Kolumne: Wie löst man ein Problem wie das der Tracklimits?
Wo soll man die Grenze ziehen, wenn es darum geht, Grenzen festzulegen? Charles Bradley glaubt die Antwort zu haben ...
Foto: XPB Images
Beim Grand Prix von Deutschland am vergangenen Wochenende drohte das heikle Thema der Tracklimits wieder einmal zum Aufreger zu werden. Dreiundneunzig Verwarnungen alleine in einem freien Training!
In den frühen 2000er-Jahren hab ich regelmäßig über DTM-Rennen berichtet und bei der „Tilke-Version“ des Hockenheimrings waren die Tacklimits schon immer ein Thema. Wenn man Fahrern einen Zentimeter gibt, nehmen sie die ganze Auslaufzone – vor allem in Kurve 1 und in der letzten Kurve der Mercedes-Arena.
Am Ende war es kein großes Problem für die Formel 1, da die Fahrer gezeigt haben, dass sie sich benehmen können, wenn sie wirklich wollen, nachdem ihnen Rennleiter Charlie Whiting vor dem Qualifying seine Regeln klargemacht hatte.
Ich erinnere mich auch an das letzte „Lone Star Le-Mans-Wochenende“ in Austin (eines von Tilkes besten Werken), wo die Langstreckenweltmeiserschaft (WEC) und IMSA United Sportscar Championship die Rechnung zwar geteilt haben, nicht aber die gleiche Einstellung gegenüber den Tracklimits hatten.
In der WEC wurden sie strikt durchgesetzt, in der IMSA war es „probieren wir es mal“. Ein gutes Barometer waren die Werksporsche 911, die in beiden Serien antraten, und bei denen die schnellste Rennrunde des IMSA-Autos (ohne Tracklimits) 1,4 Sekunden schneller war als die schnellste Zeit in der WEC.
Die Sessions neben der Strecke zu beobachten war einfach nur seltsam. Die einen Fahrer liebkosten die Randsteine peinlich genau, die anderen flirteten mit den Kiesbetten an den äußeren Grenzen der Auslaufzonen.
Es sah aus wie „ziemich dämlich“.
Kenne dein Grenzen
Wir sind alle an die etablierten Sportarten gewöhnt, die weiße Linien verwenden, um die Grenzen festzulegen. Sei es ein Fußballfeld mit Seitenlinie, Strafräumen und Elfmeterräumen oder eine 400-Meter-Laufbahn mit Bahnen – man kann sagen, dass die Zuschauer mit diesem Konzept umgehen können.
Nun stelle man sich vor, Elfmeter könnten „irgendwo in der Nähe“ des Strafraums vergeben werden oder Usain Bolt startet auf Bahn 8 und läuft in der Kurve des 200-Meter-Rennens die „Ideallinie“ und setzt so bei den Olympischen Spielen in diesem Monat einen neuen Weltrekord?
Wie immer im Leben ist eine heftige Abschreckung das beste Mittel, Regeln durchzusetzen – mit Strafen als Konsequenzen, wenn man sie bricht.
Also stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ein angesehener Teamchef wie Toto Wolff von Mercedes in Hockenheim sagte, dass er glaube, Tracklimits sollten nicht durchgesetzt werden.
„Wir hatten eine ziemliche Diskussion in der Strategiegruppe", sagte Wolff über das Treffen in Genf am Donnerstag vor Hockenheim. „Es gibt zwei unterschiedliche Philosophien.“
„Charlies Philosophie ist ganz klar: Wir müssen Tracklimits durchsetzen, und Sicherheit kommt zuerst, wie es sein muss. Und wir sagten, „es ist für den Zuschauer etwas verwirrend, wenn Rundenzeiten gestrichen werden, weil man zwei Zentimeter über die weiße Linie gefahren ist".
„Ich denke, man sollte die schnellste Linie wählen, und wenn es ein Problem mit Auslaufzonen gibt, dann stellt einen großen Randstein hin, weil niemand über den Randstein fährt. Aber das ist Rennsport, wir sollten da draußen Mut beweisen, Vollgas geben, und wenn die schnellste Linie über einen Randstein geht und die Funken fliegen, und Autos instabil werden, ist es das, was wir sehen wollen.“
„Keine Autos, die zwischen weißen Linien fahren und bestraft werden, wenn sie zwei Zentimeter darüberfahren. Darüber könnten wir wohl sehr lange diskutieren.“
In der Tat. Und ich stimme mit ihm darin überein, dass es für die Fans verwirrend ist, wenn Rundenzeiten gestrichen werden, aber das ist ein hausgemachtes Problem des Sports. Und ich stimme auch in dem Punkt der großen Randsteine überein...
Ich habe das Gefühl, dass die wahre Antwort im grundlegenden Design der Strecke liegt. Zum Beispiel wurde das ganze Problem durch das Streben nach Sicherheit ins Leben gerufen und, wenn asphaltierte Auslaufzonen als sicherer angesehen werden als Gras/Kies, dann soll es so sein.
Allerdings müssen die Tracklimits dann durch stabile Radsteine durchgesetzt werden – und das ist es, wo das wahre Problem liegt. Da die Motorrad-Fraktion um niedrigere Randsteine gekämpft hat, um die Sicherheit seiner völlig ungeschützten Fahrer zu verbessern, sind die Anforderungen nun diametral denen der vierrädrigen Fraktion entgegengesetzt.
Wäre also die einfache Lösung, dass die Königsklassen der zwei- und Vierrad-Rennserien nicht auf den denselben Strecken fahren? Dann könnte man nämlich die Randsteine je nach Anforderungen anpassen.
Trennung von Formel 1 und MotoGP-Strecken
Wie trennt man aber die Formel 1 und die MotoGP bezüglich der Strecken, auf denen sie fahren?
In diesem Jahr gibt es fünf Austragungsorte, an denen beide Serien gastieren: Der Circuit de Catalunya in Barcelona, der Circuit of the Americas in Austin, der R Bull Ring in Österreich, das britische Silverstone und Sepang in Malaysia.
Machen wir es Bernie Ecclestone einfach, damit er nur einen Ort ändern muss. Wie wäre es, wenn wir Barcelona gegen den Straßenkurs in Valencia tauschen? Er muss vielleicht einige politische Fäden ziehen und ein hübsches Sümmchen hinlegen, um es wieder möglich zu machen, aber Carmelo Ezpeleta von der MotoGP müsste mit vier unterschiedlichen Strecken neue Verträge aushandeln.
Amerika ist einfach – die MotoGP muss einfach zurück nach Laguna Seca, damit wir wieder diese coolen Bilder von den Bikes bekommen, wie sie sich durch die Corkscrew-Kurve schlängeln.
In Österreich könnten die Top-Level-Motorräder auf den Salzburgring zurückkehren konnte, wo sie in den 1970er- und 1980er-Jahren – bis 1994 – eine feste Größe waren. In Großbritannien hat Donigton immer besser zu den Bikes gepasst als Silverstone. Das große Problem ist Malaysia.
Das Land ist nicht mit vielen Rennstrecken gesegnet, daher ist die Alternative zu Sepang Jahor – das 1998 Gastgeber war (Soweit ich weiß, wird da momentan umgebaut). Oder, wenn sie einen neuen asiatischen Markt öffnen wollen, wie wäre es mit dem hochmodernen Tilke-Kurs Buriram in Thailand?
Barcelona behält, zusammen mit den anderen MotoGP-Tracks, also seine flachen Randsteine und – Bonus! – wir verlieren in der Formel 1 einen langweiligen Grand Prix und die Teams können im Winter immer noch da oder in Jerez testen.
Der wieder zum Leben erweckte Straßenkurs in Valencia hätte in den Kurvenein- und -ausgängen riesige Randsteine, ähnlich wie in Sonoma – und die würden in der Formel 1 zum Alltag bei „Problemkurven“ wie Kurve 1 in Hockenheim.
Und solange man nicht mit einem Bodenabstand wie in der NASCAR fährt, wird man da nicht freiwillig drüber fahren und Zeit verlieren, wenn man es doch tut.
Wir haben aus Sicherheitsgründen große Auslaufzonen, aber sie werden zu den Tabu-Zonen, die sie eigentlich sein sollten – abgegrenzt durch Randsteine, die ihrem Zweck dienen und auf die die MotoGP-Fahrer nie treffen werden.
Simsalabim, das Problem ist gelöst, ohne dass dadurch die Sicherheit der MotoGP Fahrer aufs Spiel gesetzt wird.
Nehmen Sie diese Idee mal in das nächste Treffen der Strategiegruppe mit, Herr Wolff ...
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