"Nicht mein bestes Pflaster": Wieso Nico Hülkenberg hinter Oli Bearman startet
Nico Hülkenberg lässt sich im Baku-Qualifying von seinem neuen Teamkollegen und Magnussen-Ersatz Oliver Bearmann schlagen - Wie sich der Haas-Pilot dazu erklärt
Fehlendes Vertrauen: Nico Hülkenberg kämpft mit der Hinterachse
Foto: LAT Images
Huch! Nico Hülkenberg lässt sich im kuriosen Baku-Qualifying (kompletter Sessionbericht) von seinen neuen Teamkollegen Oliver Bearman schlagen. Während der Magnussen-Ersatz vom elften Position in das Rennen geht, kam der Deutsche nicht über den 14. Startplatz hinaus. Wie erklärt sich der erfahrene Haas-Pilot?
"Baku ist nicht mein bestes Pflaster, nicht meine Lieblingsstrecke. Es war immer schwierig für mich", spielt Hülkenberg darauf an, dass er "statistisch gesehen und in all den Jahren, in denen er hierhergekommen ist" nie so richtig mit dem Baku City Circuit zurechtkam. "Es ist die übliche Herausforderung. Ich denke, es passt nicht zu meinem natürlichen Fahrstil."
"[Das ist] natürlich nicht super, mit Platz 14 kann ich nicht zufrieden sein", ist Hülkenberg gegenüber ServusTV ehrlich. "Es war nicht, dass irgendetwas passiert ist oder es irgendwelche Umstände gab, die es verhindert haben."
Hülkenberg sucht nach Vertrauen
Stattdessen konnte sich der 37-Jährige in seinen Versuchen einfach nicht stark genug verbessern, um den dritten Teil der Qualifikation zu erreichen. "Sektor 1 und Sektor 3 waren gefühlt in Ordnung, aber im zweiten Sektor habe ich die Rundenzeit nicht gefunden und ein bisschen mit der Hinterachse gekämpft."
"Ich fühle mich das ganze Wochenende nicht ganz wohl mit dem Auto und der Strecke, es fehlt ein bisschen an Vertrauen und dann wird es auf einer Strecke wie hier schwierig", weiß der Haas-Pilot, der über die genauen Gründe, warum er das notwendige Vertrauen nicht findet, nur rätseln kann.
"Das kann ich nicht sagen, wir haben viel gemacht und probiert", verrät Hülkenberg. "Man braucht hier einfach eine geschmeidige Runde mit einem guten Fluss." Die Runde des Haas-Piloten war hingegen "ein Auf und Ab", sodass es schlussendlich nicht für den Einzug in Q3 und nur den 14. Platz gereicht hat.
Bearman-Leistung "nicht überbewerten"
Und: Hülkenberg ließ sich sogar von seinem neuen Teamkollegen Bearman bügeln! "Man will immer schneller sein als der Teamkollege", ärgert sich der über 200-fache GP-Starter bei Sky. "Ich würde das aber jetzt nicht überbewerten. Ich glaube, Ollie ist Straßenkursspezialist und das hat er mehrmals unter Beweis gestellt."
Der Magnussen-Ersatz sei bereits am Freitag direkt bei der Musik gewesen, so Hülkenberg. "Er fühlt sich wohl hier, hat ein gutes Vertrauen", lobt der Haas-Pilot über seinen kurzzeitigen Teamkollegen, der "einen super Job" macht. Dennoch sei das Quali-Ergebnis "nur eine Momentaufnahme".
"Ollie hat eine lange Zukunft vor sich, der steht am Anfang seiner Karriere", erklärt der Deutsche. "Er kommt in die Formel 1 und wird eine lange Karriere vor sich haben, da braucht man nicht zweifeln, ob er den Speed hat oder nicht."
Bearman: Kostet FP3-Unfall den Q3-Einzug?
Über den Unfall, den Bearman im dritten Training hatte, könne man hinwegsehen. "Ich weiß natürlich, wie sich das anfühlt. Ich habe schon viele Fehler dieser Art gemacht", erinnert der Deutsche an ähnliche Fehler in seiner Karriere. "Es fühlt sich schlecht an, und es ist scheiße. Aber er hat sich den Mund abgewischt und weitergemacht. Und er hat da weitergemacht, wo er gestern aufgehört hat."
"Das hat mir das Leben nicht leicht gemacht, das ist sicher", gibt Bearman selbst zu. "Es hat mich definitiv zurückgeworfen. Nicht in Bezug auf das Selbstvertrauen, aber ich bin mir sicher, dass ich den Fehler, den ich [im Qualifying] gemacht habe, bereits im dritten Training gemacht hätte und herausgefunden hätte, wie ich ihn hätte vermeiden können."
Oliver Bearman ärgert sich über den verpassten Q3-Einzug
Foto: Motorsport Images
Denn: Bearman erlaubte sich im zweiten Teil der Qualifikation offenbar einen Fehler, der sogar eine bessere Startposition kostete! "In Kurve 11 [die Rechtskurve nach der engen Durchfahrt in die Altstadt] bin ich etwas zu weit gefahren, in Kurve 12 hatte ich einen Rutscher und habe so viel Zeit verloren, dass ich nicht in den letzten Teil des Qualifyings gekommen bin."
"Ich bin ein bisschen enttäuscht, weil ich das Gefühl habe, dass ich in Q3 hätte sein können, wenn ich im dritten Training die beiden zusätzlichen Versuche auf weichen Reifen gehabt hätte", schimpft der Brite über seine eigene Performance in der Qualifikation.
"Ich bin hart zu mir selbst, weil ich weiß, dass das Auto mehr hätte leisten können", gibt Bearman zu, der auch bei seinem Formel-1-Debüt in Dschidda von der elften Position in das Rennen ging. "Wenn ich das Gefühl hätte, dass das Auto schnell genug für den elften Platz war, dann wäre ich jetzt wirklich glücklich. Aber das Auto war definitiv schnell genug, um in Q3 zu sein. Deshalb bin ich enttäuscht."
Bearman optimistisch: "Gehe auf Punktejagd!"
Nichtsdestotrotz hat Bearman seine nächsten WM-Punkte im Blick, denn sein Unfall im dritten Training beeinträchtigte lediglich die Quali-Performance, nicht jedoch die Longruns, die bereits am Freitag trainiert wurden. "Die Runs mit hohem Benzinverbrauch liefen gestern sehr gut", freut sich Bearman. "Ich hatte großes Vertrauen in das Auto und auch einen guten Rhythmus. Also werde ich morgen auf Punktejagd gehen."
Eine Ankündigung, die auch bei der Konkurrenz nicht übermütig erscheint. "Bei Bearman haben wir schon bei seinem Ferrari-Einsatz gesehen, dass er es kann", lobt Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko, der nicht unerwähnt lässt, dass Bearman in der Formel-2-Meisterschaft nur auf dem 15. Gesamtrang liegt.
"Es zeigt aber auch, wie unterschiedlich dort die Teams und auch, würde ich sagen, teilweise die Motoren - da wird jetzt der Bruno Michel [CEO der Formel 2 und Formel 3] wieder über mich herfallen - aber, das ist so", vermutet Marko bei Sky. "Diese jungen Leute, in der Formel 1 ist es ganz anders, man muss ihnen die Chance geben."
Hülkenberg hofft auf Chaos im Rennen
Und Teamkollege Hülkenberg? Auch der Deutsche glaubt am Sonntag an Punkte, muss dafür allerdings auf Chaos hoffen. "Wir müssen uns aus allem heraushalten und dann sehen, was wir erreichen können. Ich vermute, dass alle wieder sehr nah beieinander liegen werden, was die Pace angeht."
"Ich denke, die Reifen und das Graining könnten morgen noch ein großes Thema werden", grübelt Hülkenberg, der nicht einschätzen kann, ob er auch ohne fehlendes Vertrauen in seinen Haas um die Punkte mitmischen kann. "Da muss man auf der richtigen Seite sein, und dann kann man vielleicht etwas erreichen."
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