrund von Strafen weiter hinten im Feld starten mussten.
Es wurde jedoch schnell klar, dass die Fahrer mit einem Auto zu kämpfen haben würden, das auf einer Strecke, die aerodynamische Effizienz erfordert, zu viel Luftwiderstand aufweist.
Darüber hinaus waren die Probleme beim Aufwärmen der Reifen in der ersten Saisonhälfte deutlich zu sehen. Das Mercedes-Duo war nicht in der Lage, genügend Wärme in den Gummi zu bringen, um eine wirklich schnelle Runde zu fahren.
Auch für den Großen Preis von Belgien nahm das Team weitere Änderungen vor. So kamen ein überarbeiteter Front- und Heckflügel zum Einsatz, während weitere Optimierungen am Unterboden, einschließlich der Einlasszäune und des Kantenflügels ("Edge Wing"), vorgenommen wurden.
Unterboden-Detail am Mercedes W13 Foto: Giorgio Piola
Wie einige der anderen Teams in der Startaufstellung hat sich Mercedes für einen langen Kantenflügel entschieden, der nun fast über die gesamte Länge des zulässigen Bereichs verläuft. Dieser ist im vorderen Bereich nach oben gebogen, während im hinteren Bereich ein eher sensenförmiger Abschnitt zum Einsatz kommt.
Beide wurden verändert, wobei der nach oben gerichtete Teil jetzt nur noch einen einzigen Umlenker aufweist, statt wie früher drei (rote Pfeile).
Der sensenähnliche Bereich wurde verschmälert (siehe gelbe Linie), da die Form des Unterbodens daneben verändert wurde, während der hintere Bereich des Unterbodens und des Kantenflügels beschnitten wurde, um die Art von Verjüngung vor dem Hinterreifen zu schaffen, die mit dem Reglement 2021 üblich wurde (siehe grüne Linie).
Desweiteren wurden Veränderungen an den Einlasszäunen (blauer Pfeil) vorgenommen, um sie besser an die vor- und nachgelagerten Änderungen anzupassen.
Interessanterweise entschied sich Hamilton dafür, im Qualifying und im Rennen nicht den neuen Unterboden zu verwenden, sondern auf die alten Teile zurückzugreifen.
Das Team fügte auch dreieckige Verlängerungen für die Oberseite des Halos hinzu (schwarzer Pfeil), ein Design, das wir schon anderswo gesehen haben und das zweifellos dazu beitragen wird, den Luftstrom zu lenken, wenn er sich um die Motorabdeckung und die Seitenkästen herum bewegt.
Mercedes hat die Spitze der Endplatte verändert Foto: Giorgio Piola
Doch anstatt eine völlig neues Element einzuführen, hatten die Konstrukteure die Leistung des Flügels durch Änderungen an der Flügelspitze der Endplatte und des oberen Flaps verbessert. Die Endplatte des W13 ist so konstruiert, dass der Ausschnitt an der Flügelspitze entsprechend der gewünschten Belastung des Flügels verändert werden kann.
Die Lösung mit weniger Downforce am oberen Flap wurde fallengelassen Foto: Giorgio Piola
Das Team testete auch eine Option mit geringerem Abtrieb am oberen Flap, bei der der Flap zurückgeschnitten wurde (rote Pfeile). Diese Option wurde jedoch verworfen, da sie anscheinend nicht den erforderlichen Ausgleich zwischen den höheren Geschwindigkeiten im ersten und letzten Sektor und der niedrigen Geschwindigkeit im zweiten Sektor bot.
Was bei Alpine neu ist
Alpine macht weiterhin Fortschritte mit seinem A522 und hat das Paket erneut optimiert. Für den Großen Preis von Belgien hat das Team den vorderen Teil des Unterbodens und seinen Übergang zum äußersten Gitter weiter modifiziert. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wurde der Unterboden beim neuen Design im Bereich der Schulter nach innen gequetscht.
Grün hervorgehoben: Die Änderungen am sogenannten "Floor Fence" Foto: Giorgio Piola
Das Team nahm auch Änderungen am Design des hinteren Bremskanals vor, da es weiterhin nach Möglichkeiten sucht, die Anforderungen an die Kühlung, die im Gegensatz zur Aerodynamik stehen, in Einklang zu bringen.
Die meisten Teams haben sich dafür entschieden, den Einlass an der Innenseite des Bremskanals zu platzieren (blauer Pfeil), anstatt eine eigene Einlasshutze (roter Pfeil) zu haben, eine Lösung, die wir sonst eher an der Front des Autos sehen.
Die Bremse am Alpine A522 im Vergleich Foto: Giorgio Piola
Das Fehlen der Lufthutze bedeutet, dass die Winglets an der Außenseite des Gitters weniger behindert werden und zu einem späteren Zeitpunkt sogar optimiert werden könnten, um die Leistung weiter zu verbessern.
Neuer Heckflügel bei Alfa Romeo
Alfa Romeo hat für die Herausforderungen der Rennstrecke von Spa-Francorchamps einen neuen Heckflügel entwickelt, um den Abtrieb und damit den Luftwiderstand zu verringern.
Auch Alfa Romeo hatte in Spa einen neuen Heckflügel Foto: Giorgio Piola
Die größte Änderung im Vergleich zum üblichen Design betrifft jedoch die Form des oberen Endplattenübergangs, wobei die Platte diagonal über den vorderen Teil bis zum Flügelspitzenausschnitt geschnitten ist.
Zum Vergleich: Der Heckflügel mit der üblichen Spezifikation Foto: Giorgio Piola
Um den DRS-Mechanismus zu ermöglichen, musste das Team allerdings den mittleren Teil des Flügels in seiner üblichen Höhe belassen.
Weitere Co-Autoren: Norman Fischer. Mit Bildmaterial von Giorgio Piola.
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