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"Müssen aufwachen": Mercedes-Teamchef kündigt Konsequenzen an

Toto Wolff verwendet in seiner Analyse der Situation eine heftige Wortwahl: "Scheiß Resultat" - Analyse: Die Gründe für die Mercedes-"Krise"

Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1, mit Toto Wolff, Mercedes-Motorsportchef

Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1, mit Toto Wolff, Mercedes-Motorsportchef

Steve Etherington / Motorsport Images

Nach sieben von 21 Rennen liegt das Mercedes-Team in der Konstrukteurs-WM zwar immer noch in Führung, mit 206:189 Punkten vor Ferrari. Doch in der Fahrer-WM hat Lewis Hamilton die Spitze ausgerechnet auf einer seiner Lieblingsstrecke in Montreal an Sebastian Vettel verloren (120:121). Grund genug, dass bei den Silberpfeil-Verantwortlichen die Alarmglocken schrillen.

Platz drei und fünf in Monte Carlo konnte man sich bei Mercedes noch erklären. Der enge Stadtkurs, das war schon vorher klar, würde dem F1 W09 EQ Power+ mit dem langen Radstand nicht liegen, ebenso wenig wie die Hypersoft-Reifen. Doch in Montreal hatte Hamilton die letzten drei Rennen gewonnen, und auch 2014 verlor Mercedes nur gegen Daniel Ricciardo, weil die MGU-K nicht richtig funktioniert hat.

Da dann Zweiter und vor allem mit Hamilton nur Fünfter zu werden, "ist echt ein scheiß Resultat für uns", sagt Teamchef Toto Wolff in einer ehrlich-emotionalen ersten Reaktion im 'ORF'. "Montreal ist eine ganz starke Strecke von uns, aber wir haben das ganze Wochenende überall kleine Fehler reingehauen. Von Anfang an."

Das begann schon vor dem Wochenende, als das geplante Motoren-Update von Montreal auf Le Castellet verschoben wurde. Beim Zusammenbau des Kurbelgehäuses am Dienstag, so berichtet 'auto motor und sport', stellten die Ingenieure eine Abweichung einer Komponente um 0,02 Millimeter fest. Genug, um auf Nummer sicher zu gehen und auf das Update zu verzichten.

Auch ohne Update lief es am Freitag erstaunlich gut. Zwar fuhr Max Verstappen zweimal Bestzeit, doch die stärksten Longruns gingen auf das Mercedes-Konto. Und das, obwohl das Motoren-Update angeblich 0,15 Sekunden extra pro Runde gebracht hätte. Nur die Auswahl von zu wenig Hypersoft-Reifensätzen (nur fünf statt bei allen anderen mindestens sieben) wirkte sich aus.

Bevor Hamilton/Bottas im Qualifying auf Zeitenjagd geschickt wurden, konnten sie nur eine einzige Qualifying-Simulation üben. "Zumindest einen Satz mehr zu haben", gilt Wolff zu, "damit sich die Fahrer vor dem Qualifying besser akklimatisieren können, hätte uns vielleicht die Pole-Position gebracht. Ich sage vielleicht, weil ich es nicht sicher weiß."

Auffällig: Hamilton fehlten wahrscheinlich auch zweieinhalb Zehntelsekunden auf die Pole, weil er sich in seinen entscheidenden Runden zweimal in der Haarnadel verbremste. Vielleicht wäre ihm das nicht passiert, wenn er mehr Hypersoft-Erfahrung gehabt hätte. Darüber kann im Nachhinein nur spekuliert werden.

Aber Bottas, der 0,093 Sekunden hinter Vettel Zweiter wurde, ist überzeugt: "Ich glaube ehrlich gesagt, dass wir im Qualifying ein kleines bisschen mehr rausgeholt hätten, wenn wir ein, zwei Sätze mehr gehabt hätten. Unser Training war doch ziemlich eingeschränkt. Wir mussten extrem schnell lernen, was mit diesem Reifen geht. Und am Ende fehlten nur 0,09 Sekunden."

Immerhin scheint Mercedes eine Sorge los zu sein: Der Hypersoft ist kein grundsätzlicher Mercedes-Killer mehr. "Ich glaube zwar nicht", erklärt Bottas, "dass wir das schon hundertprozentig im Griff haben. Aber wir sind nicht mehr weit weg. Unser Tempo war dieses Wochenende mit Hyper und Ultra ganz ähnlich. Ich denke, da haben wir Fortschritte gemacht."

Sebastian Vettel, Ferrari SF71H leads Valtteri Bottas, Mercedes-AMG F1 W09

Sebastian Vettel, Ferrari SF71H leads Valtteri Bottas, Mercedes-AMG F1 W09

Foto: Simon Galloway / Sutton Images

Im Rennen holte Bottas dann als Zweiter das Maximum heraus. Gegen Sieger Vettel machte er keinen Stich. Hamilton verlor beim Boxenstopp eine Position gegen Ricciardo. Er wirkte so lustlos, dass sein ehemaliger Teamkollege Nico Rosberg von einem "Off-Weekend" sprach. Insgesamt erschien das Team nach dem Rennen ratlos.

"Das einzige Gefühl, das ich habe, ist, dass wir jetzt aufwachen müssen", findet Wolff eindringliche Worte. "Wir fallen einfach überall zurück. Montreal ist eine Strecke, auf der hätten wir Punkte maximieren müssen und nicht Schadensbegrenzung betreiben." Jetzt sei es "notwendig", Konsequenzen zu ziehen: "Das schauen wir intern."

Was er damit konkret meint, lässt Wolff offen. Aber auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Teams, Niki Lauda, erkennt im 'ORF'-Interview die Realitäten: "Normalerweise ist Montreal ein Kurs, der unserem Auto und unserem Motor entgegenkommt. Aber wir haben erkennen müssen, dass die Ferraris einen wesentlich besseren Job gemacht haben, mit Auto und mit Motor."

"Unser neuer Motor ist hier nicht gekommen, weil wir auf Standfestigkeit achten müssen. Der hätte uns was gebracht. Aber das Gesamtbild ist so, dass uns Ferrari einfach überholt hat", sagt Lauda und antwortet auf die Frage, ob Mercedes in einer Krise stecke: "Der Motor wird sicher helfen, überhaupt keine Frage. Aber wir müssen auch relativ schnell unser Auto auf Vordermann bringen. Das dauert länger."

Man muss die Panik ein wenig relativieren. Bottas fehlte weniger als eine Zehntelsekunde auf die Pole. Ein Hamilton in Normalform schafft das wahrscheinlich. Und das Motoren-Update hätte hochgerechnet auf die Renndistanz gut zehn Sekunden gebracht. Am Ende fehlten sieben auf den Sieg. Auch wenn man festhalten muss, dass keiner das Gefühl hatte, Vettel sei am Limit gewesen.

"Es steckt schon Potenzial in diesem Auto", glaubt Hamilton. "Im Vorjahr hieß es immer, dass Mercedes das beste Auto habe, aber in Wahrheit haben wir insgesamt den besten Job gemacht. Das sollte man jetzt vielleicht eher nicht schreiben, denn wir sind nicht immer besser als die anderen. Es ist eng. Die Red Bulls mischen immer wieder mal mit, die Ferraris waren bisher am konstantesten."

"Aber es sind noch viele Rennen zu fahren. Diese Motoren müssen noch lange halten. Insofern bin ich sogar dankbar für dieses Wochenende, denn es war zwar keine großartige Leistung, und wir hätten uns natürlich mehr Punkte gewünscht. Aber in zehn Rennen werden wir vielleicht zurückschauen und sagen: Gut, dass es P5 war und nicht P8 oder ein Ausfall."

Hamiltons Logik: Dadurch, dass der erste Motor der Saison länger als geplant im Einsatz war, befindet sich Mercedes in Sachen Motorenmanagement im Vorteil. Wenn in den letzten Rennen die ersten Grid-Strafen ausgeteilt werden, ist es wichtig, keine "Streichresultate" zu haben. Das könnte 2018 WM-entscheidend sein, und in Sachen Zuverlässigkeit befindet sich Mercedes auf dem besten Weg.

Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W09, leads Daniel Ricciardo, Red Bull Racing RB14

Lewis Hamilton, Mercedes AMG F1 W09, leads Daniel Ricciardo, Red Bull Racing RB14

Foto: Steve Etherington / LAT Images

"Man muss die richtige Balance finden zwischen aggressiver Weiterentwicklung und Zuverlässigkeit", erläutert Wolff. "Darin war dieses Team in der Vergangenheit sehr gut. Das ist kein Bereich, der mir Kopfzerbrechen bereitet. Mich stört mehr, dass der Ferrari in Kanada einfach das stärkere Auto war - stärker im Qualifying, stärker im Rennen. Und wir hatten nie eine echte Chance auf den Sieg."

Bottas stimmt zu: "Ferrari war einfach besser. Red Bull war auch nahe dran. Für uns war nicht mehr drin. Dafür ist unser Auto nicht schnell genug." Der Finne verkürzte seinen Rückstand auf Vettel zwar jeweils zur Mitte seiner Stints. Aber als der Abstand zu gering wurde, konnte Vettel jederzeit reagieren und das Tempo anziehen.

Was für Mercedes irritierend ist: Die Muster aus vergangenen Jahren scheinen nicht mehr zu gelten. Plötzlich ist der Silberpfeil auf einer Highspeed-Strecke wie Montreal nicht mehr überlegen, und gleichzeitig trumpft Red Bull da plötzlich auf. Am konstantesten scheint noch Ferrari zu sein.

"Ich kann kein Muster erkennen", sagt Wolff. "Auf einigen Strecken sind wir dominant, auf anderen haben wir echte Probleme. Die Abstände sind einfach so eng geworden - fünf Autos innerhalb einer Zehntelsekunde! Darum wird derjenige diese WM gewinnen, der die wenigsten Fehler macht und am besten weiterentwickelt. Das ist die neue Realität."

"Nichts ist mehr gesichert. Du kannst nicht mehr nach Montreal kommen und einen Spaziergang erwarten, sondern du bekommst stattdessen einen Weckruf. Wir hatten damit gerechnet, dass unser Auto in Montreal wirklich stark sein würde. Aber wir waren nicht da, wo wir uns eigentlich erwartet hatten."

"Das bringt mich zu dem Schluss, dass die alten Muster, welches Auto auf welcher Strecke besonders stark ist, nicht mehr gelten", sagt Wolff. "Ich glaube immer noch, dass wir in Monaco und Singapur nicht besonders stark sind. Das sind vielleicht die Ausreißer von dieser neuen Regel. Aber wir müssen grundsätzlich damit rechnen, dass unsere Gegner überall stark sind."

Wer das Mercedes-Team kennt, kann jedoch erahnen, dass in Brackley und Brixworth gerade auf Hochtouren gearbeitet wird, um schon ab Le Castellet wieder zurückzuschlagen. Angesichts des Motoren-Updates wäre ein Silberpfeil-Sieg in Frankreich keine Überraschung. Aber die Tage der Dominanz, die sind tatsächlich vorbei ...

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