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Interview

Helmut Marko über Lauda: "Haben oft über den Tod gesprochen"

Den Tränen nahe: Helmut Marko erzählt einige Anekdoten aus dem Leben von Niki Lauda, die einer breiten Öffentlichkeit bisher nicht bekannt waren

Die Nachricht vom Tod von Niki Lauda hat in den vergangenen Stunden zu großer Betroffenheit und Anteilnahme auf der ganzen Welt und besonders in Österreich geführt. Aber während der dreimalige Formel-1-Weltmeister für Millionen von Fans in erster Linie als öffentliche Figur wahrgenommen wurde, war Lauda für seinen inneren Kreis ein Ehemann, Vater, Bruder oder Freund aus Fleisch und Blut.

Einer, der mit der Todesnachricht emotional zu kämpfen hat, ist Helmut Marko. Der Red-Bull-Motorsportkonsulent war einer von Laudas engsten Freunden. Ihn hat die Meldung in der Nacht von Montag auf Dienstag erreicht. Am Dienstagmorgen stellte er sich im österreichischen Fernsehen auf 'oe24.TV' einem Telefoninterview mit Herausgeber Wolfgang Fellner.

"Ich wusste, dass es nicht gut um ihn steht", sagt Marko. "Aber trotzdem: Wenn dann die Nachricht kommt, ist es doch ein Schlag." Lauda sei "ein echter Freund" gewesen, unterstreicht er: "Das kann man so sagen. Umso schmerzlicher jetzt. Obwohl man es wusste. Aber wenn's dann so weit ist, ist es doch ..."

Das letzte persönliche Treffen habe "irgendwann im November" im Wiener Allgemeinen Krankenhaus stattgefunden, erinnert sich Marko und gesteht: "Ehrlich gesagt war ich entsetzt, als ich ihn gesehen habe. Das habe ich mir natürlich nicht anmerken lassen. Da war er aber noch voller Optimismus, und es war noch eine Kraft in der Stimme. Das ist dann alles sukzessive dahingegangen."

Leidensweg "war ganz sicher nicht in seinem Sinne"

"Für mich ist das ganz arg. Ich bin der Ältere von uns. Wir haben oft über den Tod gesprochen, wer als Erster geht und so weiter. Dieses langwierige immer schwächer Werden hat nicht zur Person Lauda gepasst und war ganz sicher nicht in seinem Sinne."

Der 76-Jährige ist im Interview stellenweise den Tränen nahe. Obwohl er und Lauda im Formel-1-Paddock immer als "harte Hunde" galten, die für Emotionen nicht viel übrig haben, legten sie in den vergangenen Jahren eine gewisse "Altersmilde" an den Tag. Marko wirkt am Ende des Interviews wehmütig, wenn er sagt: "Mir kommt vor, ich bleibe als einsamer Methusalem über."

Solange Lauda an die Rennstrecke kommen konnte, war es Ritual der beiden, gemeinsam zu frühstücken - der Rivalität zwischen Mercedes und Red Bull zum Trotz. Marko unterstreicht, dass man in diesen Gesprächen stets "über den Tellerrand hinaus" diskutiert und sich nicht mit dem "Kleinkarierten" beschäftigt habe: "Das Wichtigste war uns immer die Attraktivität für den Sport."

Aber Marko und Lauda waren nicht immer Freunde. Als Lauda 1968 bei einem Formel-V-Rennen in Finnland aufkreuzte, begann eine Rivalität zwischen den beiden Freunden, um die legitime Nachfolge von Jochen Rindt in Österreich. Marko erinnert sich: "Typisch Niki. Er hat selbst die Transporter nach Finnland gelenkt, damit er das Auto fahren konnte."

Er habe zunächst einen "Respektabstand" eingenommen, "weil es ging ja um unser beider Karrieren. Aber es war trotzdem so, dass wir uns abends zusammengesetzt haben. Er hat immer sein typisches Wiener Schnitzel mit Reis gegessen, wo immer er das kriegen konnte. Damals war seine Ernährung relativ einseitig. Aber es hat die gemeinsamen Abende gegeben."

Irgendwann schafften es beide in die Formel 1. Beim Grand Prix von Österreich standen sie 1971 zum ersten Mal gemeinsam in der Startaufstellung. "Ich saß im besseren Auto und war dadurch auch von den Ergebnissen her besser als er. Dann kam mein Unfall", erzählt Marko. In Clermont-Ferrand 1972 traf ihn ein von Emerson Fittipaldi aufgewirbelter Stein am Kopf. Seither ist er am linken Auge blind.

Marko hatte Ferrari-Vertrag, Lauda die Weltkarriere

"Die Geschichte ist bekannt. All das, was für mich vorgesehen war", so Marko am Telefon bei 'oe24.TV', habe nach dem Unfall Lauda geerbt. "Ich hatte einen Vorvertrag mit Ferrari. Er hat zuerst das BRM-Cockpit übernommen, in der Folge dann den Ferrari-Sitz." Doch das konnte die sich damals schon anbahnende Freundschaft nicht erschüttern.

"Wir sind dann gemeinsam nach Modena gefahren. Er hat mich gebeten, dass ich ihn begleite, um seinen ersten Vertrag mit Enzo auszuverhandeln. Für mich war das vorbei. Ich habe mir überlegt: 'Hallo, der Niki erbt das alles. Ist das gerecht?' Aber bei genauer Analyse war ich out - und dann ist mir viel lieber, es ist ein Österreicher, der in all das einsteigt, als sonst irgendjemand."

"Da gibt's keine Spur von Verbitterung oder Neid", betont Marko, nur um im gleichen Atemzug zuzugeben: "Vielleicht am Anfang. Aber von der Logik her wurde mir klar: 'Ich kann's eh nicht ändern - und dann ist besser, es ist der Niki.' Von da an waren wir immer in irgendeiner Weise in Kontakt."

Und während Marko erst 30 Jahre später als Konsulent des Red-Bull-Teams in der Formel 1 die große Bühne in Österreich betrat, wurde Lauda mit drei WM-Titeln und vor allem seinem Feuerunfall zu einem Stück österreichischer Zeitgeschichte. Am gleichen Tag, als er auf dem Nürburgring beinahe verbrannt wäre, stürzte in seiner Heimatstadt Wien die Reichsbrücke ein.

Als Lauda in den Wochen nach dem Unfall um sein Comeback kämpfte, war Marko an seiner Seite: "Ich war damals in seinem Haus, bei Fuschl, als Willi Dungl (berühmter österreichischer Gesundheitsexperte; Anm. d. Red.) in die Wiese und in die Wälder gegangen und mit einem Korb voller Pflanzen und Blüten zurückgekommen ist."

"Es hat Niki gerissen, als wäre er unter Elektroschock"

"Er hat irgendwelche Salben kreiert und die auf den, das muss man sich vorstellen, völlig offenen Kopf aufgetupft. Jedes Mal, wenn er diese Wunden berührt hat, hat's den Niki gerissen, als wäre er unter einem Elektroschock."

"Dieser eiserne Wille, all das durchzustehen und dann in Monza ein Comeback zu geben, das niemand für möglich gehalten hat, mit einer unglaublichen Leistung und Selbstüberwindung", das habe Laudas Bild in der Öffentlichkeit geprägt.

Dabei sei Laudas größte Leistung nicht seine Furchtlosigkeit gewesen: "Der hat sich fast angemacht vor lauter Angst", lacht Marko - empfindet aber gerade das als außergewöhnlich: "Er hat das alles überwunden. Er wusste, er muss es zeigen."

Nicht überwunden hat Lauda, dass ihm Enzo Ferrari in den Rücken gefallen ist und Carlos Reutemann als Ersatzfahrer engagiert hat: "Das hat er Enzo nie verziehen", bestätigt Marko. "Komischerweise war ich auch bei der Kündigung dabei, in Modena, als er Ferrari gesagt hat, dass er jetzt geht."

Seine aktive Karriere als Formel-1-Pilot beendete Lauda 1979 während der laufenden Saison. Er habe keine Lust mehr, im Kreis zu fahren, sagte er dem legendären Grand-Prix-Reporter des ORF, Heinz Prüller. Was hinter diesem Zitat steckte und wie es dazu kam, erklärte Lauda später bei einem Auftritt in der TV-Comedyshow 'Willkommen Österreich'.

1982 kehrte er in die Formel 1 zurück, 1984 wurde er noch einmal Weltmeister, 1985 gewann er in Zandvoort seinen letzten Grand Prix. Anschließend startete er als Airliner voll durch - und erlitt 1991 die wahrscheinlich schwerste Stunde seines Lebens, als eine Boeing 767 der Lauda Air auf dem Weg von Bangkok nach Wien abstürzte. Alle 223 Menschen an Bord kamen ums Leben.

Lauda: Flugzeugabsturz 1991 war seine schwerste Stunde

Die Bilder von Lauda an der Unfallstelle sind ein Dokument österreichischer Zeitgeschichte. Marko erinnert sich daran, "wie er dann mit der ihm typischen Akribie und Sturheit einem Weltkonzern wie Boeing nachgewiesen hat, dass es nicht seine Schuld war oder die der Piloten, sondern dass es ein Konstruktionsfehler war".

Lauda sei immer "ein Egoist" gewesen, sagt Marko. Das Image des geizigen Geschäftsmannes "hat er in der Öffentlichkeit auch gerne gespielt". Letztendlich sei sein enger Freund "ein guter, großzügiger Mensch" gewesen, findet Marko: "Das ist in den letzten Jahren immer mehr zutage getreten."

"Vor allem mit dem Kennenlernen von Birgit ist eine Wandlung mit ihm vorangegangen. Er hat sich doch geändert, Rücksicht genommen. Das war früher nicht seine Stärke. Er war hauptsächlich auf seine Agenda aus. Vor allem als dann die Zwillinge gekommen sind, ist er ein richtiger Familienmensch geworden."

Im gesamten Formel-1-Geschehen gebe es niemanden", sagt Marko, der Lauda "von der Persönlichkeit, vom Humor, von der Gesamtheit und seiner Geradlinigkeit" das Wasser reichen könne: "Das gibt's kein zweites Mal." Er unterstreicht Laudas "Handschlagqualität" und dass er "sich seine Meinung zu sagen traut, egal wie er in der Öffentlichkeit damit aneckt".

"In meiner gesamten Rennkarriere war Niki mein steter Begleiter. Er wird mir sehr fehlen. Das sind so viele Erlebnisse, so viele gemeinsame Aktionen und auch gemeinsame lustige Ereignisse gewesen. Und dann das. Das ist halt schwer."

"Niki", sagt Marko, "war einer der ganz großen Österreicher. Ich hatte das Glück und die Ehre, das mitzuerleben. Ganz klar ein Ausnahmemensch, der immer am Boden geblieben ist."

Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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