"Stachel sitzt tief": Wie Horner Wolff als Kontrollfreak diskreditiert
Die Rivalität geht weiter: Christian Horner erklärt in einem Interview, warum sich Toto Wolff seiner Meinung nach so von Red Bull ärgern lässt
Wer die vierte Staffel von "Drive To Survive" schon gesehen hat, der weiß, dass die Rivalität zwischen Christian Horner und Toto Wolff, den Teamchefs von Red Bull beziehungsweise Mercedes, für viele Fans ein prägendes Element der modernen Formel 1 geworden ist. Und die beiden Protagonisten tragen das Ihre dazu bei, dass das nach der spannungsgeladenen Saison 2021 auch 2022 so bleibt.
Horner hat der 'Daily Mail' gerade ein Interview gegeben, und natürlich nutzt er die Gelegenheit, mehr oder weniger subtil weiteres Öl ins lodernde Feuer zu gießen. Immer ganz nonchalant, als würde er eigentlich drüberstehen - aber doch so, dass kaum eine Chance ausgelassen wird, sich selbst besser darzustellen als den Erzfeind im gegnerischen Lager.
"Wir sind total unterschiedlich", sagt Horner und nennt ein Beispiel: "Wenn ich nicht an der Rennstrecke bin, bin ich in der Fabrik. Ich lebe nicht als Steuerflüchtling in Monaco und leite mein Team aus der Ferne. Ich packe selbst an." Sein Kalender sei voll, damit er die Sorgen und Anliegen im Team ordentlich managen kann, unterstreicht er. "Und meine Tür steht immer offen."
Horner spielt damit auf einige Szenen in der vierten Staffel der Netflix-Formel-1-Dokuserie an, die Wolff in seinem schicken Appartement in Monaco zeigen, mit einem atemberaubenden Blick aufs Mittelmeer. Dort hält der Österreicher zumindest manchmal seine virtuellen Meetings ab.
Ist Horner wirklich so viel bodenständiger als Wolff?
Horner vermittelt den Eindruck, Wolff sei seltener als er bei den Mitarbeitern des Teams in der Fabrik, verheimlicht dabei aber, dass Netflix auch ihn selbst oftmals am prachtvollen Landsitz in England zeigt, den er gemeinsam mit Ehefrau Geri, einem weltberühmten Popstar, bewohnt.
"Ich bin im Sport aufgewachsen. Ich war selbst Rennfahrer und habe dann mein eigenes Team gegründet. Ich bin ein Racer im Herzen", sagt Horner. "Toto hat einen ganz anderen Hintergrund. Er kommt aus dem Finanzwesen und ist sehr getrieben davon, was in der Bilanz steht."
"Teilt er die gleiche Leidenschaft als Racer wie ich? Keine Ahnung. Ist er in zehn Jahren auch noch da, oder hat er dann schon Kasse gemacht und genießt sein Leben auf seiner neuen Superjacht? Ich weiß es nicht", stichelt Horner.
Was Horner nicht sagt: Auch Wolff ist seine ersten Schritte im Motorsport als Rennfahrer gegangen, hat aber irgendwann eingesehen, dass das Talent nicht ausreicht, um es in die Formel 1 zu schaffen. Später verfolgte er eine Karriere als Finanzinvestor, die ihn aber als Shareholder bei HWA-Mercedes, Williams und zuletzt eben Mercedes in der Formel 1 zurück in den Motorsport geführt hat.
Horner: Macht Spaß, Toto zu ärgern!
Seine Beziehung zu Wolff bezeichnet Horner als "professionell". Er habe nicht vor, "mit ihm Abendessen zu gehen oder Freizeit zu verbringen, aber ich habe Respekt für das, was er erreicht hat. Ob ich ihn mag? Ich habe kein Problem mit Toto. Aber er ist leicht bissig. Es macht Spaß, ihn manchmal ein bisschen zu ärgern."
Über den Ursprung der Rivalität zwischen Red Bull und Wolff kursieren in der Formel 1 verschiedene Mythen. Einer besagt, dass Dietrich Mateschitz ziemlich sauer gewesen sein soll, weil Wolff das Red-Bull-Projekt in der Königsklasse einmal in einem Interview despektierlich als "Brausehersteller" abgekanzelt haben soll.
Tatsächlich steckt wohl mehr dahinter. Horner verbreitet in der 'Daily Mail' seine ganz eigene Theorie: "Mercedes kann uns nicht kontrollieren. Entweder durch Lieferung von Motoren oder Fahrern hatten sie in den vergangenen Jahren auf fast alle Teams Einfluss. Diesen Einfluss haben sie bei Red Bull nicht, und das macht uns zu einem gefährlichen Gegner."
Das sei die Wurzel "der Spannungen zwischen uns. Sie sind eine Gruppe, die gern alles kontrolliert. Das ist Totos Mantra. Und jetzt spielen wir mit unserem eigenen Motor auch noch in ihrem Hinterhof. Wie kann ein Brausehersteller ein Chassis bauen, das Mercedes, Ferrari, Renault und McLaren herausfordert und besiegt? Der Stachel sitzt tief."
Horner glaubt, dass die Spannungen seitens Mercedes "noch schlimmer" geworden sind, seit Red Bull Powertrains Personal von Mercedes abgeworben hat: "Wie kann es sein, dass jemand wie Red Bull einen konkurrenzfähigen Motor baut? Aber genau das ist unser Ziel", erklärt der 48-Jährige.
Mit Bildmaterial von Motorsport Images.
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