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Formel-1-Technik: Was wirklich flexibel ist an den Unterböden 2022

Was die Formel-1-Teams in der Saison 2022 mit den Unterböden der Fahrzeuge gemacht haben und warum das von der FIA als zu flexibel eingestuft wurde

Formel-1-Technik: Was an den Unterböden flexibel sein kann

Porpoising und Bouncing sind die beiden großen Schlagworte der Formel-1-Saison 2022. Doch in ihrem Windschatten ist nach den ersten Rennen des Jahres noch ein weiteres interessantes Thema aufgekommen: flexible Unterböden. Was genau es damit auf sich hat und wie die Teams der Formel 1 dabei vorgegangen sind, das erklären wir in diesem Beitrag.

Im Grunde geht es dabei - wie üblich - um eine Grauzone im Technischen Reglement. Denn einige Rennställe nutzen die bestehenden Regeln aus, um die Holz-Bodenplatte ihrer Fahrzeuge etwas flexibler zu gestalten als eigentlich vorgesehen.

Diese Bodenplatte ist in der Formel 1 per Reglement zentral unter dem Unterboden angebracht und die Dicke der Bodenplatte gibt vor, wie tief das Auto gefahren werden kann. Denn: Die Holz-Bodenplatte darf nicht mehr als einen Millimeter abgerieben sein. Das überprüfen die technischen Beauftragten des Automobil-Weltverbands (FIA) an sechs Punkten, wo jeweils 50 Millimeter breite Löcher eingelassen sind.

Verformen darf sich die Bodenplatte um einen Millimeter, wenn das Auto an den beiden Löchern abgestützt ist, die sich 1.080 Millimeter hinter der Vorderachse befinden. Sofern das Auto beim hintersten Loch in der Bodenplatte auf den Stützen der FIA-Testanlage aufgebockt ist, darf die Verformung bis zwei Millimeter betragen.

Die Holz-Bodenplatte an einem Formel-1-Auto in der Saison 2022

Die Holz-Bodenplatte an einem Formel-1-Auto in der Saison 2022

Foto: Giorgio Piola

Einige Teams haben sich diese Rahmenbedingungen zunutze gemacht, um die Bodenplatte einerseits starr genug zu machen, damit sie den Vorgaben entspricht. Andererseits haben sie eine gewisse Flexibilität eingebaut, die die speziellen Messvorgänge einbezieht.

Das bedeutete konkret: Bei einer Überprüfung durch die FIA-Mitarbeiter weist die Bodenplatte die erforderliche Steifigkeit auf. Auf der Strecke allerdings, unter dem Druck des knapp 800 Kilogramm schweren Fahrzeugs, verformt sich das Bodenplatten-Material um einige Millimeter mehr als erlaubt - genug für einen Leistungszugewinn.

Was die Skid-Blocks damit zu tun haben

Ein Faktor dabei sind die Befestigungspunkte der Bodenplatte mit dem Unterboden, denn hier setzen die Formel-1-Teams Metall-Verstärkungen ein. Das reduziert den Verschleiß, aber in einem genau definierten Rahmen, was zum Beispiel Größe und Form der Verstärkungen betrifft.

Diese sogenannten Skid-Blocks sind auch der Grund, weshalb die Fahrzeuge Funken schlagen. Das geschieht, wenn diese Metallteile auf der Fahrbahn aufsetzen. Dabei entsteht Hitze, was wiederum Spuren auf der Holz-Bodenplatte hinterlässt und so Rückschlüsse ermöglicht, wie genau die Abnutzung der Bodenplatte erfolgt.

Unter dem Formel-1-Reglement bis 2021 hatten die meisten Teams eine Designphilosophie mit hohem Anstellwinkel gewählt. Das heißt: Die Nase befand sich tief über dem Asphalt, aber hin zur Hinterachse war das Auto angehoben. Damit erlitt die Vorderkante der Bodenplatte den meisten Verschleiß.

Eine Grauzone, die der Weltverband verhindern will

Der Automobil-Weltverband hat darauf reagiert und mehrfach neue Regeln erlassen, um hier etwaigen Grauzonen-Interpretationen einen Riegel vorzuschieben und Leistungszugewinne auszuschließen. Man wollte konkret verhindern, dass die Bodenplatte zu flexibel gestaltet wird, damit die Frontpartie nicht noch tiefer gefahren werden konnte.

2022 sieht sich die FIA mit einer ähnlichen Situation konfrontiert, allerdings aus anderen Gründen. Denn die sogenannte High-Rake-Philosophie, der hohe Anstellwinkel, ist unter dem neuen Reglement kein Thema mehr. Aufgrund des Bodeneffekts müssen die Fahrzeuge nun generell tief abgestimmt und hart gefedert sein. Daraus ergibt sich ein anderes Autoverhalten als in den Vorjahren.

Wie die Teams mit den Skid-Blocks experimentieren

Einige Teams sollen konkret mit den Skid-Blocks experimentiert haben, und zwar rund um die vorgeschriebenen Löcher in der Bodenplatte. Teilweise haben sich diese Metallteile verformt und bewegen sich hoch und runter, wenn sie belastet werden.

 

Das könnte zum Beispiel bedeuten: Berührt der entsprechende Bereich der Bodenplatte die Fahrbahn, dann bewegen sich die flexiblen Skid-Blocks nach oben und reduzieren so den Verschleiß der Bodenplatte, damit das Auto auch nach Rennende noch den Regeln entspricht.

Diese Möglichkeit besteht, weil bei den Belastungstests der FIA Stützen verwendet werden, die im Durchmesser 20 Millimeter größer sind als die Löcher. Das bedeutet: Der Bereich rund um die Löcher, wo sich die Skid-Blocks befinden, wird bei den Überprüfungen teilweise überdeckt und etwaige Abweichungen von der Norm können nicht festgestellt werden.

Neue Regeln nach der Sommerpause

Deshalb hat die FIA nun eine neue Technische Direktive herausgegeben, die zum Belgien-Grand-Prix 2022 in Spa-Francorchamps nach der Sommerpause greift. Darin heißt es: "Die örtliche Steifigkeit rund um die Löcher muss in einem Bereich von 15 Millimetern außerhalb der Löcher einheitlich sein. Die Abweichung darf höchstens zehn Prozent betragen."

Parallel dazu wird Artikel 3.5.9.e im Technischen Reglement modifiziert. Darin geht es um den Verschleiß der Holz-Bodenplatte. Und künftig müssen 75 Prozent der unmittelbaren Umgebung eines Lochs in der Bodenplatte den Verschleiß-Vorschriften entsprechen.

Die beiden geschilderten Maßnahmen verhindern praktisch flexible Skid-Blocks. Teams, die bisher ihre Fahrzeuge entsprechend eingesetzt haben, müssen ab dem Belgien-Grand-Prix in Spa anders vorgehen.

Noch unklar ist, was die Folgen sein werden

Dem Automobil-Weltverband stehen solche kurzfristigen Regeländerungen übrigens zu. Artikel 3.15.1 im Technischen Reglement gibt der FIA die Möglichkeit an die Hand, Belastungstests während einer laufenden Rennsaison zu modifizieren oder neu einzuführen, um etwaige bewegliche Bauteile an einem Fahrzeug herauszufiltern.

Inwiefern die Änderungen eine Auswirkung auf das Kräfteverhältnis haben werden, das bleibt abzuwarten. Zweifelsohne aber müssen einige Teams ihre Autos anpassen, was vielleicht Folgen für andere geplante Entwicklungsschritte hat. Das wiederum könnte kostspielig werden, natürlich auf rein finanzieller Seite, aber auch, weil die Designer möglicherweise neue Ansätze finden müssen.

Mit Bildmaterial von Giorgio Piola.

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