James Vowles: So hat Franco Colapinto seine Erwartungen übertroffen
James Vowles beschreibt, wie ihn Franco Colapinto beeindruckt hat, und beantwortet die Frage, ob man den Fahrertausch früher hätte vornehmen sollen
Franco Colapinto überraschte in Baku mit Rang acht
Foto: LAT Images
"Er hat einen absolut herausragenden Job gemacht", sagt Williams-Teamchef James Vowles nach den ersten beiden Formel-1-Rennen von Rookie Franco Colapinto. "Er ist direkt mit beiden Beinen reingesprungen und hält sich seitdem über Wasser. Und das hat er wirklich brillant gut gemacht", lobt er.
Der Argentinier hatte in Monza ein gutes Debüt als Ersatz für Logan Sargeant hingelegt und in Baku noch einmal eine Schippe draufgelegt und mit Platz acht vier Punkte für Williams geholt. "Das ist außerordentlich", stellt Vowles seinem Fahrer ein gutes Zeugnis aus.
Doch er sagt auch, dass er erwartet habe, dass Colapinto Leistung zeigt, "denn man kann es daran sehen, was er bislang gemacht hat."
"Wenn man sich seine gesamte Karriere ansieht, hatte er nie wirklich den finanziellen Rückhalt, die Unterstützung, die er brauchte, um etwas zu erreichen. Und in jedem Auto, in das er je eingestiegen ist, war er ungeheuer schnell", sagt er im Interview mit Motorsport-Total.com. "In der Formel 2 hat er gute Leistungen gezeigt und wurde im Laufe der Saison immer besser."
Auch im Simulator habe sich der Youngster stetig gesteigert. "Aber der Simulator ist ein Simulator. Er lässt sich nicht unbedingt übertragen", meint Vowles. Doch dann kam Colapintos Chance in Silverstone, wo er für die bisher gezeigten Leistungen mit dem Trainingseinsatz belohnt wurde.
Silverstone als erste Überraschung
"Und das war der Moment, in dem ich überrascht wurde", sagt der Teamchef. "Ich dachte: 'Oh, das ist interessant'. Das ist besser, als ich beim ersten Mal auf der Strecke erwartet hatte."
Vowles sagt, er sei nicht nur von Colapintos Geschwindigkeit an jenem Freitag in Silverstone beeindruckt gewesen, sondern auch von der Einstellung, die er zu jedem Zeitpunkt im und außerhalb des Autos hatte. "Er hat es einfach genossen. Er war einfach entspannt und hat den Moment genossen, was er auch tun sollte", erzählt er.
"Es gab also mehrere Dinge. Es war seine Herangehensweise, es war seine Fähigkeit, mit der Menge an Druck umzugehen, die auf deinen Schultern lastet, ohne dass er sich dadurch in irgendeiner Weise aus der Ruhe bringen lässt", so Vowles.
"Er hat eine sehr ausgeprägte Methode, wie er an alles herangeht, was er tut, und es war schön zu sehen, dass sich das trotz des Drucks, der um ihn herum aufgebaut wurde, übertragen hat."
Wow-Moment nach Crash in Baku
In Monza, wo Colapinto in seinem ersten Rennen Zwölfter wurde, habe der Argentinier das gebracht, was Vowles erwartet hatte. "Es war weder viel besser noch viel schlechter", sagt er. In Baku hatte er dann einerseits einen Schritt nach vorne erwartet, weil es das zweite Rennen war, aber andererseits auch einen Schritt zurück, weil ein schwieriger Stadtkurs auf dem Plan stand.
Der Schritt zurück kam erst einmal mit einem Unfall im Freien Training, doch damit sei Colapinto gut umgegangen und habe auch genau analysiert, was falsch gelaufen sei. Und: Wenn es passiert, dann lieber zu so einem frühen Zeitpunkt. "Das, was er jetzt gelernt hat, gilt direkt für Singapur, und unter diesen Umständen ist es einfacher, damit umzugehen."
Und dass Colapinto trotz des Rückschlags in der Lage war, in Baku eine starke Leistung zu zeigen, wertet Vowles als gutes Zeichen. Denn schon im Qualifying schaffte es der Argentinier in Q3 und schlug dabei auch Teamkollege Alexander Albon, was Sargeant nie gelungen war.
"Das ist der Punkt, an dem das meine Erwartungen übertraf", verrät er. "Es ist die Runde in Q3, die Runde von Q2 nach Q3, die für mich wirklich herausragend war."
Hätte Williams früher tauschen sollen?
Natürlich stellt sich die Frage, ob es Vowles nicht vielleicht bereut, Sargeant nicht schon früher aus dem Auto genommen zu haben. Und genau diese Frage wurde dem Briten auch in der Pressekonferenz vor Singapur gestellt.
"Wenn wir das zu Beginn des Jahres gemacht hätten, glaube ich nicht, dass man den Franco von heute sehen würde", entgegnet Vowles. Denn er habe sich seit seinem ersten Einsatz im Young-Driver-Test in Abu Dhabi Ende 2023 stark gesteigert - sowohl im Auto als auch im Simulator und in der Formel 2.
"Ich denke, dass wir ihn im Simulator und anderweitig gut vorbereitet haben, um ihn in die Region zu bringen, in der er jetzt ist", sagt er.
"Was das Bedauern angeht, so ist die Entscheidung, einen Fahrer aus dem Rennen zu nehmen, eine der schwierigsten, die man in meiner Position treffen kann. Und ich musste sicherstellen, dass es ganz klar der richtige Ort war", so Vowles.
"Und für mich ist der Punkt, an dem wir das Auto aufgerüstet haben, an dem wir Leistung bringen und an dem wir Punkte holen können, der richtige Punkt. Aus dieser Perspektive bin ich also zufrieden."
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