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Interview

Interview: Warum die Formel-1-Regeln 2019 erst der Anfang sind

Nikolas Tombazis als technischer Leiter im Formelsport-Segment des Automobil-Weltverbands FIA erklärt die besondere Bedeutung der neuen Formel-1-Regeln

Vieles ist neu in der Formel-1-Saison 2019. Und das hat auch gute Gründe. Denn auf dem Weg zu einer Regelrevolution im Jahr 2021 hat der Automobil-Weltverband (FIA) schon erste Schritte eingeleitet, um die Formel 1 attraktiver zu machen. Nikolas Tombazis als technischer Leiter des Formelsport-Segments erklärt im Interview, was im Detail verändert wurde und zu welchem Zweck. Außerdem spricht er darüber, ob sich die Erwartungen an das neue Reglement erfüllen oder nicht.

Frage: "Herr Tombazis, zur Formel-1-Saison 2019 wurden einige neue Regeln eingeführt, vor allem auf aerodynamischer Seite. Können Sie die größten Unterschiede erläutern und was eben diese bewirken sollen?"

Nikolas Tombazis: "Die größeren Regeländerungen zielten darauf ab, engeres Racing zu ermöglichen. Die wichtigsten davon befassen sich mit dem Frontflügel und der Bremskühlung. In diesem Bereich geht es um die Luftführung bei den Vorderrädern und die dort entstehenden Verwirbelungen. Die Teams hatten die Luft am Frontflügel nach außen geleitet und auf diese Weise viele Turbulenzen entstehen lassen. Die neuen Regeln sollen das reduzieren. Denn eben diese Turbulenzen waren nachteilig für die Stabilität eines nachfolgenden Fahrzeugs."

"Kurzum: Es war schwierig für einen Konkurrenten, nahe heranzufahren und einen Überholversuch zu starten. Die neuen Regeln wurden so gestaltet, dass es weniger Luftverwirbelungen gibt, damit sich die Autos auf der Strecke näher kommen können. Denn wir hatten hier einen negativen Trend festgestellt: Es hatte sich Jahr für Jahr verschlechtert. Die Regeln für 2019 wurden erstellt, um diesem Trend entgegenzuwirken. Und nach dem, was wir an Rückmeldungen von Teams erhalten haben, war es ein Schritt in die richtige Richtung."

"Engeres Racing wollten wir auch mithilfe der Änderungen am Heckflügel erreichen. Der Heckflügel ist jetzt breiter und größer angelegt. Damit sind wir gewissermaßen auf Nummer sicher gegangen, weil sich so der Effekt des Drag-Reduction-Systems vergrößert und Fahrer somit besser zu einem Vordermann aufschließen können."

Bis zu 50 Prozent mehr Überholmanöver?

Frage: "Gibt es bereits erste Daten, die die Ergebnisse der Änderungen dokumentieren?"

Tombazis: "Für Australien hatten wir nicht mit einem großen Unterschied gerechnet. Melbourne ist ohnehin ein Kurs, auf dem Überholen schwierig ist. Einige Simulationen hatten uns eine Zunahme um zehn Prozent bei Überholmanövern gezeigt, sofern sich die Rennen ähnlich wie bisher entwickeln würden. Für andere Rennen gaben die Simulationen deutlich höhere Werte aus, eher in der Region von plus 50 Prozent."

"Nur zur Klarstellung: Diese Simulationen basierten auf einander folgenden Fahrzeugen in Rennen der vergangenen Saison, aber unter Anwendung der diesjährigen Regeln. Und das ist die Rückmeldung, die wir bisher erhalten haben. Doch die wahren Ausmaße werden sich erst im weiteren Saisonverlauf zeigen. Für Australien hatten wir keine Wunder erwartet. Insgesamt aber rechnen wir auf aerodynamischer Seite mit einem Schritt in die richtige Richtung."

Frage: "Es hieß, durch die Regeländerungen würden die Rundenzeiten steigen. Hat man das mit der Gestaltung der Regeln erfolgreich vermieden? War das vorab überhaupt eine Sorge?"

Tombazis: "Wir hatten uns eigentlich keine Sorgen darüber gemacht, ob die Autos langsamer oder schneller werden würden. Das war nicht das Ziel. Das Ziel war, engeres Racing zu ermöglichen, und so auch das Racing insgesamt zu verbessern. Die Rundenzeiten, die wir uns dafür vorgestellt hatten, sind da nicht von Belang."

"Klar: Wenn die Autos jetzt 20 Sekunden langsamer wären, dann wäre das ein anderes Thema. Doch ein, zwei Sekunden sind auf dem Niveau, auf dem sich die Formel 1 bewegt, völlig in Ordnung, sofern sich dadurch besseres Racing einstellt. Und durch die Entwicklung an ihren Autos haben die Teams bereits wieder Zeit gewonnen. Das wird sich während der Saison so fortsetzen. Ich denke nicht, dass die absolute Leistung einen Platz in dieser Diskussion haben sollte. Das lenkt eher davon ab."

Frage: "Das klingt, als hätten die Regeln keinen Einfluss auf die Spannung in diesem Jahr ..."

Tombazis: "Ich würde sagen: Wie spannend ein Rennen ist, das hängt von diversen Faktoren ab, nicht nur von der Aerodynamik. Es kommt auf das Reifenmanagement im Rennen an, und für dieses Jahr haben wir auch die Reifen modifiziert."

"Natürlich spielt auch das jeweilige Leistungsniveau eine Rolle. Wenn du zum Beispiel ein Auto hast, das eine Sekunde schneller ist als das nachfolgende Fahrzeug, dann ist es völlig egal, wie sehr die Regeln darauf ausgelegt sind, engeres Racing zu schaffen. Das schnellere Auto wird sich dann absetzen und das Rennen wird nicht so spannend. Es hängt also sowohl von der Möglichkeit zum Hinterherfahren als auch von einem möglichen Leistungsunterschied ab. Auch dafür haben wir noch keine genauen Erkenntnisse vorliegen."

"Wir haben bislang noch kein klares Bild"

"[Bei den Wintertests] in Barcelona haben wir ein paar Designtrends gesehen. Ich bin mir sicher, die Teams werden die jeweils anderen Lösungen per CFD und im Windkanal studieren. Sofern es also anfangs einen Leistungsunterschied zwischen den Fahrzeugen gibt, sollten die Teams vergleichsweise rasch auf ähnliche Werte kommen, weil die betreffenden Teile dieses Jahr etwas einfacher gehalten sind. Ein solches Szenario erhoffe ich mir zumindest."

Frage: "Gab es bei den Testfahrten erste Daten über die Luftturbulenzen hinter einem Fahrzeug und wie sich eben diese von 2018 auf 2019 verändert haben?"

Tombazis: "Einige Fahrer berichteten, es sei jetzt einfacher, einem anderen Auto zu folgen. Es ist natürlich schön, eine solche Rückmeldung zu bekommen."

"Allerdings lässt man sich leicht blenden, wenn man beim Testen einem deutlich langsameren Fahrzeug hinterherfährt oder ein komplett anderes Programm abspult. Ich glaube daher nicht, dass man es wirklich einschätzen kann. Und um ganz ehrlich zu sein: Bei den Wintertests haben die Teams viel zu viel zu tun, als sich ernsthaft mit diesem Thema zu befassen. Alle Teams haben sich jedoch sehr positiv über den vergrößerten DRS-Effekt geäußert."

"Doch wie ich schon sagte, das zu erreichen war ziemlich einfach. Manche meinen, wir gehen mit den Luftverwirbelungen an der Vorderachse in die richtige Richtung, insgesamt sei es aber kein großer Fortschritt. Wieder andere halten die Änderungen für gravierender. Wir haben bislang noch kein klares Bild."

Nicht jeder Designtrend ist auch erwünscht

Frage: "Wenn Sie bedenken, wie die Teams die neuen Aerodynamikregeln interpretiert haben, sind Sie dann zufrieden mit der Umsetzung und den Ergebnissen?"

Tombazis: "Wenn man die Autos beim Testen auf der Strecke sieht und gewisse Lösungen betrachtet, dann bekommt man den Eindruck, man hätte die Regeln ein bisschen anders formulieren sollen. Aber so ist das immer."

"Insgesamt bin ich zufrieden mit der Richtung, die wir bei der aerodynamischen Charakteristik eingeschlagen haben. Ich glaube allerdings nicht, dass wir damit bereits an einem Endpunkt angekommen sind und sagen können, 'okay, jetzt passt alles', ganz im Gegenteil."

"Hätten wir uns diesem Prozess aber nicht unterworfen und müssten nun die Regeln für 2021 formulieren, dann wären wir in einer weitaus schwächeren Ausgangslage. Denn für das, was wir noch vorhaben, war 2019 eine gute Übung. Wir haben damit ja auch die Luftverwirbelungen reduziert. Ob die Saison spannend verläuft oder nicht, das hängt davon ab, wie dicht die Teams beisammen liegen. Darauf bin ich schon sehr gespannt, wie jedermann auch."

Frage: "Wann dürfen wir mit den finalen Regeln für 2021 rechnen?"

Tombazis: "Der internationale Sportkodex des Automobil-Weltverbands legt fest, dass gewisse Dinge bis Ende Juni festgelegt sein müssen. Darauf arbeiten wir hin."

Frage: "Sprechen wir nochmals über 2019. Es gab auch diverse Sicherheitsverbesserungen, nicht wahr?"

Tombazis: "Wir haben die Heckflügel ein wenig angehoben, um die Sicht nach hinten zu verbessern. Wir hatten nämlich herausgefunden, dass die Position der Heckflügel im Verhältnis zu den Seitenkästen und zur Position der Rückspiegel keine optimale Sicht ermöglicht hatte. Die Fahrer hatten im Prinzip nur einen kleinen Sehschlitz, je nach dem, wo sich Kopf und Spiegel befanden. Sie konnten einfach nicht gut nach hinten schauen."

"Das haben wir korrigiert, indem wir den Heckflügel um 50 Millimeter angehoben haben. Außerdem haben wir die Regeln für die Positionierung der Rückspiegel noch einmal präzisiert. Seit 2019 gibt es zudem zwei zusätzliche Rücklichter an den Endplatten der Heckflügel, als Ergänzung zum zentralen Rücklicht. Dies dient der besseren Sichtbarkeit bei schlechtem Wetter."

Alles für mehr Action bei Rennende

Frage: "Für 2019 wurde die maximale Spritmenge für das Rennen leicht angehoben. Was soll damit erreicht werden?"

Tombazis: "Im Rennen dürfen nun insgesamt 110 Kilogramm Benzin mitgeführt werden, also fünf Kilogramm mehr als im vergangenen Jahr. Damit sollten die Fahrer dazu in der Lage sein, mehr Leistung abzurufen. Im Gegenzug soll Spritsparen kein so großes Thema mehr sein."

"Das wird sich nicht bei jedem Rennen bemerkbar machen. Es gab aber ein paar Rennen, an denen die Piloten hier ziemlich am Limit waren. Die Änderungen werden ihnen dafür entgegenkommen. Ein Allheilmittel ist es meiner Meinung nach nicht. Denn es gibt schließlich auch andere Gründe, warum Fahrer Sprit sparen müssen. Wenn ein Team zum Beispiel entscheidet, mit bewusst wenig Benzin ins Rennen gehen zu wollen. Eine solche Wahl können wir mit den Regeln nicht abdecken."

"Aber wo es möglich ist, da haben die Fahrer jetzt die Chance, gegen Rennende noch einmal Druck zu machen. Eben diese Situation am Ende eines Rennens wurde ja zuletzt nochmals interessanter gestaltet, weil das sportliche Reglement jetzt einen Punkt für die schnellste Rennrunde auslobt. Das wurde eingeführt, um für mehr Spannung zu sorgen. Die Fahrer sollen dazu ermutigt werden, gegen Rennende noch einmal Druck zu machen - wenn ihre Autos am leichtesten sind."

Mit Bildmaterial von Sutton.

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