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Schumachers Benetton-Deal 1991: Als die Formel 1 zum Haifischbecken wurde

Die Hintergründe von Michael Schumachers Formel-1-Debüt: Wie eine Torwart-Legende Flavio Briatore hellhörig machte und sein Vorgänger ausgebootet wurde

Michael Schumacher, Benetton

Michael Schumacher, Benetton

LAT Images

 Michael Schumachers Ankunft in der Formel 1 erschütterte die Königsklasse des Motorsports in ihren Grundfesten. Doch nicht nur aus sportlicher Sicht setzte der Senkrechtstarter mit seinem Debüt in Spa 1991 neue Maßstäbe. Viele sahen in der Art und Weise, wie Schumacher damals nach nur einem Rennen von Jordan zu Benetton wechselte, auch den Moment, ab dem Handschlagqualität in der Formel 1 nichts mehr zählte und der Sport endgültig zum Haifischbecken wurde.

Doch wie kam es überhaupt zum Formel-1-Einstieg des späteren Rekordweltmeisters? Eddie Jordans neuer Rennstall hatte schon nach einer halben Saison arge Geldprobleme, und da Stammpilot Bertrand Gachot im Knast steckte, versuchte der Ire, über den Sauber-Sportwagenpiloten Michael Schumacher, von dem er nicht besonders viel hielt, an Mercedes-Gelder heranzukommen. Das gelang: Mercedes zahlte 150.000 Pfund für ein Rennen.

Doch Jordan war offenbar nicht der einzige, der Schumacher auf dem Zettel hatte. Auch Benetton-Teamchef Flavio Briatore war der Name schon damals ein Begriff. "Schumacher war einer der drei oder vier Fahrer auf meiner Liste - neben Karl Wendlinger und Heinz-Harald Frentzen", verweist er bei Nico Rosbergs Podcast "Beyond Victory" auf die damaligen Sauber-Mercedes-Sportwagenpiloten.

Briatore dachte sofort an Toni Schumacher

"Schumacher hat mich wegen seines Namens fasziniert, denn es gab ja diesen Tormann der deutschen Nationalmannschaft", spielt Briatore auf Torwartlegende Toni Schumacher an. "Der Name war einfach berühmt, aber ich hatte keine Ahnung." Aber als Schumacher von Jordan als Ersatzmann für Gachot präsentiert wurde, meldete auch Briatore Interesse an.

Gut möglich, dass dafür auch ein Gespräch mit Tom Walkinshaw sorgte, der als Jaguar-Teamchef Schumachers Potenzial von den Sportwagen kannte und gemeinsam mit dem Quereinsteiger Briatore Benetton führte. "Ich habe gesagt, dass ich diesen Fahrer gerne hätte, aber dann hieß es, er sei zu jung und die Gruppe-C-Boliden seien andere Autos. Er wäre nicht gut genug für die Formel 1. Niemand war damals von Michael überzeugt. Aber ich war so entschlossen, und alle haben gesagt: 'Dann nimm ihn halt unter Vertrag!'"

Und dann kam Spa-Francorchamps: Nachdem die Jordan-Trucks nach der Ankunft wegen der Geldprobleme beschlagnahmt wurden, brillierte Schumacher im Qualifying mit Startplatz sieben und überzeugte so rund 15.000 deutsche Zuschauer, am Sonntag spontan zum Rennen zu kommen. Schumacher kam wegen einer defekten Kupplung nach einem tollen Start nur wenige Meter weit, aber die Formel 1 hatte genug gesehen.

Eddie Jordans großer Fehler

Und Briatore war sich sicher, dass er diesen Mann braucht, der bei der Premiere im Jordan mit Ford-Kundenmotoren seine Werksboliden im Griff hatte. "Ich habe sofort Willi Weber angerufen", erzählt Briatore, dass er sofort mit Schumachers Manager Kontakt aufnahm. "Er sollte mich noch am nächsten Tag in London treffen."

Tatsächlich kam es einige Tage nach Spa in Briatores Haus in London zu einem Treffen mit Schumacher. Der Italiener sprach dabei sofort die vertragliche Situation mit Jordan an und erfuhr, dass das irische Team nicht einmal einen gültigen Vertrag für die kommenden Rennen mit dem Supertalent hatte, sondern ausschließlich eine Absichtserklärung.

"Eddie Jordan war damals ein ziemlicher Geizkragen", kann sich Briatore einen Seitenhieb auf den Teamchef nicht verkneifen, der alle Hände voll zu tun hatte, sein Team zu retten. "'Schumi' kam mit einem Sponsor zu Jordan. Es handelte sich dabei mit Tic-Tac um eine Firma, die Süßigkeiten herstellt. Eddie hatte nur eine Absichtserklärung mit Willi und Michael unterschrieben - mit der Bedingung, dass Michael noch Geld bringt von dieser Firma. Wenn also Michael bis Mittwoch Mitternacht das Geld bringt, dann hat er ein Cockpit, wenn nicht, dann hat er keines. Ich habe gesagt: Vergiss den Sponsor, du fährst für uns."

Briatores Problem: Drei Verträge, zwei Cockpits

Schumacher und Briatore waren sich einig und der Benetton-Teamchef sah eine große Zukunft auf seinen Rennstall zukommen. Doch es gab noch ein kleines Problem: Irgendwie musste er Stammpilot Roberto Moreno, dem er schon vor zwei Wochen mitgeteilt hatte, dass er beim Team keine Zukunft habe, dazu bringen, seinen Vertrag für die verbleibenden Saisonrennen nicht wahrzunehmen.

Und so kam es, wie es kommen musste: Moreno, der in Großbritannien durch seine Nachwuchsjahre bestens vernetzt war, und Teamchef Jordan machten gemeinsame Sache, und versuchten, vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Benetton durchzubringen. Jordan scheiterte in London, war aber im Namen Morenos bei einem italienischen Gericht in Monza Erfolg.

Jordan und Moreno erwirkten einstweilige Verfügung

"Als wir in Monza ankamen, gab es das nächste Drama", erinnert sich Briatore. "Die Box war durch das Gericht versiegelt - wegen Eddie. Ich wollte damals Michael in Morenos Cockpit setzen. Ich habe ihm gesagt: 'Du bist nächstes Jahr sowieso weg. Ich bezahle dich für das restliche Jahr und du bekommst einen saftigen Bonus.' Moreno meinte, er sei sich nicht sicher."

Der Brasilianer konnte sich währenddessen der Loyalität seiner Landsleute sicher sein. Dazu kam, dass Moreno Unterstützung von seinen brasilianischen Landsleuten Ayrton Senna und Nelson Piquet erhielt. "Es war ein ziemliches Durcheinander", erzählt Briatore, der am Donnerstag nicht in die Box kam. "Ich musste mit Piquet kämpfen. Er hat Moreno unterstützt, weil ich ihn gefeuert hatte. Und auch Senna war damals gegen 'Schumi', weil Moreno Brasilianer war. Es gab eine große Feindschaft zwischen Ayrton und Nelson, aber da waren sie sich plötzlich einig."

Warum Ecclestone für Schumacher kämpfte

Und auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone schaltete sich plötzlich in die Angelegenheit ein: Der Brite fürchtete, dass der Benetton-Deal mit Schumacher doch noch platzen würde, wodurch er seinen Plan, den deutschen Markt mit der Formel 1 zu erobern, in Gefahr sah. Angeblich gab es damals sogar einen TV-Vertrag mit "RTL", der besagte, dass die Lizenzgebühr mit einem deutschen Piloten am Start im ersten Jahr verdoppelt werden würde und auch im zweiten Jahr eine Erhöhung stattfinde.

Und so setzte sich Ecclestone in Szene und lud die Protagonisten am Donnerstagabend vor dem Trainingsauftakt in Monza in das Luxushotel Villa d'Este am Comer See, wo viele Rennfahrer, darunter auch Schumacher, nächtigten. "In jener Nacht in Monza waren wir um 9:30 in der Villa d'Este, Bernie und Eddie waren auch da", erinnert sich Briatore, dem Ecclestone versicherte, Schumacher werde am Freitag im Benetton sitzen.

Harte Bandagen in der Villa d'Este: Wann gibt Moreno auf?

"Es war das erste Mal, dass ich Bernie betrunken sah", offenbart der Italiener. "Er sprang von meiner Couch zur Couch von Eddie Jordan. Es gab Rotwein, und irgendwann kamen wir mit den Gläsern durcheinander. Das war damals eine andere Formel 1." Doch die Vorboten der Neuzeit waren an jenem 5. September 1991 bereits zugegen: Beobachter schilderten, dass sie noch nie in ihrem Leben so viele Anwälte ein- und ausgehen sahen.

Während Jordan Moreno anwies, keinesfalls auf ein finanzielles Angebot einzusteigen, warf Ecclestone dem Iren vor, mit dem Feuer zu spielen: Wenn bis zum Qualifying keine Einigung erzielt werde, dann würde man Benetton aus der Weltmeisterschaft ausschließen, wodurch auch Moreno sein Ziel nicht erreichen würde.

Eine halbe Million US-Dollar ließ Moreno einknicken

Ecclestone versuchte, die Sache mit Geld zu lösen: Zuerst bot er Jordan eine halbe Million US-Dollar, um aufzugeben, dann machte er Moreno das selbe Angebot. Der knickte um 2:30 ein. Briatore bestätigt, dass damit Schumachers Benetton-Premiere nichts mehr im Wege stand: "Moreno wollte nicht aufgeben, aber wir haben uns am Ende geeinigt. Wir hatten um 3 Uhr nach Mitternacht den Deal. Alle waren glücklich."

Aber auch Teamchef Jordan musste nun handeln: Der Teamchef, der mit Andrea de Cesaris nur noch einen Fahrer hatte, einigte sich noch in der Villa d'Este mit Moreno und bot ihm 125.000 US-Dollar für einen Vertrag. Noch am nächsten Morgen wurde ein Sitz angepasst. Jordan, der kaum geschlafen hatte, lief wenig später McLaren-Teamchef Ron Dennis über den Weg. "'Willkommen im Piranha-Club', hat er zu mir gesagt", offenbart Jordan im Buch "The Piranha Club". "Ich erinnere mich noch genau an den Moment."

Doch Briatore und Ecclestone, die später Freunde wurden, hatten ihr Ziel erreicht. Noch heute ist der Ex-Teamchef überzeugt, dass alles mit rechten Dingen zuging: "Wenn Eddie den Vertrag gehabt hätte, wäre das anders gelaufen." Aber vor allem Moreno, der in der Nacht vor seinem Jordan-Debüt nur zwei Stunden schlafen konnte, war nach den Ereignissen am Comer See völlig gebrochen.

Briatore wusste: Nun ist der WM-Titel möglich

"Ich habe damals nicht einmal meiner Frau gesagt, was passiert ist, weil ich davon überzeugt war, dass es sie zu sehr trifft", schildert der Brasilianer im Buch "The Piranha Club" seine damalige Situation. "Wenn man alleine ist, dann ist es sehr schwierig, so etwas durchzustehen. Zum Glück bin ich ein religiöser Mensch und glaube an Gott. Ich habe danach die Bibel geöffnet und Gott gebeten, mir den Weg zu weisen, und ich habe eine gute Seite erwischt. Das hat mir nach all dem Stress etwas Selbstvertrauen gegeben."

Bei Benetton herrschte währenddessen Euphorie über den Fahrerwechsel. "Michael war sofort unglaublich schnell", blickt Briatore zurück. "Meine Ingenieure sind zu mir ins Motorhome gekommen und haben gesagt: 'Boss, du hattest recht, dieser Junge ist fantastisch!' Und ich war frisch in der Formel 1, und diese Leute machen das seit 20 Jahren! Ich habe das nicht gerafft. Ich habe zu Luciano Benetton gesagt, dass Michael der einzige Weg ist, um Weltmeister zu werden - mit jemanden, der talentiert ist und mit uns wächst." Briatore sollte Recht behalten: In Monza holte Schumacher als Fünfter seine ersten WM-Punkte, drei Jahre später war er Weltmeister.

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