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"Ich vergebe dir": Das steckt hinter dem Zoff zwischen Vettel & Leclerc

Im Jubel um Charles Leclercs Ferrari-Heimsieg in Monza wäre fast untergegangen, dass es zwischen den Fahrern der Scuderia zu einem Streit gekommen ist

Ganz Motorsport-Italien jubelt über den Sieg von Charles Leclerc beim Ferrari-Heimrennen in Monza, doch hinter den Kulissen der Scuderia ist die Stimmung angespannt. Nach zwei Siegen hintereinander zwar nicht unbedingt, was die sportliche Performance betrifft - aber zwischen Leclerc und seinem Teamkollegen Sebastian Vettel hängt der Haussegen gewaltig schief.

Am Samstag nach dem Qualifying, so berichten es Ferrari-Insider, soll es im Debriefing hitzig zugegangen sein. Abgemacht war eigentlich, dass Vettel Leclerc im ersten Q3-Run Windschatten spendiert - und die Rollen im zweiten Run vertauscht werden. Doch aufgrund des bizarren Windschatten-Pokers quer durchs Feld kam es zu keiner zweiten Runde mehr.

Vettel zeigte sich am Samstag bemüht, Leclerc nicht direkt anzugreifen, ließ zwischen den Zeilen aber doch tief blicken, als er erklärte: "Eigentlich haben wir uns nicht verpokert. Von unserer Seite war die Strategie klar, dass ich im ersten Schuss Windschatten gebe und im zweiten Schuss Windschatten bekomme. Aber es war dann doch recht chaotisch."

Abseits der TV-Kameras soll er seinem Ärger dann aber sehr wohl Luft gemacht haben. Dabei, so wird im Paddock gemunkelt, dürfte auch der eine oder andere Kraftausdruck in Richtung Leclerc gefallen sein. Vettel ist sich sicher, dass ihn sein Teamkollege absichtlich ins Messer hat laufen lassen. Eine Einschätzung, die Mattia Binotto offenbar teilt.

 

Boxenfunk: Binotto verzeiht Leclerc sein Verhalten

Denn nach Leclercs Zieldurchfahrt am Sonntag waren die ersten Worte des Teamchefs am Boxenfunk "sei perdonato", was so viel bedeutet wie "Ich vergebe dir". Bereits am Samstag nach Ende des Qualifyings hatte Leclerc Schuldbewusstsein signalisiert, als er funkte: "Sorry für das Chaos in der letzten Kurve."

"Im Qualifying hat es ein paar Spannungen gegeben", lacht Ferrari-CEO Louis Camilleri die Auseinandersetzung seiner beiden Fahrer weg. Dass Leclerc möglicherweise mit gezinkten Karten gespielt hat, relativiert er im Interview mit 'Sky': "Er ist halt ein Siegertyp. Wenn man in der Geschichte zurückgeht, waren alle Siegertypen so. Michael war auch eine harte Nuss."

Aber was war eigentlich der Anlass für Vettels vergiftete Stimmung? Durch den Live-Boxenfunk der Onboard-Kanäle kann man den zweiten Q3-Run 1:1 rekonstruieren. Vettel forderte schon in der ersten Schikane: "Sagt Charles, dass er losmachen soll!" Und fuhr, im Wissen, dass es zeitlich eng wird mit der Runde, zunächst am McLaren von Carlos Sainz vorbei.

Leclerc wusste zu dem Zeitpunkt schon Bescheid, dass der Hut brennt. "Es wird knapp", sagte ihm sein Renningenieur. Und wenig später: "Push, sechs Sekunden. Es ist eng. Du musst losmachen. Push." Aber er machte keine Anstalten, Vettel zu überholen. Stattdessen zog Sainz seelenruhig wieder an den bummelnden Ferraris vorbei.

So ist die Out-Lap in Q3 abgelaufen

Bei der Variante della Roggia wurde Vettel erneut hingewiesen: "Wir müssen jetzt pushen!" Worauf der antwortete: "Dann sagt ihm, dass er mich überholen soll!" Außerdem erkundigte er sich nach dem Puffer. Antwort: "Null." Als Vettel durch die Ascari fuhr, hatte er laut Boxenfunk wieder drei Sekunden Puffer - aber Leclerc noch immer hinter sich.

 

Bei Lesmo und Ascari wurde Leclerc erneut eingeschärft, dass er "zero Margin" habe. Da fuhr er immer noch hinter Vettel. Spätestens da muss ihm klar geworden sein, dass es nur ein Ferrari rechtzeitig über die Linie schaffen kann. Ausgangs Ascari dann das Kommando: "Du kannst Sebastian überholen." Leclerc tat das, stieg aber immer noch nicht voll aufs Gaspedal.

Als Vettel aus der Parabolica kam, war die Ampel schon rot. Trotzdem machte er seinem Ärger zunächst keine Luft: "Danke, danke." Er winkte den Fans. Ein paar Augenblicke später, noch während der Auslaufrunde, funkte er noch einmal: "Wie dem auch sei, das Auto war gut. Ich glaube, wir waren heute die Schnellsten. Wenn auch nicht auf dem Zeitenschirm."

Leclerc wusste da noch gar nicht, dass er es nicht mehr rechtzeitig geschafft hatte. Als sich der Renningenieur im ersten Sektor bei ihm meldete, schnauzte er zurück: "Lass mich die Runde fahren!" Nur um den Hinweis zu erhalten, dass er zu spät dran war und auf Pole steht. Der Funkspruch "What a mess" und "Trotzdem Pole" wurde dann schon im Live-TV ausgestrahlt.

Während der Auslaufrunde dämmerte ihm, dass er nun Erklärungsbedarf hat. Nach der Entschuldigung folgte die Ausrede: "Das Problem ist: Am Beginn der Runde blieben der Renault und der McLaren in der Mitte der Strecke. Die waren zu spät dran. Darum waren wir nicht schneller." Was er nicht sagte: dass beide Ferraris vor Sainz und Hülkenberg fuhren, aber trotzdem kein Tempo machten.

Leclerc: Teamplayer nur wenn's ihm selbst nicht schadet

Mutmaßlich, weil Leclerc nicht Erster auf der Strecke sein wollte. Vettel zu ziehen, damit hatte er eigentlich kein Problem. Das aber zu tun, ohne selbst im Windschatten eines anderen Autos zu sein, war ihm dann wohl doch zu uneigennützig. Also trödelte Leclerc solange rum, bis Sainz die Kette endlich in Gang setzte. Da war es aber für Vettel schon zu spät.

Nachdem die Fetzen geflogen waren, schaffte es Binotto, die Gemüter zu beruhigen. "Sei perdonato", erklärt er, gelte für "alles, was in den letzten Tagen passiert ist und wir diskutiert haben. Aber das ist etwas, was wir zwischen uns dreien belassen. Zumindest hat er einen guten Job gemacht. Ich wollte ihm auf diese Weise sagen, dass ich zumindest mit seiner Leistung zufrieden bin."

Leclerc scheint durchaus bewusst zu sein, was er verbrochen hat: "Seb war dazu in der Lage, Pole-Position zu holen", weiß er. Doch der zweimalige Saisonsieger sieht sich nicht selbst, sondern "den McLaren und den Renault" in der Verantwortung: "Die sind mitten auf der Strecke stehen geblieben, und wir kamen nicht vorbei."

"Seb hat mich in der Situation überholt, weil wir schon ziemlich knapp dran waren. Ich blieb dann bis zur Gegengerade hinter ihm, als sie mir am Funk gesagt haben, dass ich ihn überholen kann. Also habe ich ihn überholt. Aber ich hatte für mich selbst auch keine Zeit mehr, die Runde ordentlich vorzubereiten. Sehr schade."

"Solche Situationen wie in der zweiten Kurve, dass zwei Autos nebeneinander so langsam fahren, sollten nicht eintreten. Ich kann ja nicht 20 km/h fahren. Aber wir konnten auch nicht überholen. Die meisten Fahrer wollten überholen, hatten aber keine Gelegenheit dazu. So kam es am Ende zu diesem riesigen Chaos."

Binotto: Diskussion bleibt Verschlusssache

Eine Erklärung, die ihm Vettel wohl nicht ganz abgenommen hat. Die große Frage ist nun, ob dadurch ein Riss zwischen den beiden entstanden ist, der sich nicht mehr kitten lässt - oder ob die Angelegenheit in der Hitze des Gefechts dramatischer wirkte, als sie eigentlich ist. Binotto ist optimistisch: "Dadurch wird sich nichts ändern."

"Wir haben intern darüber gesprochen", hält er fest. "Es gibt unterschiedliche Meinungen, denn der Ausgang war für alle sehr merkwürdig. Das Wichtigste ist aber, dass Seb der Erste war, der gesagt hat: 'Lasst uns nach vorne schauen.' Diese Jungs sind klasse, ich kann mich auf sie verlassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das keine Auswirkungen haben wird."

Eine Auswirkung könnte Monza aber sehr wohl haben: eine neue Hackordnung bei Ferrari. Leclerc läuft Vettel zunehmend den Rang ab - und hat den Deutschen erstmals auch in der Fahrer-WM überholt. Vettel ist als Nummer 1 in die Saison gestartet, aber: "Die Dinge ändern sich mit der Zeit", unterstreicht Ferrari-CEO Camilleri.

"Wir sind sehr zufrieden mit Charles. Er hat heute Außergewöhnliches geleistet. Das hat jeder gesehen", sagt Camilleri - stärkt gleichzeitig aber auch Vettel den Rücken: "Den Leuten, die Seb abzuschreiben versuchen, möchte ich nur sagen, dass er ein erstaunlicher Fahrer ist. Ich habe großes Vertrauen, dass Seb zurückschlagen wird!"

Mit Bildmaterial von LAT.

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