Pirelli-Reifentest: Doch kein Nachspiel für Ferrari
Weshalb der Automobil-Weltverband (FIA) keinen Regelverstoß bei Ferrari im Pirelli-Reifentest von Imola erkennen kann und was genau vorgefallen ist
Hat Ferrari beim Pirelli-Reifentest im Anschluss an das Formel-1-Rennen in Imola 2022 einen Regelverstoß begangen, ja oder nein? Mit dieser Frage hat sich vor dem Miami-Grand-Prix der Automobil-Weltverband (FIA) befasst.
Die Verantwortlichen kamen zu dem Schluss: Ferrari hat nichts falsch gemacht. Dabei hatten mindestens zwei Konkurrenz-Teams Bedenken bei der FIA angemeldet, nachdem Ferrari bei den Probefahrten zwei unterschiedliche Unterboden-Versionen eingesetzt hatte.
Inzwischen ist klar: Eine Strafe wird es nicht geben, weil sich Ferrari dabei regelkonform verhalten hat. Denn der Wechsel auf eine andere Unterboden-Spezifikation soll aufgrund eines vorhergehenden Schadens erfolgt und damit erforderlich gewesen sein.
Außerdem hat es sich beim zweiten Unterboden offenbar nicht um ein Neuteil gehandelt, sondern um eine Unterboden-Spezifikation, die bereits zuvor im Jahr 2022 von Ferrari am F1-75 eingesetzt worden war. Damit gibt es laut FIA keine Grundlage für einen Regelverstoß. Eine offizielle Stellungnahme haben aber weder der Weltverband noch Ferrari dazu herausgegeben.
Leclerc und Sainz mit unterschiedlichen Unterböden
Bei den Probefahrten mit 2023er-Reifen hatten Charles Leclerc und Carlos Sainz jeweils einen Halbtag im Ferrari F1-75 absolviert. Der Unterboden-Wechsel erfolgte im Anschluss an den Einsatz von Leclerc und vor der Fahrtätigkeit von Sainz.
Im Sportlichen Regelwerk der Formel 1 ist unter Artikel 10.8 festgelegt, welche Teile die Teams bei Pirelli-Reifentests verwenden können. Nicht erlaubt sind zum Beispiel ausdrücklich Entwicklungsteile, die bis dahin nicht verwendet wurden.
Die Formel-1-Regeln im Wortlaut
Die angesprochene Regel im Wortlaut: "Fahrzeuge dürfen bei diesen Testfahrten nur Komponenten einer Spezifikation verwenden, die mindestens bei einem Rennen oder einem Test mit aktuellen Autos im aktuellen Meisterschaftsjahr eingesetzt wurden. Die Autos müssen stets dem Technischen Reglement entsprechen."
"Erlaubt sind weder Testteile noch Komponenten-Wechsel oder Set-up-Änderungen, mit denen ein Team irgendwelche Informationen erhalten könnte, die nicht in Zusammenhang mit dem Reifentest stehen."
"Technische Set-up-Änderungen und […] Komponenten-Wechsel sind nur erlaubt, wenn sie vorab mit dem Reifenlieferanten abgestimmt worden sind und sofern sie notwendig sind für die korrekte Evaluierung der Reifen oder für die Komplettierung der Reifentests."
Einen Verstoß gegen die genannten Regeln hat der Weltverband im konkreten Fall nicht festgestellt, weshalb der Einsatz einer anderen Unterboden-Spezifikation hier keine Folgen hat für Ferrari.
Unterböden entscheidend bei der Weiterentwicklung 2022
Tatsächlich sind die Unterböden der Formel-1-Autos in der Frühphase der Saison 2022 von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung, weil die Teams bestrebt sind, durch Anpassungen dort das sogenannte Porpoising zu minimieren oder komplett abzustellen.
Bei den Reifentests in Imola am 26. und 27. April hatten Alfa Romeo und AlphaTauri je beide Tage bestritten. Alpine war am ersten Tag ebenfalls gefahren, Ferrari nur am zweiten. Beim nächsten Pirelli-Reifentest im Juni in Mugello ist Ferrari dann Solist.
So oder so ist es nicht die erste Kontroverse um einen Pirelli-Reifentest in der jüngeren Formel-1-Vergangenheit: 2013 hatte ein Mercedes-Test in Barcelona für Aufsehen gesorgt, weil das Team damals "geheim" für Pirelli und mit einem damals aktuellen Auto gefahren war.
Mit Bildmaterial von Davide Cavazza.
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