Latifi kämpft um Zukunft: Wer bekommt das zweite Williams-Cockpit?
Nach "Piastrigate" ist der Kampf um das zweite Williams-Cockpit auf einmal wieder komplett offen - Was die Optionen sind und warum Williams besser abwarten sollte
Mit dem bevorstehenden Wechsel von Oscar Piastri zu McLaren scheint der fast schon sicher aus dem Williams-Cockpit geschriebene Nicholas Latifi nach der Sommerpause noch weitere Chancen zu erhalten, zu zeigen, dass er der richtige Mann an der Seite von Alexander Albon ist.
Der Thailänder unterschrieb vor einigen Tagen einen langfristigen Vertrag, doch wer sein Teamkollege in der Saison 2023 wird, ist noch unklar.
Vor dem Ungarn-Wochenende galt es als wahrscheinlich, dass Noch-Alpine-Junior Oscar Piastri vorübergehend von Alpine bei Williams geparkt wird, damit man selbst mit Fernando Alonso verlängern kann, doch dieses Szenario hat sich bekanntermaßen zerschlagen.
Das sind Nicholas Latifis Konkurrenten
Ein Konkurrent weniger für Latifi müsste man meinen, doch es gibt eine Reihe von weiteren Fahrern, die im Buhlen um das Williams-Cockpit mitmischen. Allen voran wäre da Williams-Junior Logan Sargeant, der aktuell mit seinen Leistungen in der Formel 2 auf sich aufmerksam macht.
Doch es gibt auch viele andere Namen, die herumschwirren. Nyck de Vries, Formel-E-Weltmeister der vergangenen Saison zum Beispiel, der zudem in diesem Jahr schon für Williams in Barcelona im ersten Freien Training unterwegs war und darüber hinaus auch Verbindungen zum Williams-Motorenlieferanten Mercedes hat.
Da Mercedes das Engagement in der Formel E zu Saisonende beenden wird, wäre de Vries frei zu haben, allerdings wäre für den Niederländer wohl auch ein Werksvertrag mit Stammcockpit bei Toyota in der WEC zu haben.
Unklarheiten gibt es auch bezüglich der Zukunft von Mick Schumacher bei Haas, sodass auch der Deutsche eine Alternative für Williams sein könnte. Auch andere Piloten wie Nico Hülkenberg oder Formel-2-Leader Felipe Drugovich können nicht ausgeschlossen werden.
Latifi stellt kar: "Will bei Williams bleiben!"
Als Latifi auf seine Zukunftspläne angesprochen wird, sagt er: "Meine Absicht und mein Ziel ist es, bei Williams zu bleiben, was das Team auch weiß. Das ist auch kein Geheimnis. Es geht für mich jetzt darum, in den letzten Rennen der Saison zu beweisen, dass ich der richtige Fahrer für das nächste Jahr bin."
"Es geht jetzt einfach um die Performance", fügt der Kanadier hinzu. "Wir haben natürlich aber auch nicht das Auto, um jedes Rennen um die Punkte zu kämpfen. In manchen Situationen hat Alex [Albon] es aber geschafft."
Latifi: In Silverstone hätte ich mit Update gepunktet
Latifi vermutet, dass Silverstone seine große Chance für Punkte gewesen wäre, wenn er zu diesem Zeitpunkt wie sein Teamkollege Albon schon das Update-Paket gehabt hätte. Im Qualifying fuhr er dort völlig überraschend mit dem alten Chassis ins Q3 und auch im Rennen belegte er einen guten zwölften Platz, was darauf hinauszuführen sei, dass er für Großbritannien ein anderes Chassis bekommen habe.
"Ich denke, wenn ich in Silverstone das Upgrade-Paket gehabt hätte, hätte es wahrscheinlich für ein oder zwei Punkte gereicht, so wie das Rennen verlaufen ist. Es geht also nicht unbedingt darum, Punkte zu holen, sondern nur darum, die Leistung zu bringen", so Latifi.
Latifi: Seit Chassiswechsel bin ich voll da
"Nach dem furchtbaren Saisonstart habe ich definitiv noch eine Rechnung offen. Es war einfach lange Zeit keine Verbesserungen in Sicht und momentan bin ich vielleicht immer noch nicht ganz bei 100 Prozent mit dem Auto", fügt er hinzu.
"Auf einmal habe ich diese 0,5 bis 0,75 Sekunden in jeder Session gefunden, was im Qualifying von Silverstone deutlich wurde. Und im Rennen hatte ich auf einmal auch nicht mehr diesen Rückstand zu den anderen Fahrern", analysiert der Williams-Pilot.
Aufstrebende Performance "klar mit Fakten zu belgen"
"In Österreich konnte ich auch mit Alex mithalten, wenn man den Vorteil der Updates herausrechnet und in Frankreich, als ich dann selbst die Upgrades bekam, war ich im Qualifying auf Augenhöhe."
"Es hat also eine klare Verschiebung gegeben, die klar mit Fakten belegt werden kann. Es geht nicht um mich und mein Gefühl, sondern um die Zahlen. Ich weiß, dass ich nicht von einem Rennen zum nächsten plötzlich schneller geworden bin."
"Ich spüre einfach, dass etwas mit dem Auto vorher nicht ganz richtig gewesen sein muss. Ich fahre doch nicht aus dem Nichts auf einmal eine halbe bis eine dreiviertel Sekunde schneller als vorher? Seit Silverstone gab es einfach diesen Wendepunkt, auch auf mentaler Seite", fasst der Kanadier seine Saison zusammen.
Latifi gibt zu: War zu Saisonbeginn zu weit weg
Während Albon mit Top-10-Resultaten in Australien und Miami immerhin schon drei Punkte sammeln konnte, steht bei Latifi noch die Null. Den letzten Punkt gab es für den Kanadier beim Abbruchrennen in Belgien 2021, als er auf dem neunten Platz fuhr.
"Man wird natürlich immer mit dem Teamkollegen verglichen, und gerade zu Beginn des Jahres war der Rückstand [von mir] sehr groß", zeigt er sich selbstkritisch. "Aber jetzt ist dies auf einmal überhaupt nicht mehr der Fall."
Latifi hofft auf Verlängerung: Bitte erst ab Silverstone bewerten
Auf die Frage, ob das Team schon etwas an Latifis altem Chassis gefunden habe, sagt er: "Wir hatten noch keine Zeit, das genau zu analysieren, aber aktuell ist das Ersatzchassis auf der Strecke im Einsatz. Und seitdem wir es gewechselt haben, ging es mit der Performance aufwärts."
¿pbfsfs_5883|Fotostrecke: Die Formel-1-Fahrer 2023|http://www.motorsport-total.com/bilder/strecken/2022f1fahrer2023/1647784243_mst.jpgpb¿"Deswegen habe ich ihnen [bei Williams] gesagt: 'Bitte bewertet meine Saison erst ab Silverstone, weil es davor etwas gab, was nicht zu 100 Prozent gestimmt haben kann.'"
Daher kommt der Zeitpunkt der Sommerpause für Latifi zur Unzeit, gerade als er einen Formanstieg verbuchen konnte: "Ehrlich gesagt, wäre es schön, wenn wir jetzt einfach direkt weitermachen könnten. Ich fühle, dass ich ein positives Momentum aufgebaut habe."
"Auf der anderen Seite ist es eine gute Möglichkeit, zu analysieren, was über die Saison passiert ist und warum es plötzlich diese Verbesserungen gab. Für das Team ist es auch eine lange Saison und jeder braucht mal eine Pause, deswegen freue ich mich auch darauf."
Warum sich Williams mit der Entscheidung noch Zeit lassen sollte
Wenn man Latifis Aussagen Glauben schenken mag, was die Daten tatsächlich auch belegen, so könnte Williams mit der Bekanntgabe des zweiten Fahrers gut beraten sein, noch etwas zu warten und Latifis Performance in den nächsten Rennen nach der Sommerpause zu evaluieren.
Die Optionen sind reichlich, sodass man nicht auf eine überhastete Entscheidung angewiesen ist. Klar ist aber auch, dass Latifis Status als Paydriver an Attraktivität verloren hat, da Williams mit dem Private-Equity-Investor Dorilton Capital besser aufgestellt ist, als in der Vergangenheit.
Zudem wären die finanziellen Einbußen mit einem Abgang von Latifi unter Budget-Cap-Bedingungen leichter zu ertragen, da man nicht mehr auf Biegen und Brechen versuchen muss, ansatzweise auf das Budget der Top-Teams zu kommen, da im kommenden Jahr mit 24 Rennen maximal 137,4 Millionen Dollar ausgegeben werden dürfen plus einen möglichen Inflationszuschlag.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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