James Key: Gesunde Plattform ist McLaren wichtiger als riskante Ideen
Warum McLaren bei der Entwicklung des MCL36 nicht voll auf Risiko setzt und wie die Weiterentwicklung des Formel-1-Autos im Saisonerlauf 2022 erfolgen soll
Alles, was einen Vorteil bringt, ist bei der Einführung eines neuen technischen Reglements in der Formel 1 pures Gold wert. Doch McLaren ist vor der Saison 2022 nicht auf Risiko aus - oder zumindest nicht nur, wie James Key als Technischer Direktor des britischen Traditionsteams erklärt. Seine These: Lieber mit einer soliden Grundlage ins Jahr gehen, statt an zu verwegenen Ansätzen scheitern.
"Wir hätten einige verrückte Wege einschlagen können, haben aber entschieden, uns da etwas zurückzunehmen und keine Risiken in diesem Ausmaß einzugehen", erklärt Key und gibt an, "froh" zu sein über diese Marschroute bei McLaren. "Ich wollte nämlich eine [technische] Plattform haben, von der aus man entwickeln kann und Potenzial hat, anstatt einfach nur jetzt gut zu sein."
Was McLaren also am MCL36 umgesetzt habe, sei "eine Art von Risiko, bei der man das Gefühl hat, es ist am Anfang nicht richtig, bei der man aber weiß, dass es in Zukunft neue Möglichkeiten bei der Entwicklung bietet", so Key.
Leistung ist relativ ...
Teilweise habe man sich beim Bau des Fahrzeugs auf extreme Ansätze verlassen, "und wir haben uns das Leben [damit] nicht einfacher gemacht", sagt der McLaren-Technikchef weiter. "Es gibt schwierige Designs am Auto, die wir aber aus gutem Grund gemacht haben. Wir müssen auf der Strecke prüfen, ob es mechanisch und aerodynamisch auch funktioniert."
Und unterm Strich seien sowohl Ideen wie auch Performance relativ, weil der Vergleich zur Konkurrenz entscheidend darüber sei, ob ein Auto als "gut" oder "schnell" empfunden werde, meint Key.
Was er bisher von den anderen Teams gesehen hat, habe ihn aber nicht schockiert: "Wir haben nichts gesehen, das neu für uns wäre. Es hat alles Sinn ergeben. Es sah anders aus als bei uns, aber wir hatten nicht das Gefühl, hier etwas verpasst zu haben."
Konkurrenz flößt McLaren keine Angst ein
Bei der Einführung neuer Regeln müsse man mit unterschiedlichen Herangehensweisen rechnen und werde "im gesamten Feld unterschiedliche Interpretationen" sehen, sagt Key. "Und wir werden sehen, wo der Trend hingeht. Bisher gab es aber nichts, das als richtig neu herausgestochen wäre aus unserer Sicht."
Und McLaren hat ohnehin genug eigene Baustellen, wie Key versichert. Er und seine Mannschaft stellen sich auf intensive Wochen der Weiterentwicklung ein, sobald der MCL36 erste Daten von der Strecke geliefert hat.
"Es gibt viele Faktoren, die da reinspielen", erklärt er. "Korrelation ist das erste. Wenn man etwas findet, das falsch ist, dann wird man sich stark auf die Lösung konzentrieren und früh Entwicklungen bringen. Wenn du etwas im Hintertreffen bist, wirst du am Anfang mehr bringen, um das zu beheben."
Die Budgetobergrenze als Entwicklungshemmnis
Allerdings dürfe man als Team die Budgetobergrenze nicht aus den Augen verlieren. Sprich: Jede Entwicklung gilt es mit Bedacht voranzutreiben. Key: "Wenn du zu früh alles verschießt, dann hast du [vielleicht] nicht mehr das Budget zur Verfügung, um den nächsten Schritt zu machen, wenn noch mehr Daten zur Verfügung stehen. Da ist also sorgfältige Planung und Beobachtung nötig."
Zum aktuellen Zeitpunkt vor den Wintertests könne McLaren daher nur für das erste Rennen planen. Dort will das Team erste Upgrades einsetzen. "Schritt zwei ist dann, etwas über das eigene Auto zu lernen", sagt Key. "Hast du ein Problem oder Stärken und Schwächen, die du angehen möchtest? Und Schritt drei ist dann, die anderen Autos anzuschauen: Welche Ideen sind umsetzbar und auch nützlich für unser Auto?"
Anschließend gehe es um die Priorisierung der Ideenliste und darum, ob man lieber ein großes Update oder eher mehrere kleine Optimierungen anstrebe. "Das vorherzusehen, ist jetzt aber schwierig", meint Key. Die ersten Detailplanungen dazu würden vermutlich erst im März 2022 beginnen.
Mit Bildmaterial von McLaren.
Diese Story teilen oder speichern
Registrieren und Motorsport.com mit Adblocker genießen!
Von Formel 1 bis MotoGP berichten wir direkt aus dem Fahrerlager, denn wir lieben unseren Sport genau wie Du. Damit wir dir unseren Fachjournalismus weiterhin bieten können, verwendet unsere Website Cookies. Dadurch wird Dein Nutzererlebnis optimiert und die Werbung auf Deine Interessen zugeschnitten. Wir wollen dir aber natürlich trotzdem die Möglichkeit geben, eine werbefreie Website zu genießen.