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Günther Steiner: Mick Schumacher war nie so unsicher, wie alle geglaubt haben!

Interview mit dem Haas-Teamchef: Warum er Sky keine Interviews mehr gibt, wie sein Verhältnis zu Mick Schumacher und was das Ziel für den Rest der Saison 2022 ist

Günther Steiner: Mick Schumacher war nie so unsicher, wie alle geglaubt haben!

Es ist Donnerstag am Red-Bull-Ring, Mick Schumacher hat in Silverstone gerade seine ersten WM-Punkte in der Formel 1 gesammelt, und es ist so ein bisschen Gras gewachsen über die mediale Eskalation der Situation bei Haas. Ein guter Zeitpunkt also, um mit Teamchef Günther Steiner einmal in Ruhe über die "Lage der Nation" zu sprechen.

Der Südtiroler ist gut gelaunt, als wir im Haas-Motorhome auf ihn treffen - und wird seinem geradlinigen Image voll gerecht. Nicht nur mit seinen direkten Antworten, sondern auch mit der Klarstellung, dass er das Interview vor Veröffentlichung nicht zur Autorisierung sehen muss. Was er sagt, das meint er auch so, erklärt er ganz cool. Eine lobenswerte Eigenschaft, die nicht bei allen in der Formel 1 so ausgeprägt ist wie bei ihm.

Dabei wäre es durchaus verständlich gewesen, hätte er gerade jetzt erstmal keine Interviews machen wollen. Das erhitzte Interview mit Peter Hardenacke von Sky in Baku war der vorläufige Höhepunkt einer Eskalation zwischen Steiner und manchen deutschsprachigen Medien, die die Erklärungen für Mick Schumachers Durststrecke teilweise in Fehlern des Haas-Teams gesucht haben.

Eskalation in Baku: Steiner vs. deutsche Medien

Frage: "Günther, wie sehr sind Ihnen die Medien, insbesondere die deutschsprachigen, in den vergangenen Wochen auf die Nerven gegangen?"

Günther Steiner: "Ich würde nicht 'auf die Nerven gegangen' sagen. Mich hat gestört, dass ich den Eindruck hatte, dass die das Team spalten wollen. Es wurde eine Unruhe reingebracht, die nicht da ist, die aus dem Nichts kreiert wurde. Ich sei ein schlechter Mensch, Mick gehöre vielleicht nicht in die Formel 1, und so weiter. Aber das hat nichts mit dem zu tun, was wir hier machen."

"Da sage ich: 'Langsam! Wir probieren gerade, etwas aufzubauen, und wir machen es so, wie wir es wollen.' Wir haben viel geschafft, glaube ich. Und deswegen habe ich gesagt: 'Wartet mal, die Kirche im Dorf lassen hier. Es ist hier nicht die Panik, die da draußen gemacht wird. Guck mal, wir haben ein gutes Verhältnis, Mick und ich, und ihr probiert es kaputtzumachen.'"

"Wie wir miteinander sprechen, ist unser Problem, nicht das von anderen Leuten. Das war immer meine Meinung. Und dass jetzt Leute mitreden wollen, wer bleibt, wer geht, und so weiter ... Ich glaube, diese Freiheiten geben wir nicht raus, weil das ist keine Wahlveranstaltung hier."

Steiner vs: Hardenacke: Das Interview

Frage: "Es hat sich viel entzündet an Ihrem Interview mit Peter Hardenacke von Sky in Baku. Ich persönlich finde, dass es legitim ist, einen Interviewpartner wie Sie auch mit provokanten Standpunkten zu Antworten zu kitzeln. Mit Peter Hardenacke haben wir darüber in einem Video-Interview gesprochen. Wie haben Sie dieses spezielle Interview empfunden? Ist es zu weit gegangen?"

Steiner: "Nein, es ist nicht zu weit gegangen. Nur: Gewisse Prinzipien muss man meiner Meinung nach einhalten, wenn man mit jemanden spricht."

"Jemanden aussprechen lassen ist das Erste. Nicht ins Wort fallen. Ich respektiere jeden Menschen, und mir wurde immer wieder ins Wort gefallen. Das ärgert mich, weil das sind Prinzipien, die ich immer einhalte, egal mit wem ich spreche. Lass deinen Gesprächspartner ausreden und seinen Standpunkt machen. Das gehört sich so, meiner Meinung nach. Speziell im Fernsehen. Das habe ich Peter übrigens auch persönlich gesagt."

"Und ich finde, dass es nicht notwendig war, so zu provozieren. Und dann wurde auch interpretiert, weil ich gesagt habe, man habe 'kein Wahlrecht'. Das heißt ja nicht, dass wir eine Diktatur sind. Aber es heißt, dass wir unsere Entscheidungen selbst treffen und sie nicht von Medienberichterstattung treffen lassen."

 

Frage: "Da sind Sie teilweise auch missverstanden worden. Etwa mit dem Satz, dass Sie für jeden Fehler des Teams zehn Fehler von Mick aufzählen könnten."

Steiner: "Weil es jeder falsch verstehen will. Da habe ich mit einer unglücklichen Formulierung die Tür dazu geöffnet. Aber okay."

Frage: "Reden Sie noch mit Sky oder ist das Verhältnis seither vergiftet?"

Steiner: "Ich habe denen gesagt, dass ich im Moment keine Lust habe, Interviews zu machen. Solange ich keine Lust habe, bleibt das so. Ich bin ja nicht verpflichtet dazu."

Mick: Ist der Befreiungsschlag jetzt gelungen?

Steiner ist froh, als ihm erklärt wird, dass wir nicht vorhaben, das ganze Interview lang nur über ein anderes Interview, das er bereits vor Wochen gegeben hat, zu sprechen. Das sind Themen, die ihn eher langweilen.

Also sprechen wir über Silverstone, den Befreiungsschlag von Schumacher. Denn wir treffen uns am Donnerstag zum Interview, also noch vor dem Grand Prix von Österreich, bei dem Schumacher sogar zum "Driver of the Day" gevotet wurde ...

Frage: "Ihnen geht nichts so schnell so nahe, aber die vergangenen Wochen, bis Silverstone, waren unruhig, gerade in Bezug auf Mick. Wie gut haben die letzten Rennen getan, damit das jetzt in ruhigere Bahnen kommt?"

Steiner: "Das war das Ziel, diese Ruhe reinzubringen. Das Schöne ist, dass die Ruhe genau da gekommen ist, wo Außenstehende versucht haben, Unruhe reinzubringen. Ich würde nicht sagen, dass das eine Genugtuung ist. Aber wir haben auf das Ziel hingearbeitet, dass Mick erfolgreich wird und schnell fährt. Das haben wir erreicht. Das freut mich."

Masepin war keine Referenz für Schumacher

Frage: "War es, im Nachhinein betrachtet, so, dass Mick 2021 mit Nikita Masepin einfach eine ordentliche Referenz gefehlt und er die erst jetzt mit Kevin Magnussen bekommen hat?"

Steiner: "Kann sein. Ich glaube: Auch für Mick war es am Anfang schwierig, denn er war letztes Jahr ziemlich überlegen. Und dann ist er auf einmal ziemlich unterlegen. Ich glaube schon, dass das Einfluss darauf hat, wie ein Fahrer fährt, wie er sich selbst Druck macht. Das musste er lernen."

"Ich sage immer: 'Je weiter du nach oben kommst, desto dünner wird die Luft und desto dicker das Fell, das du brauchst.' Nehmen wir den Zweikampf mit Verstappen in Silverstone. Er hat ihn zwar verloren, aber das war gut für ihn, denn dabei konnte er viel lernen. Das geht am besten von den richtig Guten. Wenn du gegen solche Gegner kämpfst, lernst du schnell."

"Hinten hat er vergangenes Jahr, glaube ich, nicht so viel darüber lernen können, wie die Formel 1 funktioniert. Viele der Jungs kommen aus der Formel 2 und glauben, dass sie schon wissen, wie die Formel 1 funktioniert. Aber das braucht Zeit. Man kann das nicht erzwingen. Das ist wie in der Schule: Du kannst auch nicht in zwei Tagen den Lehrplan von vier Jahren lernen."

"Jetzt muss Mick lernen, in einem besseren Fahrzeug zu fahren und weiter vorn mitzukämpfen und Punkte zu holen. Logischerweise wird weiter vorn härter gekämpft. Das ist normal. Deswegen finde ich es gut, dass wir dieses Niveau jetzt erreicht haben. Jetzt müssen wir eine Stufe nach der anderen nehmen, bis es ganz normal ist, um Punkte zu kämpfen."

Mick vs. Verstappen in Silverstone: Kein Eingriff von Steiner

Frage: "Mir hat das Duell mit Verstappen in Silverstone imponiert. Trotz der Unsicherheit der vergangenen Wochen ist er da sehr mutig rangegangen."

Steiner: "So unsicher, wie ihr alle geglaubt habt, war er nicht. Seit Kanada geht alles ein bisschen leichter von der Hand. Man sieht ihm an, dass er glücklicher ist."

"Ich habe am Kommandostand überhaupt nicht geschwitzt. Ich habe nur gedacht: 'Hoffentlich fährt er das nach Hause!' Wenn zwei Rennfahrer kämpfen, kann immer was passieren, aber ich habe zu keinem Zeitpunkt daran gedacht, ihn zurückzupfeifen. Das würde ich nie machen, wenn jemand ein Rennen fährt."

"Weil ich auch weiß, dass er daraus viel lernen kann, auch wenn es ihm in dem Moment vielleicht gar nicht so bewusst ist. Du lernst ganz automatisch immer dazu, wenn du mit einem Max Verstappen kämpfst. Hätte ich ihn da zurückgerufen, das hätte nichts mit Racing zu tun gehabt."

 

Frage: "Mick hat viele Personen in seinem Umfeld, die er um Rat fragen kann. Aber er hat nicht den einen Mentor, der ihn ständig begleitet und immer da ist. Fehlt ihm der?"

Steiner: "Kann sein. Das muss jeder für sich wissen. Es stimmt, dass er keine starke Rennfahrerfigur um sich herum hat. Ob es ihm fehlt, kann er aber nur selbst beantworten, denn er könnte so jemanden ja haben, wenn er das möchte. Vielleicht will er das gar nicht."

"Ich bin auch ein Mensch, der niemanden um sich herum braucht. Ich bin auch allein sehr glücklich, zumindest in der Arbeit. Das Familienleben ist was anderes, klar. Aber Mick hat ja auch eine starke Familie um sich herum, die sich sehr gut um ihn kümmert. Sein Papa ist ja auch da. Vielleicht reicht ihm das. Er weiß das selbst am besten."

Schumacher & Haas: Es entscheidet nicht nur Ferrari

Frage: "Liegt die Zukunft von Mick zu 100 Prozent in Ferraris Hand? Es gibt doch diese Vereinbarung, dass Ferrari eines Ihrer beiden Cockpits mit einem Ferrari-Junior besetzen kann."

Steiner: "Das müssen wir sehen. Ich werde über keine Ferrari-Verträge mit uns sprechen. Und auch nicht über Verträge zwischen Ferrari und Mick, weil ich die im Detail auch nicht kenne. Ich kenne das große Ganze, aber die Details kenne ich nicht und will ich auch gar nicht kennen. Deswegen möchte ich jetzt nicht über Verträge reden. Das müsst ihr, die Medien, respektieren."

Frage: "Das heißt, es ist nicht so eindeutig, wie das von uns Journalisten immer besprochen wird?"

Steiner: "Vielleicht nicht so eindeutig, genau."

Frage: "Also nicht zu 100 Prozent in Ferraris Hand?"

Steiner: "Genau. Man darf nicht schlussfolgern, dass uns Ferrari sagt, was wir tun müssen. Wir haben da ein Mitspracherecht."

Haas: Warum Unfälle finanziell wirklich wehtun

Frage: "Sie haben Ihr technisches Update auf Ungarn verschoben. Hat das auch damit zu tun, dass Sie immer noch in einem Rechtsstreit über Geld mit dem ehemaligen Hauptsponsor Uralkali stecken?"

Steiner: "Nein, das hat damit absolut nichts zu tun."

Frage: "Operiert Haas 2022 auf Cap-Niveau? Können Sie die vollen 145,6 Millionen US-Dollar ausgeben, die per Reglement erlaubt sind?"

Steiner: "Wir sind nahe dran. Das hat mich übrigens überrascht. Wir haben kürzlich zum ersten Mal Zahlen bei der FIA abgegeben, und es hat mich erstaunt, wie nahe wir da an der Obergrenze sind. Denn das war ja das erste Mal, dass es nicht mehr nur eine Hochrechnung war, sondern dass Zahlen auf Papier stehen."

Frage: "Woher kommen die gestiegenen Kosten? Inflationsbedingt?"

Steiner: "Sicher auch inflationsbedingt, aber weniger als bei den großen Teams. Wir haben weniger Angestellte und wir kaufen vieles zu. Und bei den Teilen, die wir zukaufen, wurden die Preise vertraglich schon vor dieser ganzen Entwicklung festgelegt."

Frage: "Dann sind es bei Ihnen wahrscheinlich hauptsächlich die Reisekosten, die ins Gewicht fallen?"

Steiner: "Genau. Reise- und Transportkosten."

Frage: "Wenn Sie ohnehin unter Budgetgrenze operieren: Warum treffen Haas dann eigentlich Unfälle so hart?"

Steiner: "Weil man ja trotzdem Cash braucht. Alle glauben immer, es geht in der Formel 1 nur darum, unter der Budgetgrenze zu bleiben. Es gibt aber einige Teams, die haben kein Cap-Problem, sondern ein Cashproblem. Wir haben ein Budget, und mit dem müssen wir auskommen. In der Formel 1 geht es nicht immer nur darum, so viel wie möglich auszugeben."

Nach Uralkali: Kommt ein neuer Sponsor?

Frage: "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nach der Sommerpause neue Aufnäher an Ihrem Hemd haben?"

Steiner: "Im Moment mittel. Es könnte sein, dass ein neuer Sponsor kommt, aber es muss nicht unbedingt sein. Wir konzentrieren uns darauf, einen Sponsor zu finden, mit dem wir mittel- bis langfristig zusammenarbeiten können."

Frage: "Kurzfristiges Interesse wäre also da?"

Steiner: "Das wäre da. Aber es muss für uns mittel- bis langfristig stimmen. Wir machen keine Hauruckaktion für dieses Jahr. Das ist nicht notwendig."

Nikita und Dmitri Masepin

Die Masepin-Familie hat mit Uralkali viel Geld ins Haas-Team gebracht

Foto: Motorsport Images

Frage: "Weil Sie ein gebranntes Kind sind, siehe William Storey von Rich Energy und Uralkali."

Steiner: "Bei Herrn Storey stimmt das. Wir sind gebrannte Kinder und haben daraus gelernt. Uralkali war anders. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ein Krieg kommt oder eine Invasion in einem Land stattfindet. Finanziell steht Uralkali als Firma ja sehr solide da."

Magnussen: Warum gleich ein Zweijahresvertrag?

Neben Schumacher gibt es bei Haas übrigens auch noch einen zweiten Fahrer, Kevin Magnussen. Der ist bisher leistungsmäßig die Nummer 1 im Rennstall - und kam am Saisonbeginn völlig unerwartet zum Comeback. Viele wundern sich darüber, dass er gleich bis Ende 2023 unter Vertrag genommen wurde. Ein Thema, über das man auch sprechen muss, wenn man mit Günther Steiner am Tisch sitzt.

Frage: "Warum haben Sie eigentlich Kevin Magnussen ohne Not gleich einen Zweijahresvertrag gegeben?"

Steiner: "Weil wir ihn kennen. Um ihm Sicherheit zu geben. Sonst wäre er vielleicht nicht gekommen, weil er dann gesagt hätte: 'Da mach ich ein Jahr, und dann stehe ich Mitte des Jahres wieder ohne Job fürs nächste Jahr da." Also habe ich darüber gar nicht erst diskutiert. Ich habe gesagt: 'Wir bieten dir zwei Jahre an, damit du mental in einer guten Verfassung bist, wenn du zu uns kommst.'"

Frage: "In der Konstrukteurs-WM ist Haas derzeit Achter (Stand vor Österreich; Anm. d. Red.), vor Aston Martin und Williams. Wären Sie damit zufrieden, wenn das so bleibt?"

Steiner: "Nein. Ich will mehr."

Frage: "Konkret?"

Steiner: "Siebter wäre für mich konkret. Wir sollten ja Siebter sein, wenn wir nicht die fünf Rennen gehabt hätten, wo immer etwas war, was nicht hätte sein sollen. Dann hätten nicht nur wir mehr Punkte gemacht, sondern auch die anderen weniger. Ich hoffe, dass wir in der zweiten Saisonhälfte mehr punkten können. Wenn nicht, wird die Welt auch nicht untergehen. Aber man muss sich schon Ziele setzen."

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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