Mike Krack: So hat Vettels neuer Chef seinen Job bekommen
Von der Quarantäne zum Teamchef in der Formel 1: Wie Mike Krack neuer Boss bei Aston Martin wurde und wie er das Team zum Erfolg führen möchte
Als Aston Martin am 14. Januar Mike Krack als neuen Formel-1-Teamchef vorstellte, kam dieser Name ein bisschen aus dem Nichts. Zwar besitzt Krack bei BMW-Sauber Vorerfahrung in der Königsklasse, doch mit dieser hatte der frühere BMW-Motorsportchef seit mehr als 13 Jahren nichts mehr zu tun.
Doch wie kommt Aston Martin dann ausgerechnet auf Krack als Nachfolger des zu Alpine abgewanderten Otmar Szafnauer? "Das ist ganz einfach", erzählt der Luxemburger in einer Online-Presserunde an seinem ersten Arbeitstag. "Ich war beim Petit Le Mans und habe mir dort vermutlich COVID eingefangen. Also saß ich nach einem positiven Test zwei Wochen in meinem Home Office."
Dort bekam er dann einen Anruf einer Headhunter-Firma. "Es ging eher um generelle Dinge über die Formel 1, von Aston Martin oder welcher Rolle war erst einmal keine Rede", sagt er. Als Krack Interesse zeigte, gingen die Gespräche weiter und wurden immer konkreter - bis klar wurde, dass es sich um die Stelle als Teamchef bei Aston Martin drehte.
"Um ehrlich zu sein, war ich etwas geflasht, dass mir die Möglichkeit angeboten wurde", sagt Krack, der daraufhin auch Gespräche mit Teameigner Lawrence Stroll und Martin Whitmarsh, CEO für Aston Martin Performance Technologies, führte, "bis es zum Handschlag kam und wir gesagt haben, dass wir es machen werden".
Als Sebastian Vettel hörte, dass Mike Krack sein neuer Chef werden würde, war er erst einmal beruhigt, wie der Deutsche zuletzt gesagt hatte. Denn Vettel und Krack kennen sich noch von früher: Als er damals bei BMW-Sauber seine ersten Formel-1-Sporen verdiente, war Krack sein Renningenieur und damit seine rechte Hand.
Der Formel 1 kehrte der damalige Chefingenieur aber 2008 den Rücken, als BMW-Sauber sich lieber auf das neue Formel-1-Reglement 2009 konzentrieren wollte, als den Titelangriff mit Robert Kubica zu wagen - beides misslang am Ende.
Erfahrung aus diversen Serien ein Vorteil
Nach der Formel 1 hatte Krack mit vielen Motorsportserien zu tun: Formel 3, DTM, Langstrecken-WM, Formel E, IMSA und diverse GT-Serien, was er als Stärke von sich sieht: "Es gibt dir einen sehr guten Überblick über die Leistungsindikatoren, die für die verschiedenen Serien gebraucht werden", sagt er.
"Ich denke, es ist wichtig, diese Indikatoren zu verstehen, wenn man in einer technischen Management-Rolle ist, und was wichtig ist, um auch technischer Ebene erfolgreich zu sein", sagt er. "Denn die Formel 1 ist sehr technisch und in Sachen Entwicklung ziemlich weit fortgeschritten."
Krack bringt Erfahrung aus vielen Motorsportbereichen mit
Foto: BMW
Engineering sieht Krack aber nicht als eine seiner Hauptstärken an. "Ich kann eher Leute zusammenbringen und ihnen Vertrauen geben", meint er. "Ich kann Teams formen, die gut zusammenarbeiten."
Und das sei für ihn in der Formel 1 ziemlich wichtig. Denn man könne zahlreiche gute Leute einstellen, die am Ende aber kein Team bilden. Ein gutes Teamwork steht bei den großen Mitarbeiterzahlen eines Formel-1-Teams für ihn über den Fähigkeiten des Einzelnen.
"Wir müssen alle an einem Strang ziehen und mit allen Leuten auf das gleiche Ziel hinarbeiten, nicht nur mit dem Rennteam, sondern mit allen, die daran beteiligt sind, mit der gesamten Belegschaft in der Fabrik und so weiter", betont er. "Es geht darum, sie zusammenzubringen, den richtigen Geist und die richtige Einstellung zu haben."
Warum er erst am 1. März beginnen konnte
Mit dieser Aufgabe sollte sich Krack auskennen, denn in den vergangenen Jahren war er Motorsportchef bei BMW, wo er nach seinem Abgang von Andreas Roos ersetzt wird. Dass Krack erst am Donnerstag bei Aston Martin beginnen konnte, hat dabei einen einfachen Grund: Kündigungsfristen.
Krack konnte nicht so einfach von einem Tag auf den anderen kündigen und sofort bei Aston Martin anfangen. Auch sein Nachfolger Andreas Roos konnte erst am 1. Februar mit seiner Arbeit bei BMW beginnen.
"Und die einzige Möglichkeit, das Team früher zu verlassen als das ursprüngliche Datum, bestand darin, eine Übergabephase mit meinem Nachfolger zu vereinbaren, und diese Frist war auf mindestens vier Wochen festgelegt", erklärt der neue Aston-Martin-Teamchef, der somit erst am 1. März loslegen konnte.
Nicht alles auf den Kopf stellen
Doch was er bislang bei Aston Martin gesehen hat, war "überwältigend", wie er sagt - auch weil der Rennstall derzeit eine Menge in eine neue Infrastruktur investiert, um mit den Topteams mithalten zu können. Man müsse daher mit Demut an die neue Aufgabe herangehen und erst einmal verstehen, wie das Team arbeitet, betont Krack.
Er weiß, dass das Team aus Silverstone in den vergangenen Jahren dafür bekannt war, häufig über Gewicht zu boxen. Vor allem als Force India machte der Rennstall häufig mehr aus seinen Möglichkeiten, als eigentlich drin war.
"Und es ist wichtig, herauszufinden, wo die Stärken des Teams liegen und wo wir es stärken können oder wo wir einige seiner Schwächen verbessern können", sagt er. "Im Moment führe ich viele Gespräche mit einzelnen Personen, mit Teamleitern und Abteilungsleitern, um zu verstehen, wie das Team geführt wird und wie das System funktioniert."
"Und ich denke, es wäre töricht, am ersten Tag hierher zu kommen und zu versuchen, jeden Stein umzudrehen und neu zu ordnen", so Krack. "Das Team hat eine gute Bilanz, es braucht aber noch ein paar Dinge, um die nächsten Schritte zu machen. Aber wir werden das nicht schaffen, indem wir alles auf den Kopf stellen."
Was für Krack 2022 ein Erfolg wäre
"Ich verfolge einen konservativen Ansatz und versuche, so viel wie möglich zu lernen, meine Philosophie einzubringen, meine Denkweise einzubringen, und das ist immer positive Teamarbeit, denn die Motivation kommt von selbst", so Krack. "Obwohl die Leute hier extrem motiviert sind, das können Sie mir glauben."
In zwei Wochen beginnt in Bahrain Kracks erste Saison als Formel-1-Teamchef. Zwar fanden alle Grundlagenarbeiten noch unter dem alten Management statt, dennoch liegt es nun an ihm, die richtigen Hebel für den Erfolg in Bewegung zu setzen.
Um das Jahr 2022 letzten Endes als Erfolg zu werten, brauche Aston Martin ein "sehr, sehr konkurrenzfähiges Auto", wie der Luxemburger betont. Man werde sich darauf konzentrieren, das Auto so schnell wie möglich zu machen und die Entwicklung auf höchster Stufe zu fahren.
"Wenn uns das gelingt, dann werden wir am Ende des Jahres in einer sehr guten Position sein", sagt er. "Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir sehr starke Gegner haben und auch ihre Arbeit respektieren müssen. Wir aber müssen versuchen, in all diesen Bereichen besser zu sein. Und wenn uns das gelingt, dann werde ich in Abu Dhabi ein sehr glücklicher Mann sein."
Mit Bildmaterial von Aston Martin.
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