Franz Tost über Arbeitsbelastung: "Seid ihr komplett deppert?"
Exklusives Interview mit dem Teamchef von AlphaTauri: Warum er nicht verstehen kann, wenn sich junge Mechaniker über eine zu hohe Arbeitslast beklagen
Zu viele Rennen, zu wenig Freizeit für die Mitarbeiter der Formel 1 und ihre Familien, zu viel Reisestress und zu hohe Belastung: Im Grand-Prix-Zirkus wird seit Jahren darüber diskutiert, ob man den Kalender im Sinne der Menschen nicht auf maximal 20 Rennwochenenden pro Saison deckeln sollte. Und einer hat in all den Jahren beständig dagegengehalten: Franz Tost.
Der Teamchef von AlphaTauri gilt in der Branche als "harter Hund". Als die Ersten angefangen haben, wegen steigender Belastungen zu murren, konterte er, von Kollegen als Workaholic beschrieben, in einem Interview mit dem Formel-1-Podcast 'Starting Grid' im Jahr 2019, dass es ein Privileg sei, in der Formel 1 zu arbeiten, und er die Belastung für seine Mitarbeiter für absolut zumutbar hält.
Eine Meinung, an der sich nichts geändert hat, wie Tost nun in einem exklusiven Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de versichert. Daher sei es ihm auch "sowas von wurscht wie nur irgendwas", wenn er für seine Hardliner-Meinung manchmal kritisiert wird. "Das ist einfach meine Überzeugung", unterstreicht er.
"Wir arbeiten gegenwärtig in einer Formel 1, wo es noch nie so wenig Arbeit gegeben hat wie jetzt", argumentiert er und verweist zum Beispiel auf die Sperrstundenregelung an den Rennwochenenden. Diese besagt, dass die Teams zum Schutz des Personals vor Überlastung über Nacht zu bestimmten Zeiten nicht mehr im Paddock arbeiten dürfen.
Dieser sogenannte "Curfew" soll nun auch auf Donnerstag ab 19:00 Uhr ausgeweitet werden. Tost ärgert das, weil am Donnerstagabend an der Strecke "normalerweise das Abendessen angesetzt ist". Also habe er gesagt, als er von seinem Sportdirektor über die Idee informiert wurde: "Sag einmal, seid ihr eigentlich alle komplett deppert?"
"Ich kenne noch die Formel 1, da hast du jeden Tag einen Motor gewechselt, da hast du einen Freitagmotor gehabt, einen Qualimotor und einen Rennmotor. Da bist du keinen Tag vor 2:00 Uhr in der Früh oder 1:00 Uhr ins Bett und bist um 6:00 Uhr wieder aufgestanden."
Zu viel Freizeit: Wo soll das noch hinführen?
"Da hat es zwischen den Rennen mindestens drei Testtage gegeben, mit zwei Autos, mit teilweise denselben Technikern oder Mechanikern. Und jetzt haben wir 'Curfew', an den Autos darfst du nix mehr schrauben, weil das muss alles so bleiben. Ich frage mich, wo das noch hinführen soll. Jetzt mal im Ernst: Die Richtung, in die wir gehen, ist übertrieben."
Tost gehört zur alten Schule der Formel 1. Seit 2000 arbeitet er in der Königsklasse des Motorsports. Als "Track Operations Manager" bei BMW musste er sowohl bei Rennen als auch bei Tests persönlich vor Ort sein - und getestet wurde vor 20 Jahren noch viel mehr in der Formel 1. "Wenn du mit Leuten redest, die die Formel 1 von früher kennen, die geben mir hundertprozentig recht", sagt er.
Seine Frau sehe er heute "viel mehr" als noch vor zehn Jahren: "Früher bin ich von Mailand mit dem Zug gekommen, da bin ich in München gar nicht nach Hause, sondern gleich in den nächsten Flieger nach Barcelona zum Testen. Aber nicht nur ich, auch andere. Und da hat sich keiner beschwert", erinnert er sich.
Das ganze Interview mit Franz Tost gibt's jetzt als Video auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. Zunächst exklusiv und werbefrei für Kanalmitglieder (Jetzt Mitglied werden!), ab Samstagabend dann frei für alle User mit Werbung.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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