NASCAR-Legende Jeff Gordon: Angebote von zwei Formel-1-Teams abgelehnt
Der viermalige NASCAR-Meister Jeff Gordon spricht über seinen Formel-1-Test vor 18 Jahren und warum er zwei Angebote aus der Königsklasse abgelehnt hat
Mit vier NASCAR-Titeln gehört Jeff Gordon zu den absoluten Legenden des amerikanischen Rennsports. Der heute 49-Jährige war einer der Wunschkandidaten, die der frühere Formel-1-Boss Bernie Ecclestone auch gerne in der Königsklasse gesehen hätte. Tatsächlich führte Gordon sogar mehrere Gespräche mit potenziellen Teams, entschied sich aber letzten Endes für seine Heimat.
"Wenn ich die Möglichkeit in einem richtigen Auto bekommen hätte, wäre es schwierig gewesen, nein zu sagen. Mein Background war aber nicht der eines Formel-1-Fahrers", erzählt er im Podcast 'Beyond the Grid'. Gordon wuchs im Motorsport mit Oval- und Dirtrennen auf. Rundstreckenrennen waren für ihn ein unbeschriebenes Blatt.
Nach einem Test 2003 in Juan Pablo Montoyas Williams FW24 gab es sogar Gespräche mit Teamchef Frank Williams über ein mögliches Renncockpit für die Saison 2004, die laut Gordon sogar ernster waren, als er erwartet hatte. "Ich war aber der Meinung, dass der Berg für mich zu hoch sei", ließ er Vernunft walten.
Denn bei dem Test in Indianapolis hatte er schon einen Eindruck bekommen, wie es ist, einen Formel-1-Boliden zu fahren. Im direkten Vergleich tauschte er sein Dienstgefährt mit Montoya und konnte so direkt erleben, wie sich beide Autos voneinander unterscheiden.
Bremsen: Keine Chance für den Hals
Und wie die meisten anderen Umsteiger war auch Gordon damals vor allem von den Bremskräften beeindruckt: "Vor Kurve 1 sind glaube ich sechs Markierungen, und im Stockcar bin ich nicht einmal bis zur sechsten Markierung gekommen. Im Formel-1-Auto bin ich bis zur ersten gekommen, vielleicht sogar darüber hinaus. Die Bremskraft war unglaublich", erzählt er.
2003 durfte Gordon sein Cockpit mit Juan Pablo Montoya tauschen
Foto: Motorsport Images
Der Amerikaner war sehr dankbar für das damals recht neue HANS-System, das ihm als Unterstützung für seinen Hals dienen sollte: "Ich brauchte es fürs Bremsen. Mein Hals konnte es nicht halten. Ich wollte spät bremsen, aber mein Kopf ist einfach in Richtung Lenkrad gegangen", erinnert er sich. Daher konnte er auch nicht die maximale Bremskraft aufbringen. "Das hat mein Hals nicht mitgemacht."
Ganz ans Limit gehen konnte der NASCAR-Pilot daher nicht, auch wenn er betont, dass er zeitentechnisch recht nah am damaligen Williams-Stammpiloten Montoya war. "Ich bin mir aber sicher, dass er nicht gepusht hat und das Auto auch nicht auf voller Leistungsstufe war. Es war schließlich kein Wettbewerb", sagt er.
Formel-1-Bolide einfacher zu fahren als Stockcar
Eines konnte er aber sagen: Das Auto ließ sich deutlich einfacher fahren als ein NASCAR-Bolide. "Das Formel-1-Auto macht alles, was man sich von einem Auto wünschen würde. Und vielleicht noch etwas mehr", so seine Erklärung.
"Ich weiß nicht, was nötig gewesen wäre, das Auto ans Limit zu bringen, aber einfach das Fahren war viel einfacher als im NASCAR-Auto. Abgesehen von meinem Hals, der nicht mitgespielt hat, hat das Auto alles für dich gemacht. Du trittst auf die Bremse, nichts blockiert. Du trittst aufs Gas, Traktionskontrolle. Alles hat Grip", so Gordon.
Vor allem die Bremsen machten dem Amerikaner damals zu schaffen
Foto: Motorsport Images
Etwas Blut hatte er damals schon geleckt und hätte sich gerne an der Formel 1 versucht. Allerdings wusste er auch um die negativen Seiten des Sportes. "Die Business-Seite nimmt etwas den Spaß. Und wenn man kein konkurrenzfähiges Auto hat, hat man keine Chance. Das sind die Nachteile", sagt er.
"Der Vorteil: Du bist ein Formel-1-Fahrer. Wer würde das nicht sein wollen? Ich hätte das natürlich gerne gemacht, wenn es die richtige Möglichkeit dazu gegeben hätte."
Villeneuve wollte Gordon für BAR
Das Gespräch mit Williams war im Übrigen nicht das erste Angebot aus der Formel 1. Bereits einige Jahre zuvor stand er mit dem neugegründeten BAR-Team von Jacques Villeneuve in Kontakt. Der Kanadier, der durch den Indy-500-Sieg und den IndyCar-Titel 1995 auch hohes Ansehen im US-Motorsport genoss, war damals Teil der Gespräche.
"Als das Team geformt wurde, wollten sie einen amerikanischen Fahrer. Ich bin irgendwie auf der Liste gelandet", sagt Gordon, der damals gerade seinen dritten Titel in der NASCAR-Serie gewonnen hatte.
Er hörte sich das Angebot an, lehnte aber ab. "Ich habe gesagt: 'Ich bin beim besten Team und gewinne Rennen und Meisterschaften. Und ich soll das alles hinter mir lassen und meine Karriere im Grunde von Neuem beginnen?'"
"Es hat Spaß gemacht, darüber zu sprechen, aber es war nicht realistisch", sagt er heute. "Beide Möglichkeiten kamen, aber es ist nichts daraus geworden, weil ich die NASCAR mag. Ich konnte mir einen Neuanfang nicht vorstellen."
Mit Bildmaterial von LAT.
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